Die Smaragreihe 02 - Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
überlegen, was wir gegen Urfin unternehmen können."
„Kaggi-Karr, erzähl uns bitte, wie du mich nur gefunden hast", bat Elli.
„Ich kann euch sagen, das war keine leichte Sache", erwiderte die Krähe stolz. „Ich bin bei gutem Wind über die Wüste geflogen, und dann begannen die großen Schwierigkeiten. Ihr werdet wohl verstehen, daß ich nicht den Erstbesten fragen konnte, wo Kansas liegt. Ich maßte mich an die Leute heranschleichen und aus ihren Gesprächen erlauschen, wo ich bin . . . Mehrere Wochen irrte ich umher. Wie ich mich freute, als ich endlich das Wort ,Kansas' hörte' Dann kam ich mit jedem Tag meinem Ziel näher. Schließlich erblickte ich dich, Elli, von weitem und erkannte dich sofort, obwohl ich dich nur ein einziges Mal gesehen hatte, als du den Scheuch vom Pfahl nahmst. Ich freute mich so sehr, daß ich jede Vorsicht vergaß und den bösen Buben mit den Steinen an mich herankommen ließ . . ." „Kaggi-Karr, du hast eine außergewöhnliche Großtat voll-bracht'." rief Elli begeistert. „Nicht umsonst haben der Scheuch und der Holzfäller gerade dich nach Kansas geschickt." „Mag sein", erwiderte die Krähe mit gespielter Gleichmut und fügte hinzu: „Und jetzt ruht euch ein wenig aus, ich will derweilen den Weg über die Berge auskundschaften."
Kaggi-Karr lüftete die Flügel und flog davon.
Charlie Black hieß Elli schlafen gehen, um Kräfte zu sammeln, und begann mit den Vorbereitungen zu dem schweren Marsch über die Berge.
Er fing etwa zwei Dutzend Kroxe, die er ausnahm und zum Trocknen in der Sonne aufhängte. An eine andere Schnur hängte er saftige Weintrauben, damit sie an der Sonne zu Rosinen werden.
Dann begann Charlie an den Schuhen zu werken. Seinen Stiefel und Ellis Schuhe beschlug er mit Nägeln, damit sie auf den Felsen und dem Eis nicht rutschten, und in sein Holzbein trieb er einen dicken Nagel mit der Spitze nach unten. Für Totoschka fertigte der Seemann ein Paar kleine Schuhe aus weicher Baumrinde, die die Pfoten des Hündchens gegen Kälte schützen sollten, wenn es über die Gletscher gehen würde.
Das alles nahm einen vollen Tag in Anspruch. Spätabends kehrte Kaggi-Karr völlig erschöpft zurück.
„Das sind aber Berge!" stieß die Krähe heiser hervor. „Nicht umsonst sagen die Leute, daß noch niemand über sie gekommen ist. Aber ich laß mit mir nicht spaßen. Heute bin ich von unserem Lager nach Westen geflogen, morgen geht's nach Osten."
Die Wanderer schliefen unter dem Rauschen eines Wasserfalls ein.
Die ganze Nacht träumte Elli von Urfins Soldaten, die auf dem Gelben Backsteinweg stapften.
Am nächsten Tag zog die Krähe wieder in die Berge.
Auf einer Wanderung durch das Tal entdeckte Charlie wildwachsende Kürbisse, die wie riesige Birnen aussahen. Der Seemann freute sich gewaltig über diesen Fund. Er schnitt mehrere Früchte an, kratzte das Fleisch und die Kerne heraus und legte die leeren Kürbisse zum Trocknen an die Sonne. So erhielt er gute, leichte Trinkwasserbehälter. Dann fertigte Charlie aus Korkbaumrinde Pfropfen für die Behälter, die man jetzt mit Wasser füllen und in die Rucksäcke legen konnte.
Die Sonne stand noch hoch am Himmel, als Kaggi-Karr zurückkehrte. Mit triumphierender Stimme schrie sie von weitem:
„Ich hab den Weg gefunden! Die Berge wollten mich zum Narren halten, aber ich habe sie überlistet!"
Während sie erzählte, verschlang sie gierig große Stücke von den Kroxen, die der Seemann gefangen hatte.
„Es ist natürlich kein bequemer Weg, nur ein Pfad, aber man kommt schon durch, wenn man sich ein bißchen anstrengt. Außerdem führt er über einen Paß, der weit unter dem Kamm verläuft. Ich will mich nicht loben, Onkel Charlie, wenn ich sage, daß nicht jeder Vogel in dem Gewirr von Gipfeln und Kämmen den Paß gefunden hätte."
„Bei allen Krähen der Welt, Kaggi-Karr, schon als ich dich zum erstenmal sah, war mir klar, daß du ein außergewöhnlicher Vogel bist", sagte der Seemann.
Und Elli fügte hinzu:
„Es war ja auch kein Zufall, daß gerade du den Scheuch auf den Gedanken gebracht hast, sich nach einem Gehirn umzusehen!"
Kaggi-Karr fühlte sich geschmeichelt.
„Morgen müssen wir früh aufbrechen", sagte sie, „denn der Weg ist weit und mühsam."
Charlie besaß keine Bergsteigerausrüstung - weder Keile noch Haken, die man in den Felsen schlägt, noch Strickleitern und was sonst noch dazu gehört. Aber die Wanderer kamen auch ohne diese Dinge aus. Von der Krähe geführt, umgingen
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