Die Smaragreihe 02 - Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
Fenster führt."
„Das wäre ja großartig!" rief Charlie erfreut, hielt sich aber sogleich erschrocken den Mund zu. „Ich habe etwas, womit sich die beiden befreien könnten. Es fragt sich nur, wie das Ding zu ihnen kommt..."
Er kramte in seinem Rucksack und holte eine kleine Stahlsäge hervor.
„Damit kann man jedes Gitter durchsägen."
„Ja, aber wie schaffen wir sie hin?" flüsterte der Scheuch. „Ach, wein mein Gehirn doch nur wieder in Ordnung wäre . . . Mir kommt aber nichts in den Kopf, das ärgert mich zu Tode, es ist schrecklich . . ."
Elli umarmte den Strohmann und streichelte ihm über das verwaschene Gesicht.
„Mein Lieber, sei nicht traurig, ich werde für dich denken!"
Qualvolles Schweigen trat ein. Um in das Schloß zu kommen und die Häftlinge wenigstens durch das vergitterte Fenster zu sehen, mußte man den Turm verlassen. Vor der Tür standen aber Holzköpfe Wache, und der zweite Ausgang mündete in der unterirdischen Höhle, in der der Sechsfüßer hauste.
Wer würde es wagen, allein hinzugehen?
Die Lage schien ausweglos. Aber durften sie den braven Faramant und Din Gior ihrem Schicksal überlassen?
„Ich will den beiden die Säge bringen", rief Kaggi-Karr, „mich können weder Wände noch Gitter aufhalten!"
Das war ein kluger Vorschlag. Kaggi-Karr konnte aber die Säge nicht im Schnabel halten, weil sie zu schwer war. Sie versuchte es mehrmals, ließ sie aber immer wieder fallen. Erneut begannen alle eifrig nachzudenken.
Plötzlich hob Elli den Zeigefinger und sagte:
„Ich hab's!", worauf alle freudig aufblickten. „Onkel Charlie, du brauchst mich nur an einem Seil hinabzulassen."
„Du bist wohl nicht bei Sinnen, Mädel?" brummte der Seemann. „Oder willst du, daß dich die Wache schnappt?"
„Aber nein, Onkel", entgegnete Elli. „Die Holzköpfe bewachen nur die Seite, wo die Tür ist, um die andere kümmern sie sich nicht. Überzeuge dich doch selbst!"
„Aber warum mußt ausgerechnet du es wagen?" fragte er. „Kann es denn kein anderer von uns tun?"
„Wer denn? Du vielleicht, oder der Scheuch, oder der Eiserne Holzfäller? Ihr kommt ja nicht durch das Gitter!"
In Ellis Rucksack lag ein Kleid, das die gute Frau des Prem Kokus ihr geschenkt hatte und das ihr wie angegossen paßte, denn sie war ja genau so groß wie die erwachsenen Frauen im Wunderland. Außerdem war es nicht blau, sondern grün, denn Prem Kokus' Frau stammte aus dem Smaragdenland und hatte sich ihre Liebe zu allem Grünen bewahrt. Elli zog sich um, und Charlie entnahm seinem Universalrucksack Pinsel und Tusche und malte ihr ein paar Runzeln auf Stirn, Wangen und Kinn. Jetzt sah sie wie eine waschechte Farmersfrau aus dem Smaragdenland aus.
„Bei den Palmen von Kuru-Kusu!" rief Charlie. „Dich wird kein Spion der Welt erkennen. Aber warte mal, du brauchst ja einen Vorwand, um in die Stadt zu gehen."
„Keine Sorge, ich hab mir schon einen ausgedacht."
Der Seemann schnallte Elli einen breiten Gurt um den Leib und knüpfte ein starkes Seil daran. Dann nahm das Mädchen ein Körbchen in die Hand und schob sich zwischen den Gitterstäben, die das Dach stützten, hinaus.
Die Holzköpfe bewachten nur die Tür, und keiner kümmerte sich um die andere Seite des Turmes.
Langsam ließ Charlie seine Nichte an der Mauer hinunter.
Unten angekommen, löste Elli den Gurt, den der Seemann sofort wieder hochzog, schickte dem Onkel noch einen Luftkuß und schritt langsam auf die Straße zu.
Charlie, der sie pochenden Herzens beobachtete, beruhigte sich erst, als sie auf dem Gelben Backsteinweg war und ihm zum Abschied mit der Hand winkte.
Das Mädchen ging aber nicht geradewegs in die Stadt. Auf einer Wiese füllte sie ihren Korb mit schönen großen Beeren, unter denen sie die Säge verbarg. Dann ging sie weiter, erreichte schließlich das Stadttor und begann daran zu klopfen. Der Wache sagte sie, der Korb voller Beeren sei ein Geschenk für Urfin, und man ließ sie ungehindert hinein. Elli ging durch die Straßen, die einst von Smaragden glänzten und in denen immer viele schön gekleidete Menschen zu sehen waren. Jetzt lagen die Straßen wie ausgestorben da. Im Schloß zeigte man ihr den Weg zur Küche. Der feiste Baluol erkannte Elli zuerst nicht, doch dann freute er sich unsäglich.
Das Mädchen blieb in seinem Zimmer, bis die Nacht hereinbrach. Dann geleitete sie der Koch zum Fenster des Gelasses, in dem Din Gior und Faramant eingesperrt waren. Das Fenster war zum Glück nicht verglast, es war
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