Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
erschrocken zusammen. »Hast du denn überhaupt kein Herz im Leib, Saber? Sie hat Angst, siehst du das nicht? Todesangst, weil sie sich mutterseelenallein in einer ihr völlig fremden Umgebung wiedergefunden hat, nicht imstande ist, sich verständlich zu machen und keine Ahnung hat, wie sie vor einem grausamen
Tod in den Flammen bewahrt worden ist, und du willst sie an einem Stuhl festketten? Du bist wirklich ein Gemütsmensch, Bruder!«
»Warum nimmst du nicht einfach dein Schwert und stößt es ihr zwischen die Rippen, wenn du schon einmal dabei bist?«, fuhr Morganen mit zornbebender Stimme fort. »Dann verhinderst du wenigstens, dass ihr Herz vor Angst aussetzt oder sie den Verstand verliert.« Normalerweise war der Magier, so der Spitzname des jüngsten der acht Söhne, eine sanftmütige Seele, aber wenn ihn irgendetwas aufbrachte, konnte sein Zunge verletzender werden als das schärfste Schwert seines Bruders. Morganen funkelte seinen Bruder erbost an. »Sie ist eine Frau, allein in einer Burg mit acht Männern, sie kann sich nicht erklären, wie sie – verletzt, zerschlagen und mehr als dürftig bekleidet – hierher gelangt ist, und vor allem ahnt sie nicht, was wir mit ihr vorhaben! Wenn sich unsere anderen Brüder nicht feige aus dem Staub gemacht hätten, hätte ich einen von ihnen beauftragt, sich um die Frau zu kümmern. Jeder andere würde mehr Mitgefühl für sie aufbringen als du!«
Sabers Brauen zogen sich finster zusammen. »Ich bin der Älteste der acht Söhne! Du wirst nicht länger in diesem respektlosen Ton mit mir sprechen!«
»Dann beruhige und tröste sie, statt sie immer mehr einzuschüchtern«, gab Morganen ungerührt zurück. »Du wirst nicht daran sterben, wenn du dich ein paar Minuten lang verständnisvoll und freundlich zeigst – und es wird dich auch nicht gleich dein verwünschtes Schicksal ereilen.« Er schlug das Buch wieder auf, kehrte Saber den Rücken zu und begann ein paar geheimnisvolle Worte vor sich hinzumurmeln.
Die Frau, die immer noch vor Furcht und Anstrengung nach Atem rang, biss erneut zu.
Fluchend zog Saber sie unsanft von seiner Schulter herunter. Um sie daran zu hindern, die Knie in seine Leistengegend
zu rammen, klemmte er ihre Beine in seiner Armbeuge ein, und damit sie ihn nicht mit den Fäusten traktieren konnte, presste er ihre Arme fest gegen ihre Rippen – ein Akt reinen Selbstschutzes, redete er sich ein, obwohl es ihm durchaus nicht unangenehm war, sie so an seine Brust zu drücken.
Da er ihr nicht die Knochen brechen wollte, durfte er sie nicht mit einem allzu eisernen Griff umklammern, er musste nur darauf achten, dass sie sich nicht losmachen konnte. Was sie auch prompt versuchte. Als er ihr Gesicht gegen seine Schulter presste, um sie daran zu hindern, sich aus seinem Griff zu winden, trug ihm dies eine neuerliche schmerzhafte Bisswunde ein. Mit einem bösen Knurren starrte Saber finster auf sie hinunter. Ihre großen aquamarinfarbenen Augen waren argwöhnisch auf seine gefletschten Zähne gerichtet, aber sie hatte das Kinn kampfeslustig vorgeschoben.
»Es klingt ja ungemein beruhigend, was du da von dir gibst«, versetzte sein Bruder, der die Nase noch immer in sein Buch steckte, sarkastisch. »Hör auf mit dem Geknurre!«
»Soll ich ihr vielleicht ein Schlaflied vorsingen? Ich könnte den Untergang Katans in den Händen halten, ist dir das eigentlich klar, Morg? Glaubst du, das stimmt mich sonderlich glücklich? Keine Frauen auf Nightfall «, betonte er nachdrücklich. »Sowie du mit deinem verdammten Zauber fertig bist, fängst du sofort an, nach irgendeinem Ort zu suchen, wo du sie hinschicken kannst. Hast du mich verstanden?«
»Du brüllst ja laut genug. Aber keine Angst, ich finde schon einen sicheren Platz für sie. Nachdem ich den richtigen Sprachzauber angewandt habe und sie sich ein bisschen ausgeruht hat.«
»Das kann sie dann im Verlies tun«, murrte Saber, als die Frau versuchte, ihm die Nägel in die Brust zu schlagen.
»Saber! Halt sie still«, befahl Morganen, dabei warf er seinem Bruder einen bösen Blick zu.
»Wenn sie nicht aufhört, mich zu beißen, lege ich sie in Ketten, werfe sie eigenhändig ins Meer und sehe zu, wie sie langsam untergeht«, knirschte Saber halblaut.
Morganen, der seinem Bruder den Rücken zukehrte, wusste genau, in welchem Buch er nachschlagen musste – nicht in dem, das er in den Händen hielt natürlich -, und unterdrückte ein Lächeln. Noch fünf Minuten, dann müssten die erhitzten
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