Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
begann er zu verstehen, was sie jenseits der Absicht, ihn zu verletzen, gemeint haben könnte. Wenn Faustulus dem König versprochen hatte, sie bei sich zu behalten, war er dann ihr Mann oder ihr Wärter gewesen? Unwillig schüttelte Romulus den Kopf. Jetzt war nicht die Zeit dazu, über dergleichen nachzugrübeln.
    »Vater«, begann er geduldig, »wenn der König dich hier gefunden hat, nach all den Jahren und obwohl Pompilius sagt, daß du überhaupt nicht aus diesem Dorf kommst, dann hat er dich wirklich gründlich suchen lassen, und jetzt, wo er weiß, wo du lebst, wird er dich im Auge behalten. Was ist, wenn er das nächste Mal Krieger schickt, und wir sind gerade zusammen? Wir müssen hier weg.«
    »Red keinen Unsinn«, knurrte Faustulus, aber es klang mehr, als wolle er sich selbst überzeugen. Er legte das Stück Käse, in das er gerade gebissen hatte, nieder und starrte auf seine Hände. Schließlich seufzte er und sagte: »Verdammte Tusci. Die brächten es fertig. Arnth ist ein zäher alter Fuchs. Aber wohin sollten wir schon gehen? Meine Leute sind alle fort oder tot. Und wenn wir das Grenzland hinter uns lassen, um weit von den Tusci wegzukommen, und flußaufwärts gehen, geraten wir ins Sumpfgebiet. Ich war da früher einmal, als ich noch nicht viel älter war als du, und glaub mir, das Land will niemand geschenkt haben.«
    Es war ein berauschendes Gefühl, festzustellen, daß Faustulus auf einmal mit ihm nicht mehr wie mit einem Kind sprach, daß Faustulus seine Meinung wissen wollte und ihn brauchte, doch irgendwie brachte es Romulus fertig, keinen Luftsprung zu machen. Er zögerte nur seine Antwort hinaus, um den Moment noch etwas länger zu genießen, dann platzte er heraus.
    »Wir gehen auch nicht flußaufwärts. Wir gehen nach Tarchna.«
    Die Furchen in dem Gesicht seines Vaters wurden noch tiefer. »Wir gehen nicht zu ihrem... zu Numitor!« stieß er hervor.
    »Nein«, sagte Romulus rasch beschwichtigend, »das meine ich auch nicht. Aber wenn der König dort Numitor aufgenommen hat, dann werden Krieger von Amulius in seiner Stadt doch nicht willkommen sein, oder? Zumindest werden sie in Tarchna nicht die Macht haben, einfach Leute abzuholen. Da werden wir sicher sein.«
    Bis ich ein Mann bin, fügte er stillschweigend hinzu. Dann werde ich mir meine eigene Sicherheit erschaffen, und die Tusci werden in Ehrfurcht versinken vor dem Sohn des Gottes Mars .

    Iolaos von Delphi an Ilian von Alba, Grüße. Mir ist zu Ohren gekommen, daß Dein Sohn mit den Söhnen des edlen Theophrastes erzogen wird, was mich freut; doch vergiß nicht, daß Ehrfurcht vor dem Gott das oberste Ziel seiner Erziehung sein sollte.
    Im übrigen betrübt es mich, zu hören, daß Du noch immer mit einer Frau von üblem Ruf verkehrst und sogar Novizen dazu erniedrigst, ihr Botschaften zu überbringen. Das ist ein Verhalten, welches sich für die Erwählte von Göttern nicht ziemt.
    Die Nachrichten aus Ägypten werden schlimmer. Nunmehr heißt es, Psammetichos sei am Leben und mit der assyrischen Armee im Rücken auf einem Feldzug, um seinen Vater zu rächen und die Nubier endgültig zu vertreiben. Verstehe mich nicht falsch, dies begrüße ich durchaus, zeigt sich Psammetichos doch geneigt, auch unseren Göttern sein Ohr zu schenken. Doch die Assyrer haben gedroht, als Strafe für diese erneute Rebellion Theben zu zerstören. Ich muß Dir nicht sagen, was das bedeuteten würde. Das Orakel ist Dir dankbar für das, was Du bisher übermittelt hast, doch rät es Dir, jetzt wieder nach Ägypten zurückzukehren und jenem König klarzumachen, daß er die Zerstörung von Theben auf alle Fälle verhindern muß. Erweist sich dies als unmöglich, so rette so viele von den in den Tempeln von Karnak bewahrten Dokumenten wie irgend möglich.
    Gesundheit und ein langes Leben. Iolaos.

    Ilian von Alba an Iolaos von Delphi, Grüße. Mein Sohn ehrt den Gott, wie alle Götter. Er wird ihn gewiß mehr als alle anderen ehren, wenn der Gott das Wunder bewirkt hat, ihm den Boden in seiner Heimat zu bereiten. Sei in diesem Zusammenhang bedankt für das Werk, welches die Diener des Gottes bereits verrichtet haben. Doch so wichtig die anderen Städte des Bundes sind, so kann ein König von Alba dennoch nicht gegen den Willen der Mehrheit seiner eigenen Stadt regieren, wie mein Vater hat feststellen müssen. Und die Bevölkerung von Alba zeigt sich noch mit Arnth zufrieden. Darf ich Dich in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, daß der Hauptteil

Weitere Kostenlose Bücher