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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wandte sie sich naserümpfend ab.
    Der Barde gab in dieser wie in anderen Schenken seine Lieder zum besten und redete mit den Leuten, die ihn dafür mit Essen und Getränken bedachten, aber er tat es gewöhnlich in einiger Entfernung von den Zwillingen, wie es verabredet worden war. Dennoch überraschte es Romulus nicht, als sich Ulsna schließlich zu ihm setzte.
    »Keine Sorge, Barde«, sagte Romulus spöttisch. »Niemand hier hat bisher von den ernsten Dingen des Lebens gesprochen... oder hat dergleichen vor.«
    »Nun, du machst auch nicht unbedingt den Eindruck, als ob du dich vergnügst«, erwiderte Ulsna ruhig, »im Gegensatz zu deinem Bruder.«
    Romulus beschloß, daß es an der Zeit war, dem Barden etwas für die Art, wie er bei der Demütigung von Faustulus geholfen hatte, heimzuzahlen. Außerdem würde es eine gute Übung darstellen. Ulsna mochte kein Krieger sein, doch wenn er all diese Jahre mit ihr überlebt hatte, war er ein ernstzunehmender Gegner. Es würde nicht leicht sein, in seinen Kopf zu gelangen. Außerdem mußte man damit rechnen, daß Remus zwischendurch lange genug von den Weibern abließ, die sich ihm an den Hals geworfen hatten, um dem Gespräch zuzuhören. Immerhin, gerade jetzt versicherte er der mit der heiseren Stimme lautstark, sie habe Augen wie eine ägyptische Katze, was auch immer das war, und Romulus riskierte eine scharfe Eröffnung, die Ulsna von Anfang an aus dem Gleichgewicht bringen sollte.
    »Im Gegensatz zu meinem Bruder sind mir Huren gleich«, gab er zurück und betrachtete das unauffällige Gesicht des Mannes, der Faustulus ein Messer an die Kehle gehalten hatte, mit einem kalten Lächeln. »Besonders Tusci-Huren. Bis auf eine, versteht sich.«
    Die grünen Augen des Barden verengten sich, doch ansonsten rührte er sich nicht. Er machte auch nicht den Fehler einer hitzigen Entgegnung, noch tat er so, als verstünde er die Anspielung nicht. Statt dessen starrte er Romulus nur an, was den Jungen verärgerte.
    »Unser Remus ist ein netter Kerl«, fuhr er fort, nippte an seinem Wein und spürte einige Traubenschalen zwischen den Zähnen. »Glaubt von allen nur das Beste. Aber du nicht, wie?«
    »Ich kann es mir nicht leisten«, antwortete der Barde ausdruckslos. »Es gibt zu viele Geschichten auf der Welt, zu viele Lieder über Kinder, die sich gegen ihre Eltern wenden. Sie enden alle schlecht. Es gibt keine größere Sünde wider die Götter, und meistens finden sich da auch ein paar Menschen, die solche Verbrecher bestrafen. Auf eine Weise, daß sie sich wünschen, nie geboren worden zu sein.«
    Es war eine durchaus eindrucksvolle Drohung, das mußte Romulus zugeben, und er machte auch nicht den Fehler, den Barden zu unterschätzen, wie er das als Kind getan hatte. Aber er konnte es nicht lassen; er mußte diesen ersten Waffengang weiterführen.
    »Schon möglich. Aber weißt du, was mich an solchen Geschichten immer am meisten stört? Die Rächer kommen stets zu spät. Sie können die eigentliche Tat nicht mehr aufhalten.«
    Zufrieden bemerkte er, wie sich die Fäuste des Barden ballten und der Rücken steif wurde.
    »Nimm beispielsweise eine Frau ohne ihre Söhne, ohne einen Freund. So hilflos, so unfähig, sich gegen Überfälle zu verteidigen.«
    Die Stimme des Barden blieb gesenkt, doch trotz des Geplappers und Gelächters von Remus und den Mädchen hatte Romulus keine Mühe, sie zu verstehen.
    »Sag mir, daß deine Freunde sie Arnth übergeben haben, und du verläßt Xaire nicht mehr lebend.«
    Romulus lachte. »Amulius? Und das ist alles, was dir einfällt?« gab er zurück, ebenfalls so leise, wie es in Anbetracht des Lärms um sie herum gerade noch anging. »Für einen Barden hast du nicht viel Vorstellungskraft, Ulsna. Wenn ich mir etwas ausmalen müßte... also, ich hätte Angst, so eine Frau ganz allein unter jungen Männern, die, wie mein Bruder uns gerade so schön zeigt, nach jeder Gelegenheit grabschen, würde etwas anderes verlieren als ihre Freiheit.«
    Offenbar war diese Möglichkeit Ulsna nicht in den Sinn gekommen. Er holte rasch Luft und machte Anstalten, als wolle er sich erheben, doch Romulus griff nach seinen Schultern und drückte ihn wieder auf die Bank zurück. Dabei lehnte er sich zu Ulsna vor und flüsterte ihm ins Ohr.
    »Natürlich weiß ich nicht, ob es wirklich ein Verlust wäre. Vielleicht wird es ihr ja auch gefallen . Kannst du das mit Sicherheit sagen, Ulsna? Remus ist so gutgläubig, er meint, du kannst es nicht, aber ich habe da

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