Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
zusammenzustellen, die unsere Leute in ihren stark befestigten Stellungen erfolgreich belagerte, bis die Allianz einen Moment später Verstärkung schickte. Er trat auf eine Wandermine, genau einen Tag vor seiner Ablösung. Dann steckte man ihn in die Akademie, weil er für den Felddienst untauglich geworden war.“
Wieder herrschte kurzes Schweigen in der Runde.
„So“, sagte deCastries in schleppendem, nachdenklichen Ton, während er sein halbvolles Weinglas auf dem Tischtuch vor sich zwischen den Fingern drehte, „mir scheint, der Gelehrte war ein Held, Oberst.“
„Gütiger Gott, nein“, sagte Cletus. „Der Leutnant war nur etwas vorschnell. Das ist alles. Wenn ich damals das gewußt hätte, was ich heute weiß, wäre ich niemals auf diese Mine getreten.“
„Aber Sie sind wieder da – genau an jener Stelle, wo die Kämpfe stattfinden!“ sagte Melissa.
„Das stimmt“, erwiderte Cletus, „aber wie ich schon sagte, bin ich heute um einiges klüger. Ich möchte keine weiteren Medaillen.“
„Was wollen Sie eigentlich, Cletus?“ fragte Mondar vom anderen Ende des Tisches. Der Fremde hatte Cletus schon seit einigen Minuten auf recht unexotische Weise fixiert.
„Er will sechzehn weitere Bände schreiben“, schnarrte Pater Ten.
„Im Prinzip hat Herr Ten recht“, sagte Cletus ruhig zu Mondar. „Was ich wirklich will ist, mein Werk über Taktik zu beenden. Nur bin ich dahintergekommen, daß ich zunächst die entsprechenden Bedingungen schaffen muß.“
„Beenden Sie den Krieg auf Neuland in sechzig Tagen“, warf Pater Ten ein, „wie ich schon sagte.“
„Soviel Zeit brauchen wir gar nicht, wie ich annehme“, versetzte Cletus, während ihm die plötzliche Veränderung in den Gesichtern seiner Tischgenossen nicht entging. Nur Mondar und Pater Ten verzogen keine Miene.
„Sie halten sich wohl für einen Militärexperten, Oberst“, sagte deCastries. Sein Blick, der auf Cletus ruhte, hatte wie Mondars Blick an Interesse gewonnen.
„Aber ich bin gar kein Experte“, erwiderte Cletus. „Ich bin ein Gelehrter. Darin liegt ein Unterschied. Ein Experte ist jemand, der eine Menge über ein Fach weiß, ein Gelehrter hingegen ein Mann, der alles kennt, was über das Thema verfügbar ist.“
„Trotzdem ist alles nichts weiter als Theorie“, meinte Melissa und schaute ihn verwirrt an.
„Jawohl“, sagte er zu ihr, „aber ein effektiver Theoretiker hat dem Praktiker einiges voraus.“
Sie schüttelte den Kopf, erwiderte aber nichts. Sie lehnte sich in die Polster ihres Sessels zurück und betrachtete ihn, die Unterlippe zwischen den Zähnen.
„Ich fürchte, daß ich Melissa auch diesmal zustimmen muß“, meinte deCastries. Für einen Augenblick hielt er den Blick gesenkt, als würde er in sich hineinschauen und seine Tischgenossen vergessen. „Ich habe schon so manchen Theoretiker scheitern sehen, wenn er sich ins Abenteuer der realen Welt stürzte.“
„Menschen sind real“, sagte Cletus. „Waffen ebenfalls … Aber Strategie? Politische Konsequenzen? Sie sind nicht realer als irgendwelche Theorien. Und ein ernsthafter Theoretiker, der den Umgang mit irrealen Dingen gewöhnt ist, kann besser mit ihnen umgehen als einer, der es stets nur mit der Realität zu tun hat, die schließlich nichts weiter ist als ein Endprodukt … Verstehen Sie etwas von der Fechtkunst?“
DeCastries schüttelte den Kopf.
„Ich schon“, sagte Eachan.
„Dann werden Sie auch jene Taktik kennen, die ich als Beispiel für ein Vorgehen anführe, das ich als Täuschungsmanöver bezeichne.“ Cletus wandte sich ihm zu. „Diese Taktik besteht darin, eine Reihe von Angriffen zu starten, die jeweils zur Parade herausfordern, so daß man mit dem
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