Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
möglich ist. Machen Sie es ihnen nicht allzu schwer, aber plündern Sie ihr Material. Je mehr aktive Soldaten sie haben, um so härter wird sie jeder Verlust an Lebensmitteln, Geräten oder sonstigem Nachschub treffen. Vernichten Sie alles, was Ihnen unter die Finger kommt, nehmen Sie jede sich bietende Gelegenheit wahr.“
„Verstanden“, sagte David. Dann ging er pfeifend aus dem Zimmer und begab sich in das nahe gelegene Fal Morgan, um seine Sachen zu packen. Wie alle Mitglieder seiner Familie besaß auch er eine angenehme Stimme und verstand es, sanft und fast künstlerisch zu pfeifen. Während er pfeifend durch die Eingangshalle ging und der Pfeifton immer schwächer wurde, bis er schließlich die Haustür des Grahame-Hauses hinter sich schloß, fiel Cletus plötzlich ein Lied ein, das ihm Melissa einst vorgespielt und vorgesungen hatte. Es war eine kleine, einfache, hübsche Melodie, die ein junges Mitglied der Familie Ap Morgan komponiert hatte, ein junger Mann, der in irgendeinem Feldzug gefallen war, als Melissa noch sehr jung war, lange bevor Cletus zu den Dorsai stieß.
Er konnte sich nicht mehr genau an den Text erinnern, aber es ging wohl um die Erinnerungen eines jungen Soldaten an das Haus, in dem er aufgewachsen war, während er auf einen Marschbefehl wartete, das ihn in andere Welten entführte.
… Fal Morgan, Fal Morgan, der Morgen graut, deine Mauern, dein Dach sind mir nah und vertraut …
Cletus schüttelte sich und streifte die sentimentale Stimmung ab, die ihn zu überkommen drohte. Dann machte er sich daran, die Leute auszusuchen, die er befördern und David mitgeben wollte.
Während der kommenden Wochen hielt die Nachfrage nach den Berufssoldaten der Dorsai weiter an. Überall, wo Cletus eine Auseinandersetzung gewonnen hatte, war die kombinierte Streitmacht der Allianz und der Koalition in Aktion und versuchte, die Lage zu ihren Gunsten zu verändern.
Die Bemühungen der irdischen Streitkräfte waren gewichtig und gaben zu mancher Besorgnis Anlaß. Die Allianz und die Koalition hatten über eine halbe Million Soldaten über die neuen Welten verteilt. Wären all diese Truppen bei all den kriegerischen Unternehmungen, die Dow deCastries plante, voll einsatzbereit gewesen, so hätten weder die Dorsai noch die angegriffenen Kolonien mehr als ein paar Tage Widerstand leisten können.
Was nun diese 500 000 Mann betraf, so war mindestens die Hälfte mit anderen Aufgaben als denen eines Kampfsoldaten oder Feldoffiziers betraut. Und von den etwa 250 000 Mann, die für den Einsatz im Feld übrigblieben, waren mehr als 150 000 stets durch verschiedene Umstände am Einsatz gehindert – sei es durch anderweitige Tätigkeit oder weil sie es einfach verstanden, sich durch irgendwelche Ausreden dem Einsatz im Feld zu entziehen.
Aber selbst unter diesen Leuten herrschte Mißtrauen und Rivalität, insbesondere unter den ehemaligen Offizieren der Allianz und ihren neuen Koalitionspartnern. Außerdem herrschten auch Unbekümmertheit und Mißgunst unter all den verschiedenen Rangstufen und verschiedenen politischen Ansichten, wie es in einer großen, schnell zusammengewürfelten Partnerschaft militärischer Einheiten in einem solchen Fall üblich ist.
Wenn man all dies berücksichtigte, blieben allerdings immer noch etwa 80 000 Mann übrig. Diesen gut ausgebildeten und vorzüglich ausgerüsteten Truppen von der Erde standen etwa 200 000 schier unbrauchbare und praktisch nicht ausgerüstete Kolonialsoldaten plus eine Handvoll Dorsai gegenüber. Cletus war kaum in der Lage, 20 000 Dorsai auf die Beine zu stellen, selbst wenn er alle männlichen Wesen dieser kleinen Welt einschließlich der Krüppel und Behinderten zwischen zwölf und achtzig zu seinen Fahnen gerufen hätte.
Die eine Lösung bestand darin, kleine Dorsai-Kontingente zu entsenden, um den Kolonialtruppen dort beizustehen, wo die Kolonialtruppen ein Minimum an Ausbildung und Schlagkraft aufzuweisen hatten. Wo dies nicht der Fall war – etwa auf Cassida – oder wo es einfach keine einheimischen Kolonialtruppen gab – wie auf St. Marie – wären echte Dorsai-Kontingente vonnöten gewesen.
„Warum können wir das nicht einfach lassen?“ wollte Melissa wissen, nachdem sie eine Nachbarsfamilie besucht hatte, die wieder einmal den Verlust eines männlichen Mitgliedes zu beklagen hatte. „Warum müssen wir unbedingt Leute hinausschicken?“
„Aus dem gleichen Grund, der die Allianz und die Koalition bewogen hat, sich
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