Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
„Was ist denn mit dem Fluß los? Wir mußten alle Zivilisten in die höchsten Gebäude pferchen.“
„Ich habe Wefer Linet und einige seiner Fahrzeuge flußabwärts eingesetzt, um den Wasserpegel anzuheben“, erwiderte Cletus. „Die Einzelheiten erzähle ich Ihnen später. Wie stehen die Aktien im Augenblick?“
„Nichts als ein paar Schüsse aus der Ferne von Seiten der Neuländer-Spähtrupps“, sagte Eachan kühl. „Die mit Sandsäcken befestigten Stellungen waren eine ausgezeichnete Idee. Die Leute können trocken und bequem in ihren Stellungen sitzen, während die Neuländer durch knöcheltiefes Wasser waten müssen, um sie zu erreichen.“
„Wir werden hinausgehen und selbst ein bißchen durchs Wasser waten müssen“, sagte Cletus. „Ich habe Ihnen zusätzlich etwa zweihundert Mann mitgebracht. Glauben Sie, daß Sie mit diesen Truppen und Ihren Leuten einen Angriff wagen können?“
Eachan ließ sich selten etwas anmerken, auch diesmal verzog er keine Miene. Doch der Blick, den er Cletus schenkte, verriet Cletus, daß er diesmal überrascht und gleichzeitig erregt war.
„Einen Angriff?“ echote er. „Zweieinhalb – höchstens drei Kompanien gegen sechs oder acht Bataillione?“
Cletus schüttelte den Kopf. „Ich meine, einen Angriff vortäuschen“, erwiderte er. „Ich möchte lediglich, daß diese beiden Neuländer-Fronten so weit aufgefächert werden, daß sie eine Pause einlegen, um noch mehr Leute einzuholen, bevor sie wieder gegen uns vorgehen. Glauben Sie, daß uns das gelingt?“
„Hmmm.“ Eachan zwirbelte seinen Schnurrbart. „So was wäre, glaube ich, durchaus möglich.“
„Gut“, sagte Cletus. „Können Sie mich akustisch, vorzugsweise auch optisch, mit Marc Dodds verbinden?“
„Wir haben eine direkte Verbindung“, erwiderte Eachan. Er durchquerte das Zimmer und kam mit einem Feldtelefon zurück.
„Hier Oberst Khan“, sagte er in den Apparat. „Oberst Grahame möchte Oberst Dodds sprechen.“
Er reichte Cletus den Hörer. Sobald Cletus’ Finger sich um den Hörer geschlossen hatten, leuchtete der kleine Bildschirm im Griff auf, und Marcs Gesicht erschien vor dem Hintergrund des Bildschirms im Flugzeug.
„Sir?“ Marc starrte auf Cletus. „Sie sind in Bakhalla?“
„Richtig“, erwiderte Cletus. „Und auch die Kompanie, die Sie mir geschickt haben, um an der Flußbiegung zu mir zu stoßen. Würden Sie bitte die Sicht auf den Bildschirm hinter Ihrem Rücken freigeben?“
Marc rückte zur Seite, und der Schirm hinter ihm schien sich auszubreiten und den ganzen Bildschirm des Telefons zu füllen. Einzelheiten waren natürlich nicht zu erkennen, dafür war das Bild immer noch zu klein, dennoch konnte Cletus erkennen, daß die beiden großen Truppenteile der Neuländer soeben im Begriff waren, sich auf der sandigen Ebene zusammenzuschließen, die an jener Stelle begann, wo sich die Steilufer am Zusammenfluß des Blauen und des Milchflusses vereinigten und in einer spitz zulaufenden Böschung oberhalb der Stadt endeten. Aus ihren befestigten Stellungen konnten die Dorsai jetzt schon den Feind auf große Entfernung beschießen.
„Ich habe entlang der Steilufer an beiden Flüssen über den Neuländern Truppen stationiert“, sagte Marcs Stimme, „ebenso mindestens zwei Kompanien mit Energiegewehren unten im Flachland am Fuße der Steilufer und damit im Rücken ihrer Nachhut, die sie pausenlos beschießen können.“
„Ziehen Sie diese Schützenkompanie zurück“, sagte Cletus. „Ich sehe nicht ein, daß wir auch nur einen Mann riskieren, wo es nicht unbedingt nötig ist. Ihre Leute auf den Steilufern sollen die Stellung halten, aber nur noch sporadisch feuern. Lassen Sie das Feuer allmählich einstellen, Schritt für Schritt, bis nur noch gelegentlich ein Schuß fällt, um die Neuländer daran zu erinnern, daß wir noch da sind.“
„Zurückziehen?“ wiederholte Marc. Sein Gesicht erschien wieder auf dem Bildschirm, und er runzelte die Stirn. „Und das Feuer allmählich einstellen? Aber was geschieht mit den anderen dort unten in der Stadt?“
„Wir gehen zum Angriff über“, sagte Cletus.
Mark starrte wortlos aus dem Bildschirm. Seine Gedanken waren so deutlich zu lesen, als wären sie vor ihm in der Luft ausgedruckt. Er mit gut dreitausend Mann war gehalten, sich aus dem Hinterland einer feindlichen Streitmacht von mehr als sechstausend Mann zurückzuziehen – nur, um irgendwelche Eventualitäten zu vermeiden –, während Cletus mit seinen
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