Die Soldaten
eigene Kompanie zu holen. Dazu ist er Hauptmann.«
»Wir päppeln sie auf, und der Hauptmann pflückt sich dann unsere erfolgversprechendsten Früchte …«
»So ist das, Leutnant Fenna. Genau, wie Ihr Euch unter den Männern, die Leutnant Hobock für Euch zusammengesucht hatte, die vierzehn Besten aussuchen durftet. Da ist nichts Ungerechtes dabei.«
»Den Leutnant ärgert«, versuchte Gyffs die Wogen zu glätten, »dass es natürlich ungeschickt ist, uns so kurz nach einer Beförderung gleich eines Korporals zu berauben. Das erschüttert das Vertrauen der Mannschaft in die Beständigkeit von Hierarchien.«
»Das verstehe ich durchaus, Leutnant Gyffs«, wandte sich der Oberst ihr zu, deutlich wohlgesonnener. »Ich verstehe auch, dass Ihr ungern den Fernwaffenzug noch weiter schrumpfen sehen möchtet. Ist nie angenehm, Leute zu verlieren. Fragt den Hauptmann. Fragt mich. Aber es ist nun einmal nicht zu umgehen. Die Erste Kompanie ist unsere Außeneinsatztruppe. Sie muss voll besetzt sein, die letzten Tage haben wohl bewiesen, wie gefährlich es dort draußen ist. Ausschließlich die Zweite Kompanie zu beleihen halte ich für … ungerecht. Und die Dritte ist natürlich ohnehin schon die kleinste, aber ich habe Euch beiden ja bereits eine Aufstockung in Aussicht gestellt. Mitte Blättermond möchte ich Leutnant Hobock zu einer weiteren Rekrutierungsmission ins Land schicken, um – sagen wir – zwanzig weitere Anwärter zu sammeln, aus denen Ihr Euch dann die vielversprechendsten siebzehn heraussuchen könnt. Klingt doch formidabel, nicht wahr? Ihr habt hinterher doppelt so viele Leute wie jetzt, und Frauen sind vielleicht diesmal auch dabei. Also weshalb die langen Gesichter?«
»Was machen wir mit unserem Fernwaffenzug?«, fragte Gyffs.
»Na, da wird sich doch noch ein weiterer Korporal finden lassen, oder etwa nicht?«
»Deleven«, seufzte Gyffs nach einem Seitenblick auf Fenna. »Also gut, die Götter scheinen es so zu wollen.«
»Sonst noch etwas, meine lieben Leutnants?«
»Nein, Herr Oberst, es ist alles im Lot«, sagte Gyffs, grüßte ordentlich, schnappte sich den immer noch schnaubend dastehenden Fenna und zog ihn einfach mit sich.
Während sie den Hof überquerten, sagte sie zu ihm: »Ich verstehe gar nicht, weshalb du dich so aufregst. Du konntest Resea doch ohnehin nicht ausstehen. Wenn jemand sauer sein müsste, dann ich.«
»Du verstehst tatsächlich nicht, Loa. Wir haben eben unseren ersten Mann verloren – und wir haben noch nicht einmal gekämpft.«
»Oh, ich finde, das war schon ein ganz hübsches Gemetzel gerade. Was will man machen? Das ist Bürokratie!«
»Scheiß auf die Bürokratie! Gollberg stellt sich dumm an, und wir müssen dafür bluten. Als Nächstes nimmt er uns Deleven, dann Garsid, und irgendwann stehen wir nur noch mit Behnk und Teppel da. Und mit denen sollen wir dann einen Krieg gewinnen!«
»Ich sehe keinen Krieg, Eremith. Ich sehe das Halten einer Stellung, die niemals angegriffen wird. Das werden wir schon hinbekommen.«
»Und dass er auch vor den Korporälen nicht zurückschreckt, ärgert mich am meisten! Dadurch untergräbt er unsere Entscheidungen!«
»Das sehe ich anders. Ich finde, er bestätigt unsere Entscheidungen. Wir haben Resea zum Korporal gemacht, weil zumindest ich von seinen Fähigkeiten begeistert war. Hauptmann Gollberg scheint diese Einschätzung zu teilen, sonst würde er Resea nicht in seine Wundertruppe holen. Und jetzt reg dich langsam wieder ab, du warst doch immer dafür, dass Deleven Korporal wird. Jetzt kriegst du deinen Willen.«
Fenna war noch bis zum Ende des Rauchmonds wütend und unleidlich. Er hatte dauernd Kopfschmerzen, er roch den Gestank von Verbranntem, der aus dem Norden über die Festung hinwehte, und in den Nächten schreckte er auf, weil Haihunde, brennende Kinder und Echsengeier gleichzeitig hinter ihm her waren. Das Essen schmeckte ihm nicht. Gyffs’ Zuverlässigkeit ging ihm auf die Nerven. Seine Soldaten erschienen ihm alle als zu klein oder zu dick, selbst der riesige Kindem und der schmächtige Nelat. Fenna mied jegliche Begegnung mit Hauptmann Gollberg oder irgendwelchen Angehörigen der Ersten Kompanie. Lediglich mit Hobock & Sells kam er in diesen Tagen gut zurande, denn die beiden jammerten ebenfalls hinter vorgehaltener Hand darüber, eines guten Soldaten – in ihrem Falle: einer Soldatin – beraubt worden zu sein.
Reseas Weggang verlief vollkommen unspektakulär. Er räumte sein Bett in Raum F, ohne
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