Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
ganzen Sache mitgespielt, weil ihr dachtet, ihr würdet dadurch an seine Kollegen aus der Studentenverbindung drankommen«, gab Dorie fröhlich zurück. »Und wenn ich mich recht erinnere, Julia Capelli, warst du diejenige, die den Schnaps in Johnny Ganems Spirituosenladen geklaut hat.«
»Der Auftakt zu einem Leben jenseits des Gesetzes«, sagte Ellis düster. Sie warf ihr Handtuch nach Julia. »Und du, du dumme Kuh, ziehst nie wieder so was ab wie eben, verstanden?« Ellis fächelte sich Luft zu. »Das halten meine Nerven nicht aus.«
»Deine Nerven!«, höhnte Julia. »Und was ist mit meinen? Was meinst du, wie es mir ging, als ich die ganze Knete hinten in Madisons Schrank fand? Ganz zu schweigen von der Knarre unter der Matratze.«
»Was?« Dorie richtete sich kerzengerade auf. »Das denkst du dir doch gerade aus!« Sie wandte sich an Ellis. »In einem Punkt hatte meine Mutter allerdings recht. Julia Capelli hatte und hat bis heute einen schlechten Einfluss.«
Julia schlug ein flüchtiges Kreuzzeichen. »Beim Grab meines Vaters: Ich sage die Wahrheit. Madison muss, keine Ahnung, an die zwanzigtausend Dollar in bar rumliegen haben. Ganz hinten im Fach des Kleiderschranks. Aber das ist noch nicht das Schlimmste.« Sie schob die Hand in ihren Strandbeutel und zog den bedrohlich wirkenden Revolover heraus.
»Das«, sagte sie triumphierend, »lag unter ihrer Matratze. Jetzt erzählt mir bitte noch mal, wie unschuldig und unglücklich die arme Madison-Schrägstrich-Maryn ist.«
Mit großen Augen starrten Ellis und Dorie auf den Revolver, bis Julia ihn wieder in ihren Beutel stopfte.
»Ist der echt?«, fragte Dorie.
»Ist er geladen?«, wollte Ellis wissen.
»Nicht mehr«, sagte Julia.
»Hast du den Revolver echt gestohlen?« Dorie stöhnte und schüttelte den Kopf.
»Hab ich für euch gemacht«, sagte Julia. »Wer weiß, was sie damit vorhat?« Sie streckte eine Hand aus. »Eine Diätcola, bitte. Diese ganze Detektivarbeit hat mich total ausgetrocknet.«
»Ach, du meine Güte«, Dorie konnte den Blick nicht von Julias Tasche lösen. »Madison muss furchtbaren Ärger haben. Leute, wir müssen ihr irgendwie helfen.«
Als Julia ihre Coladose ausgetrunken hatte und den anderen beiden nicht nur einmal, sondern zweimal die Durchsuchung von Madisons Zimmer geschildert hatte, kamen die drei Frauen überein, dass es an der Zeit war, etwas zu unternehmen.
»Sie hat mir heute Morgen erzählt, dass sie morgen abreisen will«, erklärte Dorie. »Es wäre reine Zeitverschwendung, sie rauszuwerfen. Außerdem will ich das auch gar nicht. Ich will wissen, wie ich ihr helfen kann.«
»Dorie«, sagte Ellis und klang dabei ruhiger, als ihr zumute war. »Man hilft keiner Frau, die einen Schrank voller Bargeld und eine geladene Waffe hat. Man geht ihr höchstens aus dem Weg.«
»Nicht möglich.« Julia wies mit dem Kinn in Richtung der Treppe in den Dünen.
Madison beziehungweise Maryn kam die Stufen heruntergestampft, ihre Augen funkelten blutrünstig.
Am Fuße der Treppe schleuderte sie ihre Schuhe von sich und steuerte auf die drei Frauen zu, bis sie am Rand ihres kleinen Lagers stand, ein feuchtes Top in der rechten Hand.
»Hallo, Madison«, versuchte es Dorie.
»Ihr Schweine!«, fuhr Madison sie an. »Ich wusste, dass es ein Fehler war, hier einzuziehen. Dass ihr mir niemals vertrauen würdet und dass ich keiner von euch vertrauen kann.«
Die Hände in die Hüften gestützt, starrte sie Julia an. »Du hast vielleicht mal Nerven, dich in mein Zimmer zu schleichen«, sagte sie. »Dachtest du, ich würde das nicht merken?«
Julias Gesichtsfarbe verblasste unter ihrer Bräune. Sie stützte sich auf die Ellenbogen. »Wovon redest du da? Ich? Was sollte ich in deinem Zimmer wollen?«
»Weiß ich doch nicht«, fuhr Madison sie an. »Vielleicht bist du eine armselige kleine Leuchte, die kein eigenes Leben hat?«
»Das weise ich zurück«, sagte Julia.
»Leck mich!«, rief Madison. Sie schaute zu Dorie hinüber und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Und du! Du mit deinem gespielten Mitleid und Verständnis erzählst mir, ich soll noch bleiben! In Wirklichkeit hast du mich nur aufgehalten, damit ich deine Freundin nicht dabei erwische, wie sie mein Zimmer ausräumt.«
»Das war nicht gespielt!«, protestierte Dorie. »Ich meine, ja, ich wollte dich aufhalten, weil ich nicht wollte, dass du Julia erwischst. Aber was ich gesagt habe, meinte ich ehrlich. Und jetzt erst recht. Julia hat uns von dem Geld
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