Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
erzählt.«
»Ja, und? Jetzt seid ihr zu dem Schluss gekommen, dass ich eine Bank ausgeraubt habe? Oder vielleicht jemanden erpresst? Oder dass ich ein Callgirl von irgendeinem Edelpuff bin? Ich wundere mich schon, dass kein Streifenwagen vorm Haus steht. Ihr habt die Bullen gerufen, stimmt’s?«
»Es ist eine Menge Geld«, bemerkte Julia.
»Ich muss niemandem was erklären«, sagte Madison und schüttelte empört den Kopf.
»Eine kurze Frage«, meldete sich Julia. »Wie hast du herausgefunden, dass ich in deinem Zimmer war? Ich meine, ich war total vorsichtig. Ich hab das Geld wieder genau da hingelegt, wo ich es gefunden habe, und hab das Fenster auch wieder so weit runtergezogen wie vorher. Hast du irgendeine Falle aufgestellt oder so, nur für den Fall dass einer bei dir rumschnüffelt?«
»Toller Einbrecher!«, höhnte Madison. Sie hielt das Oberteil in ihrer Hand hoch: ein noch feuchtes weißes Laufshirt, das sie Julia ins Gesicht warf. »Du hast das hier vergessen!«
34
Die drei Frauen sahen zu, wie Madison beziehungsweise Maryn sich bemühte, im feuchten Sand möglichst effektvoll davonzustapfen. Als sie fort war, schauten Dorie und Ellis Julia an, die sich auf ihr Strandlaken hatte sinken lassen und die Hände vor die Augen hielt, um sich vor der Sonne und den fragenden Blicken ihrer Freundinnen zu schützen.
»Dein Top?«, sagte Ellis schließlich. »Julia, also echt! Du hast nicht gemerkt, dass du es vergessen hast?«
»Tut mir leid«, rief Julia so laut, dass eine Möwe als Antwort krächzte. »Guckt mich nicht so an! Herrgott! Ihr habt doch gesehen, was ich anhatte. Ich war gerade vom Laufen zurück. Und auf dem Speicher, da waren es bestimmt um die fünfzig Grad. Ich bekam den Türriegel einfach nicht auf, ich war total am Schwitzen, meine Hände waren ganz rutschig, deshalb hab ich das Top ausgezogen und damit den Riegel aufbekommen. Ich bin durchs Fenster geklettert und hab mich im Zimmer umgesehen. Sie hatte nicht mal die Klimaanlage an da oben. Warum erkläre ich euch das eigentlich alles? Sie ist doch diejenige mit dem Geld und der Knarre unter der Matratze.«
»Es war einfach eine sehr, sehr schlechte Idee«, sagte Ellis mit leiser Stimme. »Unverzeihlich. Ich hätte niemals mitmachen dürfen. Ich wusste, dass es falsch war, und hab trotzdem nichts gesagt. Ich fühle mich furchtbar.«
»Ich mich auch«, sagte Dorie. »Ich bin nicht besser als ihr. Ich hätte Julia aufhalten können, wenn ich mich angestrengt hätte.«
Aber Julia blieb stur. »Na gut, vielleicht hätte ich ihr Zimmer nicht durchsuchen dürfen. Tut mir leid. In Ordnung? Es war alles meine Idee, ihr beide seid aus dem Schneider. Können wir uns jetzt vielleicht wieder um Wichtiges kümmern – nämlich was wir nun mit Madison und ihrer Waffe und dem riesigen Berg Geld machen?«
Dorie schaute Ellis voller Unbehagen an. »Ich finde, du solltest mit ihr reden.«
»Ich?« Ellis war entrüstet. »Warum gerade ich? Ich habe sie doch nicht eingeladen, hier zu wohnen. Und ich bin nicht diejenige, die sie vertreibt, weil ich mich in ihre Privatangelegenheiten mische.«
»Wer denn sonst?«, fragte Dorie. »Sie kann Julia nicht ausstehen. Und mir vertraut sie nicht mehr, so viel steht fest. Du bist die Ruhige. Die Kluge. Du kannst mit ihr reden. Du kannst mit jedem reden.«
»Frag sie einfach, woher das Geld kommt«, riet Julia ihr. »Aber sag nichts von dem Revolver, ja? Ich meine, wir wollen sie nicht noch mehr verärgern.«
»Nein!«, entgegnete Ellis und warf das verschwitzte Top nach Julia. »Ich mache das nicht.« Doch trotz ihrer Proteste wusste Ellis, dass es sinnlos war, sich zu wehren und zu argumentieren. Sie waren inzwischen alle Mitte dreißig, doch sie, Ellis Sullivan, war noch immer der Fahrer vom Dienst.
Sie holte tief Luft und klopfte vorsichtig an Madisons Tür.
»Hau ab!«, kam die gedämpfte Antwort.
»Madison!«, rief Ellis. »Lass mich bitte rein! Ich möchte mit dir reden. Ich will mich entschuldigen … für uns alle.«
»Schön. Egal«, gab Madison zurück. »Ich bin morgen früh eh weg, also lass es gut sein. Ich will einfach meine Ruhe.«
»Das geht nicht«, flehte Ellis. »Julia lässt nicht eher locker, bis ich mit dir geredet habe. Unter vier Augen.«
Die Tür wurde aufgerissen. »Beeil dich«, sagte Madison und machte Ellis Zeichen, hereinzukommen. »Aber es ist absolute Zeitverschwendung.«
Ellis überquerte die Schwelle und sah sich im Zimmer um. Der dünne weiße Baumwollvorhang
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