Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
hat, sind die Zinsen um fast drei Prozent gefallen, da könnte ich also eine Menge Geld sparen. Wie es danach weitergeht, weiß ich wirklich nicht.«
Ellis schwieg. Plötzlich verstummten die Generatoren. Jetzt hörte man die Wellen, die ans Ufer rollten. Glühwürmchen flimmerten in den hohen Wedeln des Strandgrases, und weiter unten hockte eine Gruppe von Collegestudenten um ein Lagerfeuer. Musik wehte herüber, und zwei von ihnen entfernten sich von den anderen und gingen Hand in Hand in die Dünen.
»Die Schule fängt bald an.« Ellis sah den beiden nach. »Wahrscheinlich ist dies ihr letzter schöner Abend, bevor alle wieder zurück in ihr richtiges Leben müssen.«
Tys Fingerspitzen streiften die von Ellis.
»Ich möchte nicht, dass du gehst«, sagte er und starrte vor sich hin.
Sie lächelte in sich hinein. »Ich hab gehofft, dass du die Nacht mit mir verbringen willst. Die letzte Nacht im alten Zuhause. Vielleicht duschen wir noch ein letztes Mal hier draußen, der guten alten Zeiten wegen, solange die Sonne noch nicht aufgegangen ist.«
»Nicht nur heute Abend«, sagte Ty. »Ich möchte nicht, dass du überhaupt gehst. Punkt. Ich möchte hier nicht am Samstag stehen und dich wegfahren sehen.«
»Ach Ty.«
Er nahm ihre Hand in seine. »Bitte bleib!«
Ellis seufzte. »Ich würde ja gerne. Ich habe die ganze Woche darüber nachgedacht. Wer würde nicht gerne das ganze Jahr am Strand wohnen und heile Welt spielen, mit dir?«
Ty drückte einen Kuss auf ihren Handrücken. »Gut. Also abgemacht.«
»Ty, mir wurde ein Job angeboten«, kam es aus Ellis heraus.
Er ließ ihre Hand sinken. »Was? Wann war das denn?«
»Heute Abend erst. Es kam völlig unvermutet. Dana, eine Frau, mit der ich bei der Bank gearbeitet habe, hat mir vor ungefähr einer Viertelstunde ein Angebot geschickt. Die Sache ist, es ist mein Traumjob. Dana wurde bei Pacific Trust eingestellt, um ein neues Projekt zu leiten, und sie möchte mich gerne dabei haben. Die Bezahlung ist erstklassig, dazu super Zusatzleistungen, und die Bank würde sogar für mich mein Haus in Philly verkaufen. Das macht heute keiner mehr!«
»Bei der Pacific Bank? Was? Wärst du dann in der Zweigstelle an der Ostküste?«
»Nein. Die Stelle ist in Seattle.«
Ty sah ihr ins Gesicht. »Du denkst doch nicht ernsthaft darüber nach, oder?«
»Ich wäre bescheuert, wenn ich es nicht täte. Bei dieser wirtschaftlichen Lage? Nirgendwo wird eingestellt. Ich habe keine einzige Antwort auf die Bewerbungen erhalten, die ich letzten Monat verschickt habe. Keine einzige! Aber das hier, das ist Wahnsinn. Es wäre eine ungeheure Beförderung für mich.«
Ty beugte sich vor, den Kopf in den Händen.
»Sag doch bitte etwas«, flüsterte Ellis.
»Was denn? Glückwunsch?«
»Das wäre schon mal ein Anfang.«
Er starrte Ellis ins Gesicht. »Hast du überhaupt mitbekommen, was ich dir eben gesagt habe? Ich möchte, dass du bleibst. Hier, bei mir. In Nag’s Head.«
»Und was mache ich hier?«, fragte Ellis. »Wovon würde ich leben?«
»Von Luft und Liebe«, sagte Ty in dem Versuch, witzig zu klingen, aber sie merkte, dass er es ernst meinte.
»Und was tun wir, wenn es Zeit ist, die Rechnungen zu bezahlen?«, fragte Ellis. Sie drückte die Knie gegen die von Ty. »Dein Leben hier ist ein herrlicher Traum. Du schaffst es auch, so zu leben, dass es funktioniert. Du lebst vom Daytraden, du arbeitest nebenbei als Barkeeper, vermietest das Haus in der Saison. Das funktioniert auch super für dich. Aber ich bin das nicht, Ty. Ich hab immer von acht bis fünf gearbeitet. Nicht gerade ein besonders aufregendes oder glanzvolles Leben, aber ich komme damit zurecht. Ich brauche Listen und Vorschriften.«
»Du könntest dir hier einen Job suchen«, sagte Ty, aber er wusste, kaum dass die Worte seinen Mund verlassen hatten, dass es nicht klappen würde. »Vielleicht würdest du nicht ganz so viel Geld verdienen, aber du könntest bestimmt was finden.«
»Du könntest auch mit mir nach Seattle ziehen und dir da Arbeit suchen.« Ellis grinste ihn schief an. »Ist zwar ein anderer Ozean, aber eine Küste gibt’s da auch. Quasi.«
»Ich könnte es versuchen – wenn du es willst.«
»Was hast du mir noch mal bei unserem ersten furchtbaren Abendessen erzählt? Dass du nie wieder in einem Büro arbeiten willst?«
»Ähm, ja, aber das habe ich nur so gesagt. Ich könnte das wirklich, Ellis, wenn ich müsste.«
»Darum geht es ja, Ty. Ich will nicht, dass du meinst, du müsstest
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