Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
Ellis. »Du weißt, dass ich das nicht so gemeint habe.«
»Klar hast du das«, sagte Ty ruhig.
»Du machst es uns schwerer, als es sein müsste«, sagte Ellis flehend.
Er sah sie ruhig an. »Liebst du mich?«
»Ja! Aber darum geht’s nicht.«
»Willst du mit mir zusammen sein?«
»Das weißt du doch. Aber so einfach ist das eben nicht.«
»Es ist nicht so schwer«, sagte Ty. »Für mich jedenfalls nicht. Ich möchte mit dir zusammen sein, deswegen tue ich alles dafür, dass wir das auch können. Anscheinend empfindest du nicht dasselbe.«
Ellis machte einen Schritt zurück. Tys Gesicht war kalt, teilnahmslos. Wenn er so abgeklärt sein wollte, konnte sie es auch. Sie holte tief Luft, zweimal, und zwang sich, nicht zu weinen, zu schluchzen oder, Gott bewahre, ihn anzubetteln. »Was heißt das für uns?«, fragte sie schließlich.
»Ich denke, das heißt, dass ich hierbleibe und du nach Seattle ziehst. Allein.«
48
Ellis blickte trübsinnig in ihre Kaffeetasse. Auch darin war die Wahrheit nicht zu finden. Nur lauwarme, bittere Schwärze.
Sie war froh, die Küche ganz für sich zu haben. Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass ihr die anderen nach einem Monat des Zusammenlebens doch so langsam auf die Nerven gingen, sosehr sie sie auch mochte.
Madison hatte die richtige Entscheidung getroffen. Es war Zeit, dachte Ellis, den Heimweg anzutreten. Sie entwarf bereits einen Schlachtplan für die Abreise: Betten abziehen, eine letzte Maschine Wäsche anstellen, den Kühlschrank leeren, alles ins Auto packen. An was sie nicht denken wollte, unter gar keinen Umständen, war das, was sie zurückließ.
Sie hörte das dumpfe Brummen eines Dieselmotors vor dem Haus und lief nach draußen, um nach dem Rechten zu sehen. Ein Tieflader stand in der Auffahrt, und eine Handvoll Männer war lachend darum gruppiert und machte Handzeichen, während eine leuchtend gelbe Planierraupe zentimeterweise die Laderampe hinunterkroch.
Als der Fahrer die Raupe von der Rampe manövriert hatte, sprang ein Mann in orangefarbener Sicherheitsweste und Sicherheitshelm hinzu, setzte sich ins Führerhaus und sprach mit dem Fahrer. Kurz darauf stand der Typ mit dem Sicherheitshelm wieder in der Einfahrt und wies auf die Garage – und Tys Apartment. Von Ty selbst war nichts zu sehen. Sein Bronco war fort, die Garage leer.
Ellis sah, dass neben der Garage ein riesiger Berg Sperrmüll lag, der bisher darin aufbewahrt worden war, unter anderem eine Tischtennisplatte mit nur drei Beinen, ein Stapel abgefahrener Reifen, ein verrosteter Grill, die Skelette von Liegestühlen aus Aluminium, sogar ein kleines Holzruderboot mit verrottetem Rumpf. Und ein Surfbrett. Ein verblichenes gelbes Surfbrett.
Während Ellis zuschaute, rumpelte die Planierraupe zielstrebig auf die Garage zu und nahm den Stützpfeiler in Angriff, der die beiden Parkplätze innen voneinander trennte. Ellis schloss die Augen, und kurz darauf hörte sie das markerschütternde Geräusch von berstendem Holz und brechenden Balken, und die Garage glitt donnernd zu Boden, was man rundherum sowohl hören als auch fühlen konnte.
Es gab Pfiffe und Applaus, und als Ellis die Augen wieder öffnete, schwebte eine Wolke aus Staub und Sand über der abgerissenen Garage.
Sie spürte eine Hand auf der Schulter, drehte sich um und sah Madison hinter sich stehen.
»Ich habe die Lkws von meinem Fenster aus kommen sehen«, sagte sie. »Ich bin runtergegangen, weil ich irgendwie Angst hatte, dass du noch da drin sein könntest.« Sie wies mit dem Kopf in die Richtung, wo das Apartment gewesen war. »Mit Ty.«
Hinter ihnen wurde die Fliegengittertür geöffnet und zugeschlagen. Julia und Dorie gesellten sich zu ihnen auf die Veranda, barfuß und im Schlafanzug.
»Du meine Güte!«, rief Julia und bestaunte die Überreste der Garage. »Ich habe ein lautes Krachen gehört und dachte, jemand hätte eine Bombe auf die Garage geworfen.«
»Wow«, sagte Dorie. »Das ging aber schnell.«
»Wo ist Ty?«, fragte Julia. »Wie war eure letzte gemeinsame Nacht im Liebesnest?«
Ellis schob die Hände in die Hosentasche. »Ich weiß nicht, wo Ty ist. Ich habe nicht bei ihm geschlafen. Wir … wir haben uns gestritten. Na ja, nicht richtig gestritten, aber …«
»O nein!«, stöhnte Julia. »Erzähl mir nicht, dass ihr euch getrennt habt. Erzähl mir nicht, dass du tatsächlich dieses dämliche Angebot bei dieser dämlichen Bank in Seattle annehmen willst.«
»Ich habe Dana gesagt, dass ich mich
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