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Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Die Sommerfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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sicher, dass man sie nicht sehen konnte, doch um sicherzugehen, entfernte sie sich einige Schritte vom Fenster.
    »Ich höre dich, Booker«, sagte sie leise. »Aber ich kann jetzt nicht mehr darüber reden. Liebe dich. Nacht.«
    Er redete weiter, als sie auflegte. Julia hörte, wie die Fliegenschutztür geöffnet wurde, dann das Geräusch der zuschlagenden Haustür. Leicht flogen Ellis’ nackte Füße über die Treppe.
    Julia blieb am Fenster stehen und spähte hinaus. Irgendwann ging der Mann langsam den Holzsteg zurück zum Haus. Julia hielt den Atem an. Wahnsinn! Würde er Ellis ins Haus folgen, sich zu einem heimlichen Stelldichein in ihr Zimmer stehlen? Moment mal! Er steuerte auf die Garage zu. Was? Als er kurz unter dem Licht der Garage stehen blieb, konnte Julia sein Gesicht deutlich erkennen. Es war der Garagenmann, Ty Bazemore. Ellis und Ty! Was für eine wunderbare, unerwartete Entwicklung, dachte Julia.

    Maryn erwachte mit einem Schreck und setzte sich im Bett auf. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war. Die Luft im Zimmer war heiß und stickig. Ihr schweißgetränktes Nachthemd klebte an ihrem Körper. Dann hörte sie Reifen über die Auffahrt aus Muschelsplitt knirschen und wusste wieder genau, wo sie war.
    Sie blickte zum billigen Uhrenradio auf dem Nachttisch hinüber. Es war zwei Uhr nachts. Langsam rollte ein Wagen von der Auffahrt. Galle stieg in ihr hoch, und im ersten Moment war sie wie gelähmt. Dann stand sie auf und griff unter die dünne Matratze, bis sich ihre Finger um die dort versteckte Pistole schlossen. Sie lief zum Fenster gegenüber ihrem Bett und spähte zwischen den verblichenen Baumwollvorhängen nach draußen. Langsam atmete sie aus. Es war der rote Bronco dieses Typen, der über der Garage wohnte.
    Maryn sah zu, wie er in die Garage fuhr. Kurze Zeit später kam der Mann wieder heraus, beleuchtet von der an einen Bewegungsmelder angeschlossenen Lampe am Ende der Veranda. Er trug eine ausgeblichene Jeans, ein weißes T-Shirt und eine grüne Baseballkappe mit dem Schirm nach hinten. Er hieß Ty, hatte Dorie gesagt, und er war Daytrader. Der Mann machte einen müden Eindruck, als er langsam die Holztreppe außen an der Garage hochstieg.
    Maryn blieb am Fenster stehen und spähte hinüber, bis sie sah, wie die Lichter in der Garagenwohnung angingen. Durch das Fenster, vor dem keine Gardine hing, sah sie den Mann herumlaufen. Er ging zu einem Tisch beim Fenster und schaute heraus. Maryn zog sich ein wenig zurück, wollte nicht erkannt werden. Sie blickte auf die Waffe, die sie in der rechten Hand hielt.
    Es war Dons Pistole. Er hatte sie ihr nach ihren ersten Treffen gegeben, damals wohnte Maryn noch in einem kleinen Rattenloch in Pinelawn. Man hatte ihren Wagen aufgebrochen und ihr Handy gestohlen. Don behauptete, die Gegend sei nicht sicher. War sie auch nicht.
    Als er das nächste Mal abends zu ihr kam, hatte er eine braune Papiertüte dabei und legte sie vorsichtig auf dem Küchentisch ab.
    Mit angehaltenem Atem zog Maryn die Pistole aus der Tüte. Sie hatte noch nie eine aus der Nähe gesehen.
    »Keine Angst, Baby«, hatte Don sanft gesagt. Er hatte ihr gezeigt, wie man die Pistole lud und entsicherte. Dann waren sie rausgefahren aufs Land. Er hatte mehrere Bierdosen auf einen Baumstumpf gestellt, ihr gezeigt, wie man sie anvisierte und dann abdrückte.
    »Brauche ich keinen Waffenschein dafür?«, hatte Maryn gefragt, als er zufrieden feststellte, dass sie nun wusste, wie man mit dem Teil umging.
    »Quatsch«, sagte er. »Ich hab ja einen, und wenn du das Ding irgendwann mal benutzt, schießt du zuerst und stellst erst anschließend Fragen.«
    Maryn hatte es gerührt, dass er sie beschützen wollte.
    Als er darauf bestand, dass sie aus ihrem kleinen Apartment in seine Eigentumswohnung in einem Komplex näher an der Innenstadt zog, tat er das auch nur, damit sie schöner wohnte. Die Miete war doppelt so hoch, als Maryn sich mit ihrem Gehalt von der Versicherungsfirma leisten konnte, doch da die Wohnung Don gehörte und er kein Geld von ihr haben wollte, war das kein Problem. Maryn war nicht auf die Idee gekommen, dass es praktischer für Don war, wenn sie dort wohnte. Fast jeden Abend kam er vorbei, brachte was vom Chinesen oder ein Steak mit, das sie dann auf dem kleinen geschlossenen Patio vor dem Wohnzimmer grillten.
    Sie hatten sich im Büro kennengelernt. Don war zusammen mit den Prescotts groß geworden, jetzt war er ihr Steuerberater. Maryn hätte ihn niemals

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