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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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Decke aufleuchten. Meine Garage ist geräumig genug für meinen Wagen und einen kleinen Bereich, den ich als Werkraum bezeichne. Der Werkzeugschrank klemmt, ich reiße die verzogene Schranktür auf und zerre aus einem der Fächer meine Regenhaut. Auf der Regenhaut hat eine Kiste mit Nägeln gestanden, die Haut ist zusammengefaltet und zusammengeklebt, ich ziehe die einzelnen Schichten vorsichtig auseinander, wie man ein Pflaster von einer noch nicht ganz verheilten Wunde ablöst, ich stecke die Faust in einen der Ärmel und boxe mich behutsam durch, bis sich die Ärmelseiten voneinander trennen. Meine Mutter hat die Regenhaut mehrfach wegwerfen wollen, sie sei mir zu eng, sie sei von unaussprechlicher Farbe, sie klebe zusammen. Ich verbarg die Regenhaut über Jahre hinweg, da ihre Nachteile zugleich ihre Vorteiledarstellen. Die Regenhaut ist nicht viel dicker als ein Müllsack, sie ist federleicht, und ihre Farbe ist so unbestimmt, daß man in ihr auf der Stelle verschwindet. Ich rücke den Arbeitsstuhl ein wenig von der Werkbank ab und drapiere die Haut über der Lehne. Als nächstes wische ich mit einem Lappen Staub und Schmutz vom Wagen. Ich benutze meine zerschlissenen Unterhemden, von denen ich mich noch nicht so recht trennen kann, ich befeuchte sie mit Seifenlauge, nach jedem Strich haftet ein neuer dunkler Streifen auf den weißen Baumwollrippen, ich schlage das Hemd um, wische mit der frischen Seite weiter, das Rot meines Opels tritt ungewöhnlich rot hervor. Aufgehende Sonne, Rotkäppchens Käppchen, weithin sichtbares Zielobjekt. In der unteren Schublade des Schranks lagern die Rollen mit der Folie. Ich hebe sie heraus, deponiere sie auf der Werkbank und suche nach dem angehängten Zettel mit der Nummer eins. Über der Werkbank hängt ein Plan, auf dem ich mein Auto naturgetreu abgezeichnet habe. Die Karosserie ist mit gestrichelten Linien in Segmente unterteilt, wie man es von Schweineabbildungen in Metzgereien kennt, auf denen Schinken, Eisbein, Kotelettstrang und Rückenspeck für den Kunden lokalisiert werden. Die Nummer eins entspricht auf meinem Plan der Kühlerhaube. Ich wickele ein erstes Stück der Folie ab, drücke sie auf den Lack und rolle sie Millimeter für Millimeter straff und gleichmäßig darüber.
    Es kommt darauf an, sich dem Jagdobjekt anzugleichen. Mir ist es gelungen, Folie in der Bundeswehrtarnfarbe Basaltgrau stumpfmatt aufzutreiben, das Rot verschwindet darunter, mein Wagen verschmilzt mit dem naßdunklen Asphalt, mit dem Waldrand, mit den düsteren Kneipen, vor denen er hält. Basaltgrau ist die Unterwasser-Tarnfarbe der Bundesmarine, meine Folie entspricht diesem Ton nicht völlig, kommt ihm aber nahe, nahe genug, um an Tagen, die praktisch unter Wasser stattfinden, die verregnet und vernebelt und von Feuchtigkeit aufgequollen sind, wie unter einer Tarnkappe zu fahren. Flecktarnmuster bringen für einen normalen Pkw nichts, es geht darum, sich im Hintergrund aufzulösen, sich der Umgebung maximal anzupassen. Mit Flecktarnmuster fällt man in einem verregneten Prignitzdorf auf, mit Basaltgrau ist man ununterscheidbar von den eingedunkelten Mauern der Straßendörfer, den umgepflügten matschigen Feldern, den Müllcontainern auf Wendeplätzen.
    Ich treffe die Wahl zwischen zwei Paaren Gummistiefeln, einem olivgrünen, einem gelben. Manchmal erweist sich Harmlosigkeit als die beste Tarnung, deswegen bin ich auch schon einmal in dem gelben Paar unterwegs gewesen, hatte mir aber zur Sicherheit ein paar Reste von der Folie mitgenommen, um zur Not das Gummistiefelgelb damit dämpfen zu können. So weit werde ich diesmal nicht gehen, nicht immer ist unterwegs genug Zeit, um Stiefelpaare dilettantisch zu bekleben, überhaupt trägt man Gummistiefel kaum noch in der Öffentlichkeit, das grüne Paar, entscheide ich, ist auffällig genug, also hinreichend harmlos, ich hole das grüne Paar unter der Werkbank vor und schiebe das gelbe näher an die Wand.
    Dann schiebe ich auch das grüne Paar wieder zurück und greife nach meinen Wanderschuhen. Genaugenommen bin ich nur ein einziges Mal in Gummistiefeln gefahren. Ich hatte versucht, in ihnen eine nasse Böschung zu erklimmen, war mit den glatten Sohlen immer wieder abgerutscht und hatte mich an den Grashalmen festhalten müssen. Zuletzt war ich die Böschung auf Knien hinaufgekrochen, in Kniehöhe wuchsen lehmige Flecken auf meiner Hose, die Stiefel hatten sich als äußerst unpraktisch erwiesen. Dennoch neige ich immer wieder zu den

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