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Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition)

Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition)

Titel: Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward O. Wilson
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nächsten beiden großen Schritte hin zum modernen menschlichen Sozialverhalten: die Einrichtung von Lagerstätten und die Beherrschung des Feuers.
    Jagen in Gruppen ist bei Säugetieren insgesamt selten. Außer Primaten praktizieren die gemeinsame Jagd noch Löwinnen (die ein oder zwei Männchen des Rudels bekommen einen Teil der Beute, jagen aber selten selbst). Auch bei Wölfen und afrikanischen Wildhunden kommt sie vor.
    Die Evolutionsgeschichte von Schimpansen und Bonobos reicht sechs Millionen Jahre zurück; etwa zu dieser Zeit trennte sich ihre Abstammungslinie von der des Menschen. Vor dieser Trennung hatten wir gemeinsame Vorfahren – warum also haben sie nicht auch das Niveau des Menschen erreicht? Vielleicht liegt es daran, dass die Vorfahren von Schimpansen und Bonobos in geringerem Maße in das Fangen und Verzehren von lebenden Tieren investierten. Die Populationen, die sich zum Homo weiterentwickelten, spezialisierten sich auf einen hohen Konsum tierischer Proteine in ihrer Nahrung. Um ihn zu erreichen, mussten sie in großem Ausmaß im Team arbeiten, aber diese Mühe war es wert: Fleisch ist, aufs Gewicht bezogen, energieeffizienter als pflanzliche Nahrung. Extrem wurde diese Tendenz in den Populationen des Homo neanderthalensis , der eiszeitlichen Schwesterart des Homo sapiens , die im Winter vollständig auf erjagte Tiere zurückgriff, darunter auch Großwild.[ 18 ]

    4.4 Die für die Beschreibung der Evolution des Menschen gebräuchliche Bezeichnungsweise. Wir sehen hier die Abzweigungen im evolutionären Stammbaum der Altweltaf en, mit den wissenschaftlichen und den deutschen Namen der Affen und Menschen sowie den übergeordneten Gruppen.
    Ein Stück fehlt noch im Minimalszenario für das Aufkommen großer Gehirne und eines komplexen Sozialverhaltens bei frühen Hominiden. Jede andere bekannte Tierart, die Eusozialität herausgebildet hat, begann, wie gesagt, mit einem geschützten Nest, von dem aus Streifzüge zur Futtersuche unternommen werden konnten. Andere Arten relativ großer Tiere, die in Sachen Eusozialität fast genauso weit fortgeschritten sind wie die Ameisen, sind die in Ostafrika heimischen Nacktmulle (Heterocephalus glaber) . Auch für sie gilt das Prinzip des geschützten Nests. Jede aus einer erweiterten Familie zusammengesetzte Gruppe belegt und verteidigt ein System unterirdischer Bauten. Es gibt eine «Königin», die Mutter, und «Arbeiterinnen», die zwar fortpflanzungsfähig -wären, aber keine Nachkommen haben, solange die Königin aktiv bleibt. Sogar «Soldaten» gibt es, die vor allem damit beschäftigt sind, das Nest gegen Schlangen und andere Feinde zu verteidigen. Eine weitere Art, die eine allerdings anders ausdifferenzierte Eusozialität lebt, ist der Damara-Graumull (Fukomys damarensis) in Namibia. Bei den Insekten entsprechen den Nacktmullen am ehesten die eusozialen Blasenfüße (Thripse) und Blattläuse, die auf Pflanzen das Wachstum von Gallen stimulieren. Diese hohlen Verdickungen dienen den Insekten gleichzeitig als Nester und als Nahrungsquelle.

    4.5 Stammbaum und Zeitleiste der Australopithecina und des frühen Homo bis zur modernen Menschenart.

    4.6 Das schnelle Wachstum des Gehirns bis zu seiner Größe beim modernen Menschen.
    Warum ist ein geschützter Nistplatz so wichtig? Weil die Mitglieder der Gruppe dort zwangsläufig zusammenkommen. Ist es erforderlich, dass sie das Nest verlassen und in der Umgebung nach Futter suchen, so müssen sie dorthin zurückkehren. Schimpansen und Bonobos besetzen und verteidigen zwar Reviere, aber sie durchwandern sie auf der Futtersuche. Dasselbe galt wahrscheinlich auch für die Vorfahren des Menschen, die Australopithecina und den Homo habilis . Schimpansen und Bonobos zerfallen wiederholt in Untergruppen und verschmelzen wieder. Sie teilen durch lautes Rufen mit, wenn sie Bäume mit vielen Früchten gefunden haben, aber die gepflückten Früchte teilen sie nicht. Gelegentlich jagen sie in kleinen Rudeln. Erfolgreiche Rudelmitglieder teilen das Fleisch mit den Mitjägern, aber da endet auch schon die Großzügigkeit. Und besonders wichtig ist, dass Affen kein Lagerfeuer haben, um das sie sich versammeln.
    Fleischfresser, die sich an Lagerstätten aufhalten, weisen Verhaltensweisen auf, die umherwandernde Individuen nicht benötigen. Sie müssen die Arbeit teilen: Die einen sammeln und jagen Futter, die anderen bewachen das Lager und den Nachwuchs. Sie müssen Nahrung, und zwar pflanzliche wie tierische, so teilen,

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