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Die spaete Ernte des Henry Cage

Die spaete Ernte des Henry Cage

Titel: Die spaete Ernte des Henry Cage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Abbott
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lassen würde, sobald die Anklagevertretung weitere Indizien gesammelt hatte. Er hatte gehofft, dass Henry auf Kaution freikommen würde, doch war es nicht ungewöhnlich, dass die Anklagevertretung das Beweismaterial zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens für ausreichend hielt, um ihn in Haft zu behalten. Er verstand ihre Argumentation durchaus.
    Henry hatte einen Eindringling getötet, keinen Einbrecher. Colin Bateman hatte keinerlei Versuch unternommen, in Henrys Haus zu gelangen, und man konnte davon ausgehen, dass er den Garten verlassen hätte, nachdem er die Rose umgesägt hatte, wenn er nicht dabei ertappt worden wäre. Es war offensichtlich, dass er die Säge mitgebracht hatte, um den Stamm der Rose zu durchtrennen, nicht als Angriffswaffe. Das Ganze hatte in der Nacht stattgefunden. Bateman hatte nicht damit gerechnet, auf MrCage zu treffen, geschweige denn, ihn zu attackieren. Er hatte nicht die Absicht gehabt, Gewalt auszuüben. Im Gegensatz dazu hatte sich Mr Cage mit einem Baseballschläger bewaffnet, bevor er das Haus verließ, und war wohl darauf eingestellt gewesen, ihn auch zu benutzen. Seinen eigenen Aussagen zufolge war er wütend gewesen, als er auf Bateman einschlug. Ohne einen einzigen Zeugen für die fraglichen Ereignisse gab es allein Henrys Aussage, Bateman habe damit gedroht, die Säge als Waffe zu verwenden. Den Tatsachen nach zu urteilen war also ein Mann erschlagen worden, weil er sich an einer Rose zu schaffen gemacht hatte. Walter musste zugeben, dass hier noch eine Reihe offener Fragen zu beantworten war.
    Die Polizei hatte darauf gedrängt, Henry wegen Mordes zu verhaften; die Staatsanwaltschaft hatte das befürwortet. Um vierzehn Uhr war Henry vor einem Friedensrichter erschienen und trat im Gefängnis Brixton die Untersuchungshaft an. Sein Erscheinen vor Gericht blieb der Presse nicht verborgen.

    In den folgenden dreißig Tagen blieb Henry seinem eigenen Leben fern. Er nahm nicht an der Taufe von Ivy Elizabeth teil, der Enkeltochter seines Freundes Oliver, die in St. Mary’s Cadogan stattfand. Er saß nicht in der Albert Hall, um Jessye Norman singen zu hören, und als England im Kricket die Westindischen Inseln im zweiten Inning mit sensationellen einundsechzig Runs in Headingley abservierte, stand Henry nicht auf der Tribüne, sondern saß zweihundert Meilen entfernt in seiner Zelle.
    Ziemlich genau an dem von Walter vorhergesagten Tag entschied die Anklagevertretung, keine Anklage gegen Mr Henry Cage zu erheben. Er wurde umgehend entlassen und seine Unschuld für bewiesen erklärt.
    Die Entscheidung fand nicht überall einhelligen Beifall. Der
Guardian
hegte keinerlei Zweifel daran, dass das Ergebnis korrekt war, fand aber, dass die Anklagevertretung sich dem Verdacht aussetzte, mit zweierlei Maß zu messen. Die
Times
räumte zwar ein, dass das Plädoyer der Verteidigung auf Notwehr sehr abgewogen sei, sprach sich aber für mehr Konsistenz in der Rechtsprechung und für eine dringende Überprüfung der Rechtslage aus, die diesen Entscheidungen zugrunde lag.
    Der
Daily Mirror
war da nicht so gemäßigt: CAGE KOMMT FREI – FARMER VERROTTET IM KNAST!
    Bei dem fraglichen Farmer handelte es sich um einen gewissen Tony Martin. Ein paar Monate zuvor war er in einem umstrittenen Prozess des Mordes für schuldig befunden worden, obwohl auch er auf Notwehr plädiert hatte. Mr Martin war auf seinem entlegenen Bauernhof von zwei Eindringlingen gestört worden. Er hatte mit seiner Flinte in die Dunkelheit geschossen und die beiden jungen Männer getroffen. Einer von ihnen war an zwei Schüssen in den Rücken gestorben, der andere war ins Bein getroffen worden. Mr Martin, ein älterer, allein lebender Mann, hatte behauptet, sich bedroht gefühlt und geschossen zu haben, um die Eindringlinge zu vertreiben. Die Geschworenen, die die Tatsache zu berücksichtigen hatten, dass die jungen Männer getroffen wurden, als sievom Haus
wegrannten
, hatten Mr Martin für schuldig erklärt. Das Urteil war allgemein kritisiert, Berufung war bereits eingelegt worden. Ein Großteil der Medien und viele Anwälte gingen davon aus, dass das Urteil auf Totschlag reduziert werden würde.
    Henry hatte Walter gefragt, ob der Fall Martin womöglich Einfluss auf seinen eigenen Fall haben könnte. Walter war davon ausgegangen, dass dieser unerheblich sein würde.
    »Anklage wird nur dann erhoben, wenn die Anklagevertretung glaubt, genügend Beweise zu haben, um einen Schuldspruch zu erwirken – so einfach ist das. Es

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