Die spaete Ernte des Henry Cage
stimmt allerdings, dass mit dem Fall Martin das Thema Notwehr plötzlich zum Gegenstand öffentlichen Interesses geworden ist, und ich bin sicher, dass dein Fall von allen zerpflückt werden wird, bis hin zum Generalstaatsanwalt persönlich.«
Walter sollte recht behalten. Als die Akte beim Generalstaatsanwalt landete, war der Zusammenfassung der offiziellen Empfehlung bereits der informelle Kommentar eines Oberstaatsanwalts beigefügt:
Meiner Ansicht nach wird kein Schwurgericht Henry Cage aufgrund dieser Beweislage zu einer Gefängnisstrafe verurteilen. Jede Strafverfolgung dürfte auf unsicheren Füßen stehen; meiner Meinung nach müssen wir Mr Cage auf freien Fuß setzen.
Der Bericht der Gerichtsmedizin bestätigt, dass der Baseballschläger erst die Schulter des Opfers traf, bevorer gegen die Schläfe prallte. Dies steht im Einklang mit Mr Cages beharrlicher Aussage, er habe den Angriff abwehren, nicht den Angreifer töten wollen.
Sie werden anhand der Unterlagen erkennen, dass Detective Sergeant Cummings’ Bericht bestätigt, dass Bateman bereits ein sich über zehn Jahre erstreckendes Vorstrafenregister wegen Körperverletzung hat. Cummings befragte kürzlich die ehemalige Freundin von Bateman, Eileen Fisher, und laut ihrer Aussage war Bateman immer leicht reizbar und schlug sie häufig. Sie war Zeugin des Angriffs von Bateman auf Cage auf der Westminster Bridge in der Silvesternacht. Noch viel schlimmer aber ist ihre Behauptung, Bateman habe zugegeben, aus Rache einem Hund einen Nagel in den Kopf geschlagen zu haben (dies dürfte ihm bei den Geschworenen wahrhaftig keine Sympathien einbringen).
Wie Sie den Fußnoten entnehmen können, berichtet Cummings weiterhin, dass der Hundebesitzer versucht hat, Klage gegen Bateman einzureichen, doch zu jenem Zeitpunkt hatte Miss Fisher ihre Unterhaltung mit Bateman noch nicht geführt und ihm ein Alibi verschafft.
Mrs Connie Bateman, die Mutter des Opfers, und Miss Julia Hughes, die Tante des Opfers, haben ebenfalls Erklärungen zu Batemans Gewaltausbrüchen im häuslichen Bereich abgegeben.
Mr Dave Clarke von Apex Gerüstbau erklärt, Bateman habe ihn im Februar 2000 auf einer Baustelle mit einer kurzen Stange angegriffen. Es gab mehrereZeugen dieses Angriffs, doch Mr Clarke hat keine Klage eingereicht.
Wir wissen, dass alle drei Frauen und Mr Clarke eingewilligt haben, als Zeugen der Verteidigung auszusagen, falls Mr Cage angeklagt werden sollte.
Noch bedeutsamer scheint mir allerdings das Protokoll eines Gesprächs, das D. S. Cummings mit Mr Cage am 20. Juni 2000 führte, bei dem Mr Cage Bateman als den Mann identifizierte, der ihn zu Silvester auf der Westminster Bridge angegriffen hatte.
D. S. Cummings informierte Mr Cage über Batemans Vorstrafen. Die Verteidigung könnte diese Tatsache durchaus dazu verwenden, um darauf hinzuweisen, dass Mr Cage guten Grund hatte, in jener schicksalhaften Nacht zu glauben, ein bewaffneter Bateman sei zu ernster Gewalt bereit.
Bei demselben Gespräch hielt Cummings fest, dass Mr Cage angekündigt hatte, London zu verlassen und in die Nähe seiner Familie in Norfolk zu ziehen. Er hat sein Haus in London verkauft, ist also gewillt, sich der Gefahr zu entziehen, um ein friedlicheres Leben zu führen. Nicht gerade die Haltung eines Mannes, der auf Rache sinnt, höre ich bereits die Verteidigung sagen.
Es gilt für Sie, noch eine ganze Reihe von weiteren Punkten abzuwägen, doch bin ich nach der Durchsicht aller vorliegenden Ermittlungen der Ansicht, dass Mr Cage sich tatsächlich bedroht gefühlt hat und angemessene Schritte unternahm, um sich selbst zu verteidigen.
Tut mir leid, dass ich Ihnen diesen Kommentar nicht schon früher am Tag zukommen lassen konnte. Sie hatten doch heute Abend hoffentlich nichts vor, oder?
47.
Jack hatte den Kühlschrank befüllt und das Bett in Nessas Zimmer gemacht. Er war nicht sonderlich gut im Umgang mit Laken, und als er sich an der Tür umdrehte, hatte ihn das Bett an die Bücher erinnert, die er zu Weihnachten verpackte: an den langen Seiten glatt, aber an beiden Enden völlig verknüllt. Allerdings ging Jack nicht davon aus, dass Henry sich nach seinem jüngsten Schlafplatz sonderlich darüber aufregen würde.
Es war Toms Idee gewesen, dass Henry am Tag seiner Entlassung aus Brixton nach Florida fliegen sollte.
»Bleib ein paar Wochen«, hatte er gesagt, »bis sich die Lage hier beruhigt hat. Jack macht das Haus in Florida zurecht, und Jane und ich kümmern uns um den Umzug
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