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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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einer solchen Existenz auch nur nahe zu kommen, bedeutet zu wissen, was einem fehlt, was man braucht. Es bedeutet zu wissen, wo man danach suchen muss, nach dem Anschein von Vollständigkeit unter Fremden, ganz allein in der Dunkelheit.«
    Anaplian sah ihm in die wundervollen Augen und erkannte in ihnen – oder eher in seinem Gesicht, wenn man es kühl und analytisch betrachtete – die Andeutung eines echten Bedürfnisses, sogar so etwas wie tatsächliches Verlangen.
    Wie perfekt fehlerhaft menschlich musste ein Avatoid sein, um bei genauer Überprüfung durch eine äquiv-technische Zivilisation wie die Morthanveld als Mensch durchzugehen? Vielleicht kam es dem menschlichen Wesen nahe genug, alle Schwächen des Metamenschlichen zu haben, und den vollen Anteil an Bedürfnissen und Wünschen. Ob er nun ein komplexer Avatar war, von der Zellebene aufwärts konstruiert, der veränderte Klon eines Menschen oder etwas anderes: Quike schien ganz und gar Mann zu sein. Als Anaplian ihm in die Augen blickte und dort von Begehren geprägte Verzweiflung und nervöses, furchterfülltes Verlangen sah (mit einem Unterton von Verdrossenheit, die im Fall einer Zurückweisung
zu verletzter Verachtung werden konnte), erlebte sie nur das, was zahllose Generationen von Frauen durch die Zeitalter erlebt hatten. Oh, und das Lächeln, diese Augen, die Haut; die warme, sie umhüllende Stimme.
    Ein echtes Kultur-Mädchen hätte an dieser Stelle zweifellos ja gesagt.
    Anaplian seufzte bedauernd. Aber tief in meinem Innern, dachte sie, bin ich noch immer die Tochter meines Vaters und eine Sarl.
    »Vielleicht ein anderes Mal«, sagte sie.
     
    Sie machte sich mit einem Für-alle-Spezies-Kapseltaxi auf den Weg. In der feuchten, seltsam riechenden Luft saß sie da, schloss die Augen und verband sich über die neurale Borte mit den öffentlichen Informationssystemen des Großschiffs, um festzustellen, was sie während der nächsten Tage erwartete. Es war zu keinen Veränderungen bei den Zeitplänen gekommen – das Schiff flog noch immer zur Morthanveld-Nestwelt Syaung-un und würde sie in zweieinhalb Tagen erreichen.
    Sie dachte daran, in den Partnerschafts- und Kontaktforen für Humanoide nachzusehen (es gab über dreihunderttausend Humanoide an Bord, und darunter sollte sich doch irgendjemand finden lassen), aber sie fühlte noch immer eine seltsame Mischung aus Müdigkeit und der falschen Art von Unruhe.
    Anaplian kehrte in ihr Quartier zurück, lag dort still und mit geschlossenen Augen, konnte oder wollte aber nicht schlafen. Sie machte weiterhin von ihrer Borte Gebrauch, durchstreifte damit das Datenversum des Schiffes und fragte bei den Agenten nach, die sie im Datenversum der Kultur
zurückgelassen hatte – durch Übersetzung und Weiterleitung über große Entfernungen kam es zu Verzögerungen von fünf bis sechs Sekunden. Es erleichterte sie und enttäuschte sie gleichzeitig, dass es keine bekannten Aufzeichnungen von detaillierten, invasiven Beobachtungen von der Achten oder anderen Sursamen-Ebenen gab. Was auch immer dort geschah: Es geschah einmal und konnte dann nie wieder gesehen werden.
    Anaplian klickte sich aus dem Interface der Kultur. Ein letztes vagabundierendes Agentensystem wartete darauf, Bericht aus dem lokalen Datenversum zu erstatten. Es teilte ihr mit, dass ihr Bruder Ferbin gar nicht tot war, sondern lebte, an Bord eines Trampschiffs der Morthanveld weilte und die Nestwelt Syaung-un einen knappen Tag nach ihr erreichen würde.
    Ferbin! In der Dunkelheit des Quartiers waren Anaplians Augen plötzlich offen.

21
    Viele Welten
    E twas Seltsames war mit Choubris Holse geschehen: Er hatte Interesse an etwas entwickelt, das – wenn er die Sache richtig verstand – nicht sehr weit von Philosophie entfernt war. Angesichts der unverblümt zum Ausdruck gebrachten Meinungen, die Ferbin in dieser Hinsicht vertrat, lief es praktisch auf Verrat hinaus.
    Es hatte mit den Spielen begonnen, mit denen sie sich an Bord des Nariscene-Schiffes Deshalb Die Festung während des Flugs zur Nestwelt Syaung-un die Zeit vertrieben hatten. Die Spiele fanden in Schirmkugeln statt, die mit dem Schiff verbunden waren. Diese Schiffe, so wusste Holse inzwischen, waren nicht nur einfach Schiffe, das heißt leere Behälter, die man mit Dingen füllte. Sie waren vielmehr eigene Wesen, so wie man einen Mersicor oder Lyge als Wesen bezeichnen konnte, und vielleicht noch mehr.

    Es gab noch andere, realistischere Kurzweil, Spiele, bei denen man völlig

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