Die Spiele des Computer-Killers
konnte Warren natürlich anfangen, was er wollte.
»Und du hast mich in Las Vegas gewonnen? Was hast du denn da gemacht?«
»Gespielt.«
»Ist das die Möglichkeit. Roulette?«
Er sah mich an. Überleg noch mal.
»Computerspiele?«
»Richtig.«
»Urlaub?«
Er schüttelte den Kopf. Also Arbeit. So, so.
»Sicherheit.«
»Was auch sonst«, sagte ich, mehr zu mir selbst als zu ihm.
Ich trug zwei Becher Kaffee ins vordere Zimmer und suchte einen Platz, wo ich sie abstellen konnte. Warren konnte nicht stillsitzen. Erwanderte immer wieder umher, nahm Sachen in die Hand, legte sie hin und nahm sie wieder auf.
»Du wohnst also mit diesem Typen zusammen?«
»Was geht dich das an?« Ich räumte ein paar Zeitungen vom hölzernen Couchtisch und vergaß nicht, Untersetzer zu benutzen. »Richard ist mein Vermieter. Hier, und mach keine Schrammen an die Möbel.«
Er nahm den Kaffee und schaute aus dem Fenster über den Park. Er nahm außerdem persönliche Einzelheiten zur Kenntnis.
»Nett«, sagte er. »Dann hast du die Wohnung also zurückgegeben?«
»Ja. Der nächste auf der Warteliste hat sie gekriegt. Wieso — brauchst du sie?«
Ich wußte, daß er sie nicht brauchte. Wieso sollte einer in einer Calvin-Klein-Weste mit schickem Messerhaarschnitt aus Las Vegas herüberfliegen, um die Schlüssel zu einer billigen Genossenschaftswohnung in Bow abzuholen?
»Nein«, sagte er und drehte sich zu mir um.
Ich setzte mich auch nicht. »Wieso bist du zurückgekommen, Warren?« fragte ich.
Er schaute wieder aus dem Fenster. »Sagte ich doch. Um dir das Programm zu zeigen.«
»Extra aus Las Vegas?«
»So weit ist es auch wieder nicht.«
»So billig aber auch nicht. Du hättest es mit der Post schicken können.«
Warren stellte seinen Kaffeebecher behutsam auf den Untersetzer. Dann schaute er wieder aus dem Fenster. »Hat dein Typ dir das verpaßt?«
Meine Hand fuhr abwehrend an meinen Hals. Er kehrte dem Fenster den Rücken zu und nahm seine Kappe ab. Sein Schädel wimmelte von kurzen Korkenzieherlöckchen; er fuhr mit der Hand darin hin und her. Als ich nicht antwortete, tat er es für mich.
»Du hast recht. Es geht mich nichts an.«
»Genau.«
»Und, trinkst du noch?« fragte er.
»Ich trinke noch, Warren. Und du, nörgelst du noch?«
Ich suchte nach einer Schachtel Zigaretten, die ich hier liegengelassen zu haben glaubte. Ich entdeckte sie auf der Kommode und winkte ihm, und Warren brachte sie mir mitsamt Aschenbecher und Streichhölzer zu meinem Sessel. Ich nickte, schüttelte eine heraus und zündete sie mir an.
»Bumst du immer noch rum?« fragte er.
Ich blickte auf und nahm die Zigarette aus dem Mund. »Du Mistkerl.«
»Entschuldige, ich sollte nicht...«
»Und wenn schon? Und du bist immer noch Hacker? Du klaust immer noch? Verkaufst immer noch deine Freunde?«
»Ich hab’ dich nie verkauft.«
»Hast du wohl, verdammt.«
»Ich hab’ gut auf dich aufgepaßt.«
»Ja, klar.«
»Du hast nie irgend was begriffen, Mädchen.«
»Wieso hast du mir das Programm gebracht, Warren?«
»Sag’ ich doch — ich hab’s gewonnen. In Vegas. Dachte mir, du wüßtest es vielleicht gern.«
»Wieso hast du es nicht einfach behalten? Dich dran aufgegeilt?«
»Solche Scheiße geilt mich nicht auf.«
»Sag’s bloß nicht: Dir liegt was an mir.«
»Okay, ich sag’s nicht: Du bist mir egal.«
Er ließ sich auf Richards großes Sofa fallen. Ich rauchte. Er schmollte. Derselbe alte Warren, aber jetzt, da er einmal hier war und wir unsere Bissigkeiten ausgetauscht hatten, war es gar nicht so schlecht. Ich mußte aufpassen. Es wäre ein leichtes gewesen, alles an ihm auszulassen. Ich sollte freundlicher sein. Schließlich war er den weiten Weg aus Las Vegas hierher gekommen, um mir ein Geschenk zu bringen. Manche Frauen bekommen eigens für sie angefertigte Seidenunterwäsche. Ich bekomme eigens für mich angefertigte Pornos.
»Liebst du mich immer noch, Warren?« fragte ich.
Er warf sich zurück, tief ins Sofapolster, und verschränkte die Arme fest vor der Brust.
»Nee«, sagte er. »Ich hab inzwischen mehr Verstand, verdammt.«
Zwischen meiner Post im Flur war ein gepolsterter Umschlag. Richard hatte alles aufgesammelt und in den Drahtkorb gelegt, den ich neben die Tür gestellt hatte. Ich erkannte die Handschrift nicht, aber ich konnte mir denken, von wem er kommen würde. Es war eine Diskette darin, aber keine Mitteilung. Ich sah die restliche Post durch, suchte drei Umschläge heraus, die aussahen, als
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