Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
vorne. Das würde sein Sohn nicht wagen! Seinen Herrn so offen anzugehen, konnte ihn seinen Kopf kosten! Hier und jetzt. Johann und Ida blieben gemeinsam stehen. Noch hielten sie einander vom Tanz bei den Händen, doch Johann ließ sie nun los. Er sah Walram in die Augen. Er merkte, wie sich die Muskeln des anderen anspannten, sah sich um und sah, dass die anwesenden Männer alle zuschauten, was passierte. Sie standen auf Johanns Seite. Nein, Walram hatte keine Chance ihm etwas zu tun. Nicht hier, nicht jetzt. Dann drehte Walram seine Klinge in der rechten Hand, legte die Spitze auf die linke und streckte die Waffe vor sich aus. Er kniete sich vor Johann hin.
„ Herr Dietrich, vergebt einem jungen Hitzkopf. Ich habe euch und eurer zukünftigen Frau Unehre angetan und entschuldige mich als euer demütiger Diener für meine Worte am frühen Abend.“, sagte Walram und senkte den Blick.
Damit hatte Johann nicht gerechnet. Etwa sagte ihm, dass Walram nicht eines seiner Worte so meinte, wie er sie sagte, aber welche Wahl hatte er schon? Auch der echte Herr Dietrich hätte an seinem ersten Tag in seiner neuen Vogtei wohl kaum eine Wahl gehabt, als Walram nun zu verzeihen. Er sah zu Ida. Er sah zu Gottfried. Er sah in die Gesichter der anderen Burgbewohner, seiner Gäste. Alle sahen ihn an. Johann fragte sich, wie ein wahrer Adeliger in dieser Situation wohl gehandelt hätte.
„ Steht auf, Walram. Behaltet eure Waffe als mein Vorsteher der Wache. Ich vergebe euch eure Worte, wenn erst meine zukünftige Braut euch die Beleidigung vergeben mag.“, sagte Johann und schenkte Ida einen fragenden Blick.
„ Auch ich trage euch nichts nach, Herr Walram.“, sagte Ida.
Walram kochte innerlich. Nichts hätte er lieber getan, als diesen Mann vor ihm mit dem Schwert niederzustrecken. Aber Walram war zwar unbeherrscht, jedoch nicht dumm. Seine Rechnung ging auf. Dietrich entließ ihn nach der Vergebung. Walram dankte und lächelte. Diesmal war sein Lächeln ehrlich.
Die Gesellschaft wendete sich aufatmend wieder dem Tanzvergnügen zu. Die Musiker spielten auf und es fanden sich erneut Pärchen. Walram beobachtete sie.
Ja, tanzt nur!
Auch Ida und Dietrich gesellten sich wieder zu den Tanzenden. Aber diesmal schmerzte es Walram nicht, sie miteinander zu sehen.
Morgen um diese Zeit würden sie nicht mehr tanzen! Was immer dieser Dietrich auch im Schilde führte, Walram spürte, dass es nichts Gutes war. Kein adeliger Herr schlich nachts durch die Burg, um durch Maueröffnungen mit Gaunern außerhalb der Burg zu sprechen. Zwar hatte Walram nur einen Satz von Dietrich gehört, aber das hatte gereicht. Walram zählte eins und eins zusammen. Dieser Dietrich war nicht der, der er zu sein schien! Alles passte auf einmal zusammen. Die Schweigsamkeit dieses Mannes am Tage. Was hatte er schon von sich preisgegeben? Die Redseligkeit auf dieser Feier. Plötzlich konnte er, anders als sein Ruf es von ihm sagte, die schönsten Gedichte rezitieren. Walram musterte seinen Widersacher. Es war gesagt, dass Dietrich von Plettenberg ein Haudegen sein, aber Walram konnte sich nicht vorstellen, dass dieser da mit seinem schmalen Schultern auch nur in Rüstung kämpfen konnte. Wer auch immer dieser da war, Walram würde es herausfinden und mit seiner Entschuldigung hatte er einen ersten Schritt gemacht. War es ihm zu Beginn des Abends noch egal gewesen, in den Kerker geworfen zu werden, brauchte er nun auf jeden Fall seine Bewegungsfreiheit, um diesen Dietrich zu beobachten und ihm zu folgen. Walram grinste breit, als sein Vater zu ihm herüberkam und ihm ins Ohr flüsterte.
„ Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber du hast es gerade noch einmal geschafft. Aber ich rate dir inständig, versuche dein Glück und seine Geduld nicht wieder!“, sagte Gottfried und sah Walram streng an.
„ Nein, das werde ich nicht. Aber glaubt mir, Herr Gottfried, ihr werdet auf den Vorsteher der Wache wahrlich stolz sein, noch ehe der nächste Tag vorüber ist.“, antwortete Walram und das breite Grinsen kehrte auf sein Gesicht zurück.
Johann war unruhig. Die Gedanken an den Abend marterten sein Hirn. An Schlaf war nicht zu denken. Er ging in seiner Kammer auf und ab, legte sich für Minuten hin, um dann wieder auf und ab zu gehen.
Ordne deine Gedanken. Schritt für Schritt.
Johann blieb stehen. Er dachte an Ida. Seltsamerweise war dies sein erster Gedanke in all dem Schlamassel, in dem er sich befand. Idas Gesichtszüge gingen ihm nicht aus dem
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