Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
die Hände. Es war kalt und Heinrich fühlte die Kälte sofort in seine Knochen steigen, sobald er den Radius des Lagerfeuers verließ.
„ Nun, Bettler, wie geht es weiter?“, fragte der Schwarze.
„ Ich erwarte den falschen Dietrich an der Mauer zu sechsten Stunde. Mal sehen, was er uns beschert.“, antwortete Heinrich und versuchte zu lächeln. Der Schwarze sah auf.
„ Ich hoffe, für dich Bettler, dass es reicht. Und versuche keine Tricks. Gabriel bleibt dir auf den Fersen.“
Heinrich drehte sich um zu gehen.
„ Ach, da fällt mir etwas ein.“, sagte er möglichst unschuldig. In der Tat hatte er den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht, wie er dem Schwarzen den Ring des wahren Plettenbergers abluchsen konnte. „Der Siegelring des Plettenbergers. Ihr habt ihn?“
„ Wir haben ihn, natürlich. Ein schönes Kleinod.“, sagte der schwarze und sah grinsend seine Männer an. „Dieser Dietrich hatte den Ring wohl schon recht lange an seinem Finger. Wir haben ihn nicht abgezogen bekommen von seinen wurstigen Fingern.“
Heinrich sah ihn an. Dann verzog er angewidert sein
Gesicht.
„ Schnipp.“, sagte der Schwarze nur. Seine Männer lachten. Der Schwarze reichte Heinrich den Ring. „Zieh ihn nicht zu fest auf, Bettler.“
Heinrich nahm den Ring. Auf dem Siegel konnte er zwei eingravierte Türme erkennen. Für seine Finger war das Schmuckstück ein wenig zu groß. Heinrich konnte ihn leicht auf- und wieder abziehen.
Doch Heinrich behielt den Ring und drehte ihn um seinen Finger. Das Siegel zeigte nun zu seiner Handfläche. Von der Handrückseite aus war lediglich noch der schmale, goldene Fingerreifen zu sehen war.
Heinrich brach auf. Diesmal machte sich Gabriel keine Mühe, ihm unbemerkt zu folgen. Gemeinsam gingen die Männer bis zum Waldrand, an dem sie sich in der Nacht zuvor getroffen hatten.
Heinrich setzte sich auf den feuchten Waldboden, Gabriel auf einen umgefallenen Stamm dicht bei ihm. Hier warteten sie schweigend auf die Dunkelheit.
Gottfried sah Johann an.
„ Ich freue mich, endlich einen Gegner gefunden zu haben.“, sagte er und breitete die mit schwarzen Quadraten bemalte Holzplatte vor sich auf dem Tisch aus. Johann atmete auf. Als Gottfried mit dem kunstvoll verzierten Spielfeld ankam, fürchtete er schon, Gottfried könnte ihn zu einem Spiel der Könige, zu einer Partie Schach einladen. Aber Gottfried sehnte sich nach leichterer Unterhaltung und so schlug er das Damespiel vor. Anders als bei dem Spiel der Adeligen, kannte Johann die Regeln bei diesem Spiel gut. Sie legten die Spielsteine auf die schwarzen Felder und begannen, die Steine zu verschieben. Einer nach dem anderen. Erst schnell, dann langsamer und überlegter als die Steine sich schon dicht gegenüber standen.
„ Ihr habt uns noch nichts vor eurer Heimat erzählt, Herr Dietrich.“, stellte Gottfried fest.
„ Ja, erzählt uns von eurer Burg.“, sagte Albert erfreut und sprang auf, ließ seine geschnitzten Spielzeuge auf dem Boden zurück. Er kam zum Tisch hinüber, wo er sich neugierig neben Johann auf die Bank setzte. Wie jedes Kind freute er sich über jede neue Idee. Auch Ida schaute von ihrer Handarbeit auf. Seit sie vor Jahren auf der Isenburg angekommen war, hatte sie diese nur zum Markt nach Essen und zu den jährlich in Werden stattfindenden Prozessionen zu Himmelfahrt verlassen. Zwei Reisen im Jahr reichten nicht, um ihren Wissensdurst über die Welt zu befriedigen. So war die Erzählung von fernen Orten immer auch eine eigene Reise, wenn auch nur im Kopf.
Johann zögerte einen Moment. Wollte der alte Mann ihn auf die Probe stellen? Hatte es doch etwas mit dem Gespräch des Vogtes mit Walram zu tun? Johann verwarf seinen Argwohn. Welchen Grund sollte Gottfried haben, ihn zu hinterfragen? Er zog wieder einen Stein und Gottfrieds Augenbrauen zuckten hoch.
„ Ihr seid unaufmerksam, junger Herr.“, sagte er und nahm einen seiner Steine zwischen Zeige-, Mittelfinger und Daumen. Dreimal klopfte es auf dem Holzbrett als Gottfried drei Steine Johanns mit seinem Spielstein übersprang und Johanns anschließend aus dem Spiel nahm.
„ So schnell kann man viel verlieren.“, sagte er und lächelte Johann an.
Johann erwiderte den Blick.
„ Ja, wie Recht ihr habt.“, sagte er und nahm seinerseits einen seiner Steine. Wieder klopfte es dreimal auf dem Spielfeld, Holz an Holz, als Johann drei Steine Gottfrieds übersprang und ebenfalls aus dem Spiel nahm. Das Feld lichtete sich, aber
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