Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
es wurde dadurch nicht einfacher.
„ Aber ihr wolltet etwas über meine Heimat wissen.“
Johann hatte geahnt, dass dieser Moment kommen würde. Er hatte sich seine Geschichte zusammengelegt. Mit seinen Erinnerungen von Plettenberg und mit seiner Fantasie sollte es ihm gelingen, die anderen mit auf die Wortreise zu nehmen. Und Johann begann. Er erzählte von den dichten Wäldern seiner Grafschaft, er sprach von den vier Tälern und dem kleinen Flüsschen, der Oester. Johann schwärmte vom Ausblick von seiner Heimatburg, die wie die Isenburg zwei Türme besaß, er schwärmte von der neuen Kirche in der Dorfmitte, die Christus gewidmet war. Dann erzählte Johann von den Menschen, die er vermisste. Dies war für Johann wohl der einfachste Teil. Er erinnerte sich an die Gesichter der Menschen auf der Raffenburg und konnte so jeden einzelnen mit Namen und mit seinen Eigenschaften beschreiben.
Albert hing an Johanns Lippen. Jedes Wort Johanns war für ihn ein Abenteuer. Auch Ida geriet ins Schwärmen. Sie stellte sich alles vor. Natürlich gab es in ihren Gedanken keinen Platz für Regen und Kälte, für Not und Hunger, für vertrocknete Ernten oder Krankheiten. Sie fand, dass Dietrich seine Heimat so wundervoll und farbenprächtig beschrieb, dass sie am liebsten gleich aufgebrochen wäre, sich alles selbst anzusehen.
Dietrich tut gut daran, mir diese Welt so schmackhaft zu machen. Schließlich werden wir eines Tages dort leben, wenn ich seine Frau bin und er sein Erbe antritt.
Auch Gottfried lauschte neugierig. Walram hatte in ihm tiefes Misstrauen gegenüber diesem Dietrich geweckt. Aber seine Erzählungen waren wirklich gut. Für Momente nahmen sie auch den alten Vogt in ihren Bann, der im Laufe seine Lebens schon vieles gesehen hatte, aber kaum jemals so schöne Worte für die Heimat eines Mannes vernommen hatte. Dennoch blieb sein Ärger über die Worte Walrams und tiefe Traurigkeit. So harmonisch hier auch alles schien, wenn der Märker erst einmal hier war, war es mit dem Frieden vorbei. Gottfried wusste nur zu gut, dass die Anklage durch den Landesfürsten, noch dazu persönlich von diesem vorgetragen, nichts Gutes für Dietrich bedeuten würde. Eher kam das Erscheinen Eberhards einer Vorverurteilung gleich. Üblicherweise hätte er den Herrn Dietrich sonst auf den Stammsitz derer von Mark beordert und ihn dort unter Anklage gestellt. Sollte er Dietrich die Ankunft des Märkers mitteilen? Er entschied sich dagegen und machte wieder einen Spielzug.
Johann lächelte breit. Gottfried wurde bewusst, dass der andere seine Erzählung bereits aufgehört hatte und nun seine Chance sah. Gottfrieds Zug war aber auch zu dumm gewesen.
Wieder klopfte Holz auf Holz, als Johann die letzten zwei Steine Gottfrieds übersprang.
In diesem Moment öffnete sich die Türe und Walram trat hinein. Er war völlig durchnässt. Er zog seine Haube vom Kopf und wrang sie an der Türschwelle aus. Tropfnass durchquerte Walram den Raum zum Kamin und sah die beiden Spieler an. Er grinste feist.
„ Herr Dietrich, ihr steckt voller ungeahnter Talente.“
Er hatte den Kamin erreicht und nahm mit einer Kelle einen Schluck von dem heißen Wein, der in einem Kessel vor dem Kamin warm gehalten wurde.
„ Unseren Vogt Gottfried im Spiel zu schlagen, bedarf einiger Raffinesse! Seht euch vor, er wird euch Revanche anbieten. Und wer weiß, ob er eure Tricks nicht längst durchschaut hat.“, sagte Walram.
Johann sah den Mann an. Hatte er dort nicht einen leicht spöttelnden Unterton gehört? Johann wurde aus diesem Mann nicht schlau, aber er hielt ihn für sehr gefährlich. Gefährlich für ihn!
„ Nun, ich bedauere es, Herr Walram. Es scheint, als wäret ihr trotz des nassen Wetters zu beschäftigt, als dass ihr ein Spiel mit mir wagen könntet. Schade, dass euch Aufgaben im Hof erwarten. Ich bin mir sicher, dass ihr besonders bei diesem Wetter als Vorsteher der Wache, darauf achten müsst, wer sich der Burg nähert. Die Sicht liegt bei kaum zweihundert Schritten, nicht wahr.“, sagte er und schickte Walram so wieder nach draußen.
Walram nahm noch einen Schluck von dem heißen Getränk.
„ In der Tat, wir passen auf, wer sich der Burg nähert. Auf dass uns niemand unserem Blick entgeht. Aber ich bin mir sicher, dass wir noch unsere Chance bekommen, uns zu messen. In diesem Spiel, meine ich natürlich.“, sagte Walram und zog die Nasse Lederhaube wieder über den Kopf. „Vogt Gottfried, wie wir es besprochen haben, habe ich eure
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