Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
hatte.
Der Aufstieg war beschwerlicher als am Vortrag. Der Regen des Tages hatte den Boden aufgeweicht und Heinrich rutschte mehrere Male von der eben erklommenen Stelle wieder einige Schritte zurück. Jedes Mal musste er sich einen anderen Aufstiegsweg suchen, aber es gab keinen Halt für seine Hände, an dem er sich nach oben ziehen oder festhalten konnte. Innerlich fluchte er. Die Gefahr entdeckt zu werden, war trotz der Dunkelheit nicht gering. Langsam, Schritt für Schritt, suchte er seinen Weg, teils auf allen Vieren kriechend.
Endlich kam er oben an und schlich sich mit dem Rücken an der Mauer entlang. Nur die Vorburg war über den Steilhang zu erreichen.
Die Hauptburg lag geschützter, auf dem Kamm einer weiteren Steigung. Bis dorthin hätte Heinrich kaum bei Tage klettern können. Bei Nacht war es Selbstmord. Auf den vom Regen nassen Steinen würde er keinen Halt finden.
Aber Heinrich hatte sein Ziel erreicht. Er kauerte sich auf den Boden, ganz nah an die Mauer. Dann lauschte er in die Stille der Nacht, die ihre Stille verlor, je mehr Heinrich in sie hineinlauschte. Schließlich war er sich sicher, jedes Geräusch innerhalb der Burg hören zu können. Einmal glaubte er, Schritte zu hören. Er spannte jeden Muskel an, jedoch kam keine fragende Stimme von Innen zu ihm nach Außen. Er musste sich getäuscht haben.
In der Burg selbst war alles still. Zu dieser Zeit schliefen die Handwerker, Mägde und Knechte schon lange. Walram hatte nur drei Wächter außerhalb der Burg postiert. Die Männer hatten den Befehl, ihre Augen gut aufzuhalten. Niemand von ihnen sollte diese Nacht schlafen dürfen. Walram wusste, was er von den Männern verlangen konnte. Er hatte es auf die ominöse Person abgesehen, mit der Dietrich letzte Nacht gesprochen hatte. Er war sich sicher, dass diese Person die Strapazen des Aufstiegs über den Steilhang auf sich nehmen würde. Sollte sich ein Fremder von vorne an die Burg heranwagen, müsste er die gesamte Freifläche vor der Burg überqueren. Viel zu gefährlich für jemanden, der nicht entdeckt werden wollte, entschied Walram. Dennoch wollte er keine Möglichkeit ausschließen. Auch wollte er gewarnt sein, wenn der Märker ankam. Aufzuwachen und den eigenen Landesfürsten vor dem geschlossenen Tor vorzufinden, war nicht seine Vorstellung von Wachsamkeit.
Auch Walram hatte sich inzwischen in seinem Versteck eingefunden und lauschte. Ida, Gottfried und Johann hatten sich vor Stunden von einander verabschiedet. Heute wollten alle früh ins Bett gehen und lieber am nächsten Morgen mit dem Hahnenschrei aufstehen. Morgen war Markttag. Morgen sollten alle gemeinsam die Burg verlassen. Walram wusste, dass der Bote Eberhards ausdrücklich untersagt hatte, dass Dietrich die Burg verließ und Walram war sich sicher, dieses Verbot auch im Namen Eberhards durchsetzen zu können. Allerdings sicherlich anders, als dieser es gemeint hatte. Es konnte bald soweit sein, dass Walram Dietrichs Geheimnis lüftete. Wieder überlegte Walram. Hatte Dietrich einen Mörder angeheuert? Bezahlte er Zeugen? Was heckte dieser Dietrich sonst aus? Walram fieberte dem Momente entgegen, aus seinem Versteck springen zu können, um Dietrich die Klinge an den Hals zu legen.
Eine Bewegung, und ihr werdet sterben. Ja, beweg dich ruhig, du Bastard!
Walram knirschte leicht mit den Zähnen. Er lauschte wieder. War Dietrich nicht längst überfällig? Walram spannte seine Muskeln. Er war überzeugt, dass sein Versteck gut war, jedoch ließ es ihm wenige Möglichkeiten, die Beine auszustrecken oder mal die Schulter zu bewegen. Mit gezogenem Schwert hockte Walram in dem schweren Eichenfass, dass er gegenüber der Maueröffnung, direkt neben dem Pferdestall hatte aufstellen lassen. Durch eine kleine Bohröffnung konnte er hinaus in die Dunkelheit des Burghofes spähen. Dann endlich sah er einen Schatten. Erst glaubte er, sich getäuscht zu haben, doch dann erkannte er seinen Herrn.
Johanns Herz klopfte in seinem Hals, es hämmerte, als suchte es einen Weg hinaus, als wollte sein Mut aus ihm hinaus fahren. Johann sah sich erneut um. Er peilte den nächsten Schatten an. Dort hinter dem Fass am Pferdestall wollte er sich ducken und die Mauern nach den Wachen absuchen. Wieder tippelte er ein paar Schritte. Er duckte sich hinter dem Fass.
In dem Fass hockte Walram und erstarrte. Wusste Dietrich, dass er hier drin war? Er hielt die Luft an. Für einen Moment fürchtete Walram selbst um sein Heil. Dietrich war aus
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