Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
schweißnass. Schwaches Licht drang durch die Abdichtungen der Fenster in seinen Raum. Er richtete sich auf und saß auf der Kante des Bettes.
Was für ein Traum!
Johann pustete die angehaltene Luft aus. Er atmete durch. Die Angst hatte ihn bis in den Schlaf und in seine Träume begleitet. Er sehnte sich nach einem Ende der Anspannung, wie er sie die letzten drei Tage erlebt hatte.
Er stand auf. Johann verspürte trotz der Anspannung großen Hunger. Während er sich zum Wohnraum in die untere Etage aufmachte, ließ er kurz die Nacht vor seinem geistigen Auge Revue passieren. Es war doch ganz gut gelaufen.
Sein Traum stimmte in einem. Er hatte das Heft in der Hand. Die Erscheinung würde heute Nacht vergeblich auf ihn
warten.
Im Wohnraum des Palas saß allein Ida. Johann freute sich.
„ Guten Morgen, Fräulein Ida.“, sagte er und verneigte sich kurz vor ihr. Er strahlte sie an. Sie strahlte zurück.
„ Auch euch einen guten Morgen, Herr Dietrich.“
„ Nun, wie es scheint, hat man die Vorsicht fallen lassen und gewährt uns einen Moment der Zweisamkeit.“, sagte Johann. Er lächelte immer noch und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, der dominierend in der Mitte des Raumes stand. Johann sah Ida an.
Wie schön sie ist. Kein Traum kann ihr gerecht werden.
Johann konnte nichts dagegen tun. Er grinst verlegen, als Ida seinen Blick bemerkte.
Er gesellte sich zu ihr und sie begannen schüchtern ein Gespräch.
„ Ihr habt ein Talent, mich mit euren Worten zu verzaubern, Herr Dietrich.“, sagte sie.
„ Es ist nur ein Gefühl der tiefen Zuneigung. Ich fühle, als ob ich in eurer Nähe platzen könnte vor Glück. Und mit jedem Wort, das ich spreche, schafft sich dieses Gefühl in mir nur den nötigen Raum, damit ich nicht zerberste.“
„ Nun, schafft euch noch weiteren Raum.“, forderte Ida Johann liebevoll auf.
„ Ida, was soll ich sagen?“
„ Ihr findet die Worte. Lasst mich einfach an eurer Welt teilhaben. Verratet mir ein Geheimnis.“
„ Wollt ihr mir auch eines dann verraten?“, fragte Johann.
„ Nun gut.“, versprach Ida.
„ Ich bin nicht der, der ich zu sein schein. Nicht der, der ihr glaubt, der ich bin.“, sagte Johann.
Ida lachte hell auf.
„ Nein, für wahr. Das weiß ich längst!“, sagte sie. Johann stutzte. Sollte sie alles wissen? Sollte sie einer der Mitwisser sein. Das war unmöglich! Aber gleichzeitig wünschte er sich nichts sehnlicher, als ihr die Wahrheit zu sagen.
„ Euer Ruf wird euch nicht gerecht. Und obwohl ihr mir da also kein Geheimnis verraten habt, will ich euch etwas sagen.“
Johann hob fragend die Brauen, als Ida aus sich heraus sprudelte.
„ Ich haderte schon mit Gott wegen unserer Hochzeit! Noch vor zwei Tagen wäre ich lieber gestorben als eure Gemahlin zu werden. Ein grobschlächtiger Mann solltet ihr sein, so sagte man. Mit wenig Sinn für alles Geistige. Dafür mehr der Sprache der Fäuste zugetan. Und nun sehe ich euch, Herr Dietrich, und ich sehe einen Mann, mit viel Gespür für die Raffinesse der Sprache. Ich sehe einen gütigen Mann, voller Verständnis für die Welt. Und ich meine dies im doppelten Sinne.“
Ida langte quer über den Tisch und ergriff Johanns Hände.
„ Nun danke ich Gott für einen solchen Mann. Und ich bitte euch, macht mein Glück perfekt. Hört meine Beichte und sagt mir dann, dass euer Herz immer noch vor Glück zerspringen mag.“
„ Was kann es sein, Ida, dass schwerer wiegt als mein Geheimnis?“
„ Herr Dietrich, ich bin auch anders als ihr es erwartet.“, sagte sie.
„ Seid ihr gar nicht das Fräulein Ida?“; fragte Johann und bekam für einen Moment so große Augen wie eine wiederkäuende Kuh. Sie lachte wieder. Dann rückte sie mit der Sprache raus.
„ Ich kann lesen, schreiben und rechnen!“, gestand Ida so wie andere ein Verbrechen gestehen.
Johann sah sie an. Er verstand Idas Angst, sich zu öffnen. Das Frauen sich den Geisteswissenschaften derart widmen konnten, hielten viele Männer für widernatürlich. Ein dummer Mann hätte Ida dafür im schlimmsten Fall nicht vor den Altar geführt. Aber Johann mochte kluge Frauen. Vielleicht war dies Teil der Faszination, die vom ersten Augenblick von Ida auf ihn ausgeübt wurde.
„ Ida, das ist gut so. Hätte der Herr nicht gewollt, dass auch die Frau lesen kann, dann könntet ihr es gar nicht erst. Aber wir mit vielem ist es doch so, dass der Herr uns vieles mitgegeben hat und es ist an uns, das Beste daraus zu machen. Vor Gott sind
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