Die Spionin im Kurbad
ich nötigenfalls selbst.«
» Ja, vermutlich. Ich stelle gerade fest, dass in Ihrer Familie die Damen gerne selbst das Heft in die Hand nehmen. Nun, dann machen Sie nur.«
» Sie sind mir nicht gram?«
» Nein, Liebste. Kein bisschen. Er hat Ihr Herz zwar einst gebrochen, aber seines scheint er auch an Sie verloren zu haben.«
Sie lächelte. Und sah so hübsch aus dabei. Ich musste zu ihr hin und mich an ihre Beine drücken.
» Sina, schon wieder eine heimliche Lauscherin?«
Heimlich, so’n Quatsch.
Tigerstroem kam zurück, im Gefolge eine junge Maid mit einem Tablett voller Gläser und einem Krug. Und ihr folgte Vincent. Seine Miene war ausdruckslos. Als das Mädchen verschwunden war, setzte er sich und nahm ein Glas in die Hand.
» Schlechte Nachrichten, Vincent?«
» Unangenehme.«
» Konnte sich der Konditor nicht erinnern?«
» Doch. Nur zu gut. Diese Art von Kästchen hat an besagtem Tag nur eine Dame gekauft – Bette Schönemann.«
» Die schwüle Königin des Kitsches!«, entfuhr es Altea.
» Die hat sich allerdings nach ihrem fulminanten Auftritt bei der Vernissage nicht mehr hier blicken lassen«, meinte Tigerstroem zweifelnd.
» Aber Sie haben sie mit Ihrer Photographie vermutlich tödlich beleidigt. Und Oppen ist in seinem Artikel auch nicht eben sanft mit ihr umgegangen.«
» Glauben Sie, dass sie deshalb zum Gift gegriffen hat? Mein Gott, ich bin bekannt dafür, entlarvende Aufnahmen zu machen, und Oppen hat schon mehr als einen mit seiner spitzen Feder karikiert. Wir haben Ärger mit der Zensur gehabt, aber umbringen wollte uns deshalb noch keiner.«
» Nun hat es aber jemand getan.«
Vincents Bemerkung war trocken wie Taubendreck auf einem Schieferdach.
» Bette Schönemann mag beleidigt gewesen sein, aber sie ist eine Dame.«
Altea schnaubte.
Ich knurrte.
» Sie glauben gar nicht, General, zu was Damen alles in der Lage sind. Dennoch – warum sollte sie Bisconti umbringen? Er hat doch keine Schmähartikel über sie geschrieben.«
» Möglicherweise haben wir es mit zwei Mördern zu tun?«, meinte Tigerstroem.
» Möglich.«
» Vincent, du hast dich mit Lord Jamie unterhalten. Gibt es daraus neue Erkenntnisse?«
» Ja, die gibt es. Er hatte sich ein wenig mit Bisconti angefreundet, wobei die Initiative von Lord Jamie ausging. Bisconti war nicht von der vertrauensvollen Sorte. Aber dieser junge Engländer hat eine überschäumende Art, der er sich wohl nicht entziehen konnte. Außerdem ist er recht trinkfest. So hat er Biscontis Zunge wohl einige Male gelöst.«
» Wir haben uns gefragt, wann der Mörder die Gift-Pastillen in das Döschen geschmuggelt haben könnte, Vincent. Es muss kurz vor seinem Tod gewesen sein.«
» Ich habe den Kurkommissar schon vorgestern gebeten herauszufinden, wo sich Bisconti am Vortag seines Todes aufgehalten hat. Der Mann ist zwar etwas träge im Geist, aber gründlich. Er hat Biscontis Tagesablauf gründlich dokumentiert und durch Zeugenaussagen belegt. Bisconti hat offenbar den ganz gewöhnlichen Tagesablauf eines Kurgastes eingehalten. Morgens das von seinem Arzt verschriebene Quantum Wasser der Römerquelle getrunken, sich zwei Stunden damit wandelnd im Park ergangen. Dann hat er ein frugales Frühstück in der Traube zu sich genommen und ist dann wieder zur Lahn hinuntergegangen. Dort hat Jamie am Vormittag eine seiner kuriosen Wetten angeboten, an der er sich als Zuschauer beteiligt hat. Danach haben die beiden zusammen zu Mittag gegessen, und Bisconti hat ihm von dem Glücksspiel und der Forderung von de Mort berichtet und den Lord gefragt, ob er ihm als Sekundant zur Verfügung stehen würde. Jamie erklärte sich bereit und suchte de Morts Sekundanten auf, einen Monsieur Legrand.«
» Was waren eigentlich Biscontis Beschwerden, die hier kuriert werden sollten?«
» Eine Fettleber!«
Vincent grinste.
» Und da hilft Wasser?«
» Mehr als Alkohol. Den hat er aber auch weiterhin getrunken. An jenem Mittag so reichlich, dass er sich anschließend in sein Zimmer zurückgezogen hat. Laut Wirt hat er es erst wieder zum abendlichen Wassertrinken verlassen, speiste dann allein in der Traube und traf sich anschließend wieder mit Lord Jamie im Haus Panorama. Hier besprachen sie das Duell und tranken einige Schoppen Wein. Bisconti vertraute Jamie verschiedene Einzelheiten seines Lebens an.«
» Er scheint sehr gelassen mit der Forderung umgegangen zu sein.«
» Er nahm an, dass es ein gegenseitiges In-die-Luft-Schießen werden würde. De
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