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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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von Land’s End.
    Am Sonntagabend macht er große Wäsche.
    Wäscht die fünf Hemden und die zwei Hosen und hängt sie gleich auf, damit sie nicht knittern. Knotet die drei Krawatten, und schon ist er für die Arbeitswoche bereit, die damit beginnt, dass er kurz vor Hellwerden ins Wasser springt, bis sechs Uhrdreißig surft, am Strand duscht, in die Arbeitsklamotten steigt, die Krawatte um den Hals schlingt, sich ans Steuer setzt, eine alte Kassette der Challengers einschiebt und in sein Büro bei California Fire and Life fährt.
    Seit fast zwölf Jahren macht er das so, doch heute kommt es anders.
    Billys Anruf ist daran schuld, dass er heute direkt zum Brandort fährt – Bluffside Drive 37 –, nur ein Stück die Straße über Dana Strands entlang.
    Die Fahrt dauert vielleicht zehn Minuten. Er biegt in die kreisförmige Einfahrt ein – die Reifen im Kies machen ein schlürfendes Geräusch wie eine abfließende Welle –, und er ist noch nicht zum Stehen gekommen, da klopft Brian Bentley schon ans Fenster der Beifahrerseite.
    Brian Bentley, auch Unfall-Bentley genannt, ist der Brandermittler der Polizei. Ein weiteres Indiz für einen Todesfall. Sonst hätte Jack hier einen Mann von der Feuerwehr angetroffen und müsste nicht Bentleys feiste Visage ertragen.
    Oder sein schütteres rotes Haar, das mit den Jahren zu einem faden Orange verblasst ist.
    Jack beugt sich rüber, kurbelt die Scheibe runter.
    Bentley steckt seinen roten Kopf durch. »Das ging aber schnell, Jack. Machst du etwa Feuer und Leben?«
    »Ja.«
    »Na, fein«, sagt Bentley. »Doppelt beschissen.«
    Jack und Bentley können sich nicht ausstehen.
    Wenn Jack brennen würde, würde Bentley auf ihn pissen, aber vorher würde er Benzin saufen.
    »Eine Leiche im Schlafzimmer«, sagt Bentley. »Die mussten sie von den Sprungfedern kratzen.«
    »Die Ehefrau?«
    »Steht noch nicht fest«, sagt Bentley. »Aber weiblich und erwachsen.«
    »Pamela Vale, vierunddreißig«, sagt Jack. Goddamn Billy hat ihm die Daten durchgegeben.
    »Kommt mir bekannt vor, der Name«, sagt Bentley.
    »Rettet die Strände.«
    »Hä?«
    »Rettet die Strände«, wiederholt Jack. »Sie war in der Zeitung. Sie und ihr Mann sind große Spendensammler für Rettet die Strände.«
    Eine Bürgerinitiative, die dagegen kämpft, dass Great Sunsets Ltd. eine Siedlung auf Dana Strands hochzieht, dem letzten unberührten Landstrich der südkalifornischen Küste.
    Dana Strands, Jacks geliebtes Dana Strands, ein bisschen Freiland mit ein paar Bäumen hoch über dem Dana Strands Beach. Ein alter Campingplatz, den sich die Natur zurückgeholt hat, in die Breite und Höhe gewuchert und resistent gegen die Mächte des Fortschritts – bis jetzt jedenfalls, denkt Jack.
    »Was auch immer«, sagt Bentley.
    »Da gibt’s noch einen Mann und zwei Kinder.«
    »Nach denen suchen wir.«
    »Mist!«
    »Im Haus sind sie nicht«, sagt Bentley. »Ich meinte, wir suchen sie wegen der Benachrichtigung. Warum warst du so schnell?«
    »Billy hat es aus dem Polizeifunk und mir sofort, als ich reinkam, die Adresse gegeben.«
    »Die Herrschaften von der Versicherung«, sagt Bentley. »Können es nicht abwarten, ihre Spuren zu legen.«
    Jack hört Hundegekläff hinter dem Haus, was ihn stutzig macht.
    »Habt ihr die Brandursache?«, fragt er.
    Bentley schüttelt den Kopf und lacht, wie er immer lacht. Es klingt wie eine undichte Dampfheizung. »Da musst du erst mal ’nen Scheck rüberreichen, Jack.«
    »Was dagegen, wenn ich mich umsehe?«
    »Und ob ich das habe«, sagt Bentley. »Aber ich kann dich nicht hindern.«
    »Stimmt.«
    So steht es im Vertrag mit der Versicherung. Wenn ein Schaden auftritt, hat die zuständige Versicherung das Recht, den Schaden zu untersuchen.
    »Dann reiß dir mal schön den Arsch auf«, sagt Bentley. Er schiebt seinen Kopf noch weiter rein, um Jack in die Augen zu sehen. »Aber mach mir keinen Stress, verstanden? Ich gehe in zwei Wochen in Rente. Ich will Barsche angeln und keine Berichte schreiben. Wir haben hier eine Frau, die geraucht hat und ihren Wodka verschüttet hat. Dann hat sie die Zigarette fallen lassen und sich selbst gegrillt. Mehr ist da nicht.«
    »Du gehst in Rente, Bentley?«
    »Ich hab meine dreißig Jahre im Kasten.«
    »Dann wird’s ja Zeit, dass du’s offiziell machst.«
    Ein Grund – von vielen, vielen anderen –, warum Jack diesen Bentley nicht leiden kann, ist der, dass Bentley ein fauler Hund ist. Egal, was brennt, für Bentley ist es immer ein Unfall. Hätte

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