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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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späten Geburt. Wirtschaftswunder. Bildungsreform. Musik, Drogen, gut bezahlte Jobs, Überfluss in jeder Hinsicht. Wir haben es ordentlich krachen lassen. Ich jedenfalls. Drei Ehen. Alle Scheiße. Wir haben Kohle gescheffelt und gekokst wie die Weltmeister. Kurz darauf ist das ganze System abgerauscht. Hat aber nichts gemacht, war fällig. Dann bin ich rausgeflogen. Ich weiß nicht mehr warum. Dummheit, Gier, Alter, Inkompetenz, keine Ahnung. Irgendwann war ich alt, arbeitslos, geschieden. Dann in den Zwanzigern der endgültige Crash, als die Europäische Union so pleite war, dass nicht mal mehr der allerdämlichste Mongole bereit war, eine deutsche Staatsanleihe zu kaufen. Mit einem Mal war die Kohle weg. Was heißt weg? Auf jeden Fall war sie woanders. Renten? War auch alles weg. Arbeiten? Für wen und wofür? – Gottseidank brauchten ein paar spätgestörte Münsteraner finanztechnischen Rat und seitdem habt ihr mich am Hals.» Peter kichert heiser.
    «Genützt hat es uns nichts», ruft jemand von hinten.
    «Wem haben Banker überhaupt jemals etwas genützt, außer sich selbst. Ist doch egal. Und nun? Der Planet kurz vorm Burnout. Die Armen arm, die Reichen reich, die Perspektive düster.»
    «Für dich vielleicht. Ich finde es heute ganz gemütlich. Jedenfalls solange noch Bölkstoff da ist.»
    «Ja, ja, ist ja gut. Ihr habt schließlich damit angefangen. Na ja, in gewisser Weise bin ich wieder da, wo alles begonnen hat, nur achtzig Jahre später. Dazugelernt habe ich jedenfalls nichts.»
    «Wer hat das schon?», ruft Hanna. «Außer vielleicht in sexueller Hinsicht.»
    «Diesbezüglich habe ich allerdings jede Menge gelernt. Hat aber auch nichts gebracht. Unterm Strich war alles sinnlos. Ich habe mein ganzes Leben nichts Sinnvolles gemacht. Niente, rien, nada. Lebenssinn total im Soll und nicht refinanzierbar. Zeit, die Konten zu schließen.»
    Peter macht eine schaufelnde Bewegung.
    «Wo ist der Pferdedoktor?»
    Horst Gerlach war in der Tat für einige Zeit verschwunden, aber jetzt ist er wieder aufgetaucht. Er schiebt einen vergammelten Ständer vor sich her, unter dem Arm trägt er einen Karton.
    «Na, alles soweit besprochen?»
    «Alles im Lot, Horst. Lass jucken», lässt Peter sich vernehmen.
    «Na, dann wollen wir mal.» Horst packt zwei unterschiedlich große Beutel mit einer transparenten Flüssigkeit, einen Venenkatheder sowie einige Schläuche auf den Tisch.
    «Den Quatsch mit dem Desinfizieren lass ich mal weg. Um eine Wundinfektion brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen.»
    Horst rammt die Nadel des Venenkatheders in Peters mageren Arm, aber erst beim dritten Versuch hat er gefunden, was er gesucht hat. Er hängt die beiden Beutel an den Ständer und verbindet sie mit zweien der Schläuche, deren Kanülen er wiederum im Abzweig des Katheders versenkt.
    «So, alles klar. Willst du noch irgendetwas Gehaltvolles zum Besten geben. Noch einen kleinen Schwank aus deiner Jugend?»
    «Hatten wir schon. Gib Gas, ich hab noch einen langen Weg vor mir.» Er lehnt sich zurück und schließt die Augen.
    «Alles klar, du bist der Chef.» Horst öffnet die Klemme des ersten Schlauches. Einige Bläschen steigen behäbig hoch zum Beutel. Nach nicht einmal einer Minute sackt Peters Kopf zur Seite.
    «Ist er schon …?» fragt ein dicker schwitzender Typ in der ersten Reihe.
    «Nein, ist er nicht», murmelt Horst. Dann lauter: «Leute, hört mal. Ich habe hier noch ein bisschen zu tun. Was haltet ihr davon, wenn ihr schon mal zum Buffet schlendert und euch den Wanst vollschlagt. Das, was jetzt kommt, schafft Peter auch ohne euch.» Er wendet sich zu Carsten. «Du bleibst hier. Ich könnte noch ein wenig Hilfe brauchen.»
    «Hab ich noch Zeit für ein weiteres Kaltgetränk?»
    «Auch für zwei. Jetzt läuft das Propofol. In fünf Minuten kommt der zweite Akt: Meine berühmte Spezialkomposition dreier Muskelrelaxantien aus der Pferdechirurgie und das wars.» Dann, nach einer kurzen Pause: «Gepflegter Abgang. So plüschig hats nicht jeder. – Ich hätte an Peters Stelle allerdings nicht so lange gewartet.»
    «Was bleibt uns denn anderes? Als warten, meine ich?»
    «Werd nicht blöde. – Und bring mir eins mit, wenn du wiederkommst.»

iii Helmut K.
    Es rumpelt an der Tür. Carsten schlägt die Augen auf, zögert kurz und schließt sie wieder. Es rumpelt erneut. Diesmal entschiedener. Es ist früher Sonntagvormittag, es können also keine arbeitgeberähnlichen Personen sein, denkt Carsten. Er bringt sich mühsam

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