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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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nicht mehr an den heutigen Nachmittag denken, sondern sich jedes Mal vorstellen, wie sein Bruder von ihr Besitz ergriff.
    Verzückt stürzte Otto auf sie zu und griff nach ihrer Hand. »Meine Teure! Ihr macht mich überglücklich«, dröhnte er.
    »Es ist ja noch nicht sicher«, murmelte Hedwig.
    »Soll ich einen Medicus kommen lassen? Oder einen Harnbeschauer?«
    Matt lehnte Hedwig ab.
    »Bleibt hier, ruht Euch aus, ich lasse Euch etwas zu essen bringen«, meinte Otto großzügig.
    »Nur etwas weißes Brot«, stöhnte Hedwig, deren Magen schon bei dem Gedanken an Essen revoltierte, und schloss verzweifelt die Augen.

Das Zusammentreffen
    Noch während die Abendglocken läuteten, ließ sich Christian bei Markgraf Otto melden. Er verschloss seine Gesichtszüge und zwang sich, ruhig zu atmen, als er den Raum durchschritt, der Otto und Hedwig während ihres Aufenthaltes beim Hoftag als Quartier diente.
    Sein hünenhafter Widersacher war bereits da.
    Dank Markgraf Dietrichs Vorwarnung war Christian nicht überrascht. Er streifte Randolf nur mit einem kurzen Blick und sank dann mit regloser Miene vor seinem Lehnsherrn auf ein Knie.
    Die Zeit im Heiligen Land hatte Randolf äußerlich verändert. Sein Gesicht war sonnenverbrannt, was einen starken Kontrast zu dem weißblonden Haar bildete. Aber es trug immer noch den gleichen grausamen Zug wie früher.
    Durch die Strapazen der langen, mühsamen Reise oder vielleicht auch eine Krankheit hatte Randolf sichtlich an Gewicht verloren, dennoch wirkte er immer noch stark und bedrohlich.
    Aus den Augenwinkeln sah Christian für einen Moment etwas in Randolfs Gesicht aufflackern. Sofort beherrschte sich der Hüne wieder und blickte scheinbar gleichgültig geradeaus.
    »Erhebt Euch, Christian«, gebot Markgraf Otto.
    Christian gehorchte und wartete stumm.
    Vor seiner Abreise nach Goslar hatte er Pater Bartholomäus aufgesucht und gebeichtet, wie sehr ihn bei dem Gedanken an Randolf Hass, Zorn und Rachsucht beherrschten. Der Pater war hart mit ihm ins Gericht gegangen und hatte ihn aufgefordert, seine verderblichen Leidenschaften zu zügeln. »Rache gebührt Gott allein. Sei dankbar für die glücklichen Jahre, die dir und dem Dorf geschenkt wurden, mein Sohn. Wir hatten drei Jahre keine Missernten, keinen Krieg, niemand ist hungers gestorben. Nur wenigen ist so viel Gnade vergönnt«, hatte ihm der Pater unerbittlich vorgehalten. »Der Allmächtige schickt dir jetzt eine Prüfung, also tu dein Bestes, sie zu bestehen – für dich und die Menschen, die du zu schützen hast.«
    Doch wenn Christian sonst auch jeden Rat des Paters befolgte, von seinen Rachegedanken konnte er nicht ablassen. Er würde den Mann töten, der Marthe geschändet und damit vor ihm geprahlt hatte, der Tod und Verderben über sein Dorf gebracht hatte. Lieber heute als morgen.
    Otto ließ kein Unbehagen angesichts der Situation erkennen, doch Hedwig sah nicht nur besorgt aus, sondern totenbleich. Sie wandte den Blick nicht von Christian ab, als könnte sie ihn so beschwören, sich nicht von Randolf provozieren zu lassen.
    »Habt Ihr weitere Bergleute gewinnen können, in mein Land zu ziehen?«, wollte der Markgraf wissen.
    »Zehn Männer und ihre Familien sind bereit, darunter zwei erfahrene Schmelzer, mein Herr.«
    »Gut. Sehr gut.« Otto lehnte sich zufrieden in seinem Stuhl zurück, um sich gleich darauf wieder vorzubeugen.
    »Wir müssen Pläne machen, was den Erzabbau und das Dorf betrifft. Die Ausbeute steigt und muss gesichert werden. Es wird höchste Zeit, mit dem Bau einer Burg zu beginnen.«
    Otto winkte Randolf herbei, der eine ebenso undurchdringlicheMiene aufgesetzt hatte wie Christian und nun neben diesen trat. Nur mit größter Willenskraft hielt sich Christian davon ab, sein Schwert zu ziehen.
    Falls Otto etwas davon spürte, ließ er es sich nicht anmerken.
    »Ich weiß, es gab Streit zwischen Euch«, sagte er und hob den Arm, um jede Erwiderung zu verhindern. »Doch ich dulde keine blutigen Händel unter meinen Gefolgsleuten.«
    Mit hartem Blick wandte er sich an Christian. »Randolf hat sich schwer an Euch und Euren Leuten versündigt. Dafür hat er im Heiligen Land Buße geleistet und steht nun, von allen Sünden befreit, vor uns.«
    Mit dem gleichen strengen Blick wandte er sich dem weißblonden Hünen zu. »Randolf, Ihr werdet keine weiteren Feindseligkeiten gegen Christian begehen.«
    Der Zurückgekehrte neigte den Kopf und legte die Hand auf die Brust. »Ihr habt mein Wort, mein

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