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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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noch.«
    Fast erschrocken drehten sie sich in der Tür um.
    »Wäre es nicht der bessere Weg, stattdessen um das Stadtrecht für Christiansdorf nachzusuchen? In den letzten Jahren haben etliche Ortschaften im Umkreis das Stadtrecht verliehen bekommen: Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Altenburg … Es lebennun schon ein paar hundert Menschen hier, die dritte Kirche ist im Bau, bald bekommen wir sogar eine Burg. Als Stadtbürger hättet Ihr mehr Rechte gegenüber dem Burgvogt.«
    »Aber wir müssten Wachdienste übernehmen, eine Stadtmauer errichten, Schöppen wählen …«, wandte Josef zögernd ein.
    »Eine Menge Verantwortung und zusätzlicher Arbeit. Ich weiß nicht, ob wir uns das leisten können, wo wir doch gerade erst angefangen haben, unsere Geschäfte einzurichten.«
    Wieder wischte er sich den Schweiß von der Stirn. »Besser, wir versuchen es erst einmal so.«
    »Wie Ihr wollt«, verabschiedete Christian die Besucher.
    Dann drehte er sich um, tauschte einen grimmigen Blick mit Marthe, auf deren Gesicht er den gleichen Ausdruck von Abscheu über so viel Feigheit und Berechnung sah, der auch in ihm brodelte, und legte Jonas die Hand auf die Schulter.
    »Vielleicht ist es ganz gut so. Ich weiß nicht, ob ich Randolf gelassen genug gegenübertreten könnte«, meinte der Schmied schließlich. »Und er wird nie etwas anderes in mir sehen als den Mann, der auf seinen Befehl hin fast zu Tode geprügelt wurde.«
    »Nein«, widersprach Christian ruhig. »Du bist der Mann, der es gewagt hat, sich seiner Willkür zu widersetzen. Und sei dir sicher: Über kurz oder lang werden sich die anderen in der Not daran erinnern.«
     
    Am nächsten Tag kam Randolf mit einer großen Gefolgschaft ins Dorf: Bauleute, Ritter, Reisige und eine kostbar gekleidete junge Frau auf einem Schimmel an seiner Seite.
    Wie Pater Bartholomäus geraten hatte, erwartete Christian ihren Einzug ruhig an der Seite des Paters. Seinen Bewaffneten hatte er befohlen, sich abseits, aber in Bereitschaft zu halten.
    Randolf zügelte seinen Hengst in drei Längen Abstand vor Christian und grüßte betont höflich. Dann stellte er ihm denBaumeister vor, der ihn begleitete, und lud ihn ein, zu jener Stelle mitzukommen, die sie in den Planungen mit Markgraf Otto als bevorzugt für den Bau des Bergfrieds ausgewählt hatten. Es war ein kleines Felsplateau nordwestlich des Nicolai-Viertels, dessen hintere Seite von einem Bach umflossen wurde. Ohne Verzug bewegten sie sich dorthin.
    Marthe war wohlweislich im Haus geblieben und beobachtete das Geschehen mit klopfendem Herzen durch das Fenster.
    Zu ihrem Erstaunen sah sie, dass die fremde Frau auf ihr Anwesen zuhielt.
    Bemüht, sich von ihrer Überraschung nichts anmerken zu lassen, ging Marthe hinunter in die Halle, um Randolfs Gemahlin zu begrüßen.
    »Ihr seid die Dame Marthe, nicht wahr? Seid gegrüßt, meine Liebe, wir werden künftig Nachbarinnen sein«, begrüßte die hochgewachsene Schwarzhaarige sie mit strahlendem Lächeln und stellte sich als Richenza vor. Ihre Stimme erinnerte Marthe an ein Messer, das über einen Stein schabt.
    Sie sieht aus wie Oda, war ihr nächster Gedanke – jene Spionin, die Otto vor Jahren in ihren Bann gezogen hatte.
    Und sie spürte, dass sich hinter der freundlichen Fassade ihrer Besucherin Eiseskälte und Berechnung verbargen.
    Höflich bot sie ihrem Gast einen Platz an, schenkte Wein ein und schickte die Magd in die Küche nach einem kleinen Imbiss.
    »Bemüht Euch nicht«, meinte Richenza zuvorkommend. »Wir haben unterwegs Rast eingelegt. Ich wollte mich nur mit Euch bekannt machen und um gute Nachbarschaft bitten.«
    Sie beugte sich verschwörerisch vor. »Die Situation ist nicht leicht für unsere Männer. Aber es steht viel auf dem Spiel – ihr Seelenheil und die Gunst des Markgrafen. Wir Frauen sollten dafür sorgen, dass sich die Gemüter nicht erhitzen und allesfriedlich vonstatten geht. Ich weiß, dass Euer Mann in vielen Dingen auf Euch hört.«
    »Werdet Ihr denn den Euren im Zaum halten können?«, erkundigte sich Marthe im gleichen Tonfall.
    Richenza lächelte breit. »Ich tue mein Bestes.«
    Die Magd brachte Brot und Fleisch. Während Richenza mit zierlicher Geste nach einem Hähnchenschenkel griff, musterte Marthe ihren Gast unauffällig.
    Als sie erfahren hatte, dass Randolf noch vor seiner Sühnefahrt ins Heilige Land geheiratet hatte, empfand sie sofort Mitleid mit der unbekannten Braut. Sie selbst hatte die Rohheit des Hünen erleiden müssen. Und sie wusste

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