Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
auch, dass sich dessen erste Frau Luitgard nach nur wenigen Wochen Ehe den Meißner Burgberg hinabgestürzt hatte, um dem Grauen zu entgehen, das das Leben mit Randolf für sie bedeutete, obwohl ihr der Selbstmord ewige Verdammnis einbringen würde.
    Aber bald erfuhr sie von Raimund, dass zumindest den Erzählungen der Leute nach Randolf diesmal eine ihm ebenbürtige Gemahlin gefunden hatte, die mit unnachgiebiger Härte seine Güter verwaltete und jede noch so kleine Verfehlung strengstens bestrafte.
    Marthe wusste, dass viele Frauen, die in Gegenwart ihrer Ehemänner nur flüsterten und die Augen gesenkt hielten, energisch und mit größter Selbstverständlichkeit das Regime über Haus und Hof übernahmen, wenn die Männer auf einem Feldzug oder auf Reisen waren. Richenza jedoch schien sich auch von Randolfs furchterregender Präsenz nicht einschüchtern zu lassen.
    Marthe fragte sich mit einem Schaudern, wie die beiden wohl im Bett miteinander auskamen.
    Sie traute der Fremden ganz und gar nicht. Aber sie würde auf ihr Angebot eingehen. Vielleicht tat sich hier ein Weg auf.
    Lärm von draußen ließ die Frauen aufhorchen. Sie wechselten einen besorgten Blick. Dann standen beide gleichzeitig auf und liefen hinaus, um zu sehen, was vor sich ging.
    Der Anblick ließ Marthes Atem stocken. Christian hatte einen von Randolfs Männern überwältigt, hielt ihn mit der linken Hand an der Schulter gepackt, drückte ihm mit der rechten das Schwert in den Rücken und stieß ihn vor sich her. Ein ganzer Schwarm von Leuten lief ihnen nach: Schaulustige, aufgebrachte Dorfbewohner und grimmig blickende Reisige.
    Die beiden Frauen folgten den Menschen, die zu der Stelle hinliefen, wo Randolf stand und beobachtete, wie der Baumeister einen großen Kreis absteckte, den Umriss des künftigen Bergfrieds.
    Dort angelangt, stieß Christian seinen Gefangenen vor Randolf auf die Knie, während er ihn weiter an der Schulter gepackt hielt und die Schwertspitze nicht von seinem Rücken nahm.
    »Einer von deinen Gefolgsleuten«, sagte er verächtlich. »Er wollte sich an einem der Mädchen von den Scheidebänken vergreifen.«
    Randolfs Miene ließ nichts von seinen Gedanken erkennen. Marthe hielt den Atem an. Auch ohne hinzusehen, wusste sie, dass es Richenza ebenso erging.
    »Ist das wahr?«, fragte Randolf den Reisigen, der vor ihm kniete. Aus dem Kreis der Umstehenden zerrte ein älterer Mann ein verängstigtes Mädchen von kaum zwölf Jahren hervor, das krampfhaft den zerrissenen Ausschnitt seines Kleides zusammenhielt.
    »Es war ein Scherz! Ich konnte doch nicht ahnen, dass sie keinen Spaß versteht und gleich loskreischt«, beteuerte der Übeltäter hastig.
    »Steh auf«, forderte Randolf seinen Mann auf, der sich beeilte, dem Befehl nachzukommen, während Christian seinen eisernen Griff löste.
    Randolf ging drei Schritte auf den Ertappten zu und schickte ihn mit einem gewaltigen Fausthieb zu Boden.
    »Habe ich euch nicht befohlen, euch zu benehmen?«, brüllte der Hüne.
    Als sein Knecht nicht reagierte, trat er ihm heftig in die Rippen. Der Übeltäter spuckte Blut und einen Zahn aus und keuchte:
    »Ja, Herr.«
    »Steh auf, du Hundsfott«, brüllte Randolf. Kaum stand der andere, wurde er von neuem mit einem wuchtigen Hieb niedergestreckt.
    Leidenschaftslos betrachtete der künftige Burgvogt den Mann, der sich zu seinen Füßen krümmte. »Du leistest ab sofort Dienst in den Ställen.« Dann schrie er erneut: »Hoch mit dir! Und geh mir aus den Augen.«
    Mühsam stemmte sich der Geprügelte hoch. Niemand wagte es, ihm beim Aufstehen zu helfen. Er wollte sich abwenden und gehen, doch ein donnerndes »Halt!« ließ ihn zusammenzucken. Ängstlich drehte er sich zu seinem Dienstherrn um.
    »Deine Waffen«, forderte dieser und streckte die Hand aus.
    »Als Stallbursche brauchst du keine mehr.«
    Mit zittriger Bewegung händigte der Knecht den Dolch und das einfache Schwert aus und humpelte dann, so schnell er konnte, davon.
    Randolf warf dem schluchzenden Mädchen eine Münze zu.
    »Als Wiedergutmachung.«
    Ihr Vater griff nach dem Geld und verbeugte sich eilfertig.
    »Ich hoffe, damit ist der Gerechtigkeit Genüge getan«, sagte Randolf und blickte in die Runde. Dann sah er zu Christian.
    »So etwas wird nicht wieder vorkommen.«
     
    Marthe fand ihre Stieftöchter zutiefst verstört vor, als sie ins Haus zurückkehrte.
    »Ich habe Angst«, stieß Johanna hervor, die sonst kaum aus der Fassung zu bringen war. Sie zitterte vor

Weitere Kostenlose Bücher