Die Spur Des Feuers
von Ledbruk oder George.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie denkt im Moment an nichts anderes. Sie macht sich Sorgen um ihre Schwester.«
»Lassen Sie mich raten. Der Freund der Mutter hat Carmela vergewaltigt?«
Er nickte. »Und ihre Mutter wollte es ihr nicht glauben, als sie es ihr erzählt hat. Sie wollte ihre Beziehung zu dem Mann nicht durch eine so schreckliche Wahrheit gefährden. Zwei Tage später ist Carmela abgehauen, aber jetzt hat sie Angst um ihre kleine Schwester.«
Kerry drehte sich der Magen um. »Das Mädchen ist doch erst zwölf.«
»Und Carmela ist fünfzehn. Kein großer Unterschied.«
Kerry schüttelte den Kopf. »Aber die Augen vor der Wahrheit zu verschließen und die Not einer Tochter zu ignorieren, die vergewaltigt worden ist, sind zwei Paar Schuhe. Ich kann es einfach nicht fassen, dass sie nicht sofort gekommen ist, nachdem die Polizei sie darüber informiert hat, dass Carmela hier im Krankenhaus liegt.«
»Ja, das ist schlimm. Sie hat ihre Entscheidung getroffen. In ihren Augen hat Carmela versucht, ihre Beziehung zu Harvey zu zerstören. Wahrscheinlich hat sie sich ein komplettes Szenario zurechtgelegt, bis sie davon überzeugt war, dass es ihr ohne Carmela besser geht. Ich wette, sie betrachtet Carmela als Lügnerin und Bedrohung, als eine treulose Tochter, die es verdient hat, rausgeworfen zu werden.«
»Was für eine Mutter!«
Silver lächelte. »Nicht alle Frauen sind so mütterlich wie Sie, Kerry.«
»Dann sollten manche Frauen geteert und gefedert werden. Es wäre wirklich gerecht, ihnen –« Sie unterbrach sich. Es hatte keinen Zweck, sich in blinde Wut hineinzusteigern. »Wissen Sie, Kinder sind so verletzlich. Und sie sträuben sich dagegen, ihre Eltern als Abschaum zu betrachten. Ich wette, Carmela würde ihre Mutter jederzeit mit Zähnen und Klauen verteidigen.«
»Ja, sie ist sehr loyal.«
»Wir müssen Rosa da rausholen.«
»Ja.«
»Und wir werden für Carmela einen Ort finden, an dem sie sicher aufgehoben ist.«
»Ja.«
Kerry verzog das Gesicht. »Das hatten Sie ohnehin vor, stimmt’s?«
»Meinen Sie?«
»Ja, Sie fühlen sich ihr irgendwie … verbunden. Sie behaupten zwar immer, Sie würden sich auf niemanden einlassen, aber bei ihr ist Ihnen das nicht gelungen. Ich frage mich überhaupt, wie oft es Ihnen gelingt.«
»Ah, Sie haben mich durchschaut. Touché.«
»Sie machen Witze, aber ich meine es ernst.« Sie schaute ihm in die Augen. »Mir ist heute Nacht klar geworden, dass die Beziehung zwischen uns keine einseitige Angelegenheit ist. Das konnte auch nicht so bleiben, wo wir so miteinander verbunden sind, dass ich keinen Atemzug machen kann, ohne dass Sie davon wissen. Ich bezweifle, dass Sie mir je gestatten werden, ein kleines Stückchen weit in Ihre Psyche einzudringen, so wie Sie es versprochen haben, aber ich glaube inzwischen, dass das gar nicht notwendig sein wird.«
Sein Lächeln verschwand. »Nein?«
»Nein. Ich fange an, Ihre Beweggründe zu verstehen.«
Sie drückte auf den Knopf für den Aufzug. »Aber das ist nicht der richtige Augenblick, um das zu erörtern. Wir müssen uns um Carmela und ihre Schwester kümmern. Ich bin mir nicht mal sicher, ob Trask nicht noch einmal versuchen wird, sie zu töten, wenn er rausfindet, dass sie überlebt hat.«
»Ja, da bin ich mir auch nicht sicher. Ich habe Ledbruk angerufen und ihn gebeten, einen Wachmann vor ihrer Tür zu postieren. Er meinte, der Mann wäre schon unterwegs.« Er ließ ihr den Vortritt, als die Aufzugtüren sich öffneten. »Meinen Sie, das reicht?«
»Sie wollen wissen, ob Trask in der Nähe ist?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nicht in der Nähe. Ich weiß nicht, wie weit dieser psychische Radar reicht, aber im Krankenhaus ist er jedenfalls nicht.«
»Sie scheinen sich ja sehr sicher zu sein.« Er hob die Brauen.
»Kann es sein, dass Sie allmählich Selbstvertrauen entwickeln, was diese Sache angeht?«
»Wurde ja auch Zeit.« Sie lehnte sich erschöpft gegen die Wand, als der Aufzug sich nach unten in Bewegung setzte.
»Trask hat mich heute Nacht mit seinem Dreck völlig ausgelaugt. Ich musste irgendwie damit umzugehen lernen, sonst wäre ich durchgedreht. Ja, verdammt, ich habe mehr Selbstvertrauen gewonnen. Ich kann vielleicht nicht wie Sie in die Psyche anderer Leute eindringen, aber was Trask angeht, bin ich dabei, mich zu einer Expertin zu entwickeln.«
»Sehr gut. Das ist das Einzige, was von Bedeutung ist.« Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Aber
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