Die Spur Des Feuers
jetzt vergessen Sie ihn für eine Weile – wenn er Sie lässt.«
»Er lässt mich. Zumindest so lange, bis er erfährt, dass Carmela noch lebt. Es wird ihm nicht gefallen, in meinen Augen an Ansehen zu verlieren, wenn er nicht alles erfüllt, was er angekündigt hat. Bei Carmela hat er versagt.«
»Dann ist die Sache ja insgesamt betrachtet kein kompletter Fehlschlag für uns gewesen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, denn ich habe noch etwas rausgefunden, als ich durch die Jauchegrube gewatet bin, die er seine Psyche nennt.«
»Und was?«
»Der Mann, der die Anschläge für ihn vorbereitet, heißt Dickens.«
»Dickens«, wiederholte George. »Was für ein schöner, literarischer Name für so ein Stück Scheiße. Das ist doch eigentlich nicht fair, oder?«
»Ob fair oder nicht, interessiert mich einen Dreck«, erwiderte Kerry, während sie Sam die Leine abnahm.
»Ich möchte nur, dass Sie über den Mann alles in Erfahrung bringen, was Sie können. Was diese Helen angeht, haben Sie ja noch nicht allzu viel zutage gefördert.«
»Sie beschuldigen mich der Ineffizienz? Das trifft mich ins Mark. Aber ich werde Ihnen vergeben, da Sie zweifellos eine Menge durchgemacht haben. – Wie geht es übrigens der kleinen Carmela?«
»Sie schlief, als wir das Krankenhaus verlassen haben«, sagte Silver. »Ich bin sicher, dass es ihr bald wieder gut gehen wird.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr.« George wandte sich ab und bewegte sich in Richtung Bibliothek. »Ich werde die Information über Dickens sofort an Ledbruk weiterleiten. Sie haben wahrscheinlich nicht vor, mir zu verraten, wo Sie die Information herhaben, nehme ich an?«
»Nein.«
»Dachte ich’s mir. Ich werde Ledbruk sagen, die Information stamme von einem vertrauenswürdigen anonymen Informanten.
Es wird ihm nicht gefallen, aber an diesem Job gibt es sowieso kaum etwas, was ihm gefällt.« Er verschwand in der Bibliothek.
Kerry verzog das Gesicht. »Tja, der vertrauenswürdige anonyme Informant geht jetzt schlafen.« Sie schaute sich in der Diele um. »Wo ist Sam?«
»Er ist eben in die Küche gelaufen.« Silver lächelte.
»Ich denke, Sie können sich ruhig darauf verlassen, dass er sich um sich selbst kümmert.«
»Keine Frage.« Sie stieg langsam die Treppe hinauf. Gott, war sie müde! »Ich wollte mich nur vergewissern, dass er niemandem auf die Nerven geht.«
»Keine Sorge. Sam weiß, dass er hier zu Hause ist.«
»Ach ja?« Sie gähnte. »Ja, Sam fühlt sich überall wohl. Sagen Sie mir Bescheid, falls George irgendwas über diesen Dickens rausfindet?«
»Klar. Gute Nacht, Kerry.«
Sie schaute Silver an. Er wirkte erschöpft. Er hatte genauso viel durchgemacht wie sie, womöglich noch mehr. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Kraft es ihn gekostet hatte, Carmela zum Springen zu überreden. »Gehen Sie nicht ins Bett?«
»Doch, bald. Ich muss Gillen noch anrufen.«
»Hat das nicht Zeit bis morgen?«
»Hätte Carmela Zeit bis morgen gehabt?«
»Sie können nicht die ganze Welt retten, Silver.«
»Nein, aber einem oder zwei Menschen kann ich ein Pflaster auf ihre Wehwehchen kleben.« Er wandte sich ab. »Wir sehen uns morgen früh.«
Ein Pflaster.
Ein schiefes Bild. Es bestand kein Zweifel, dass er Carmela das Leben gerettet hatte. Und womöglich konnte er etwas für Gillens mentales Gleichgewicht tun, indem er ihn regelmäßig anrief. Sie hatte sich noch nie Gedanken über die große Verantwortung gemacht, die Silver jedes Mal übernahm, wenn er in jemandes Psyche eingriff, um etwas »in Ordnung zu bringen«. Es musste ein bisschen so sein, als würde man Gott spielen, ohne über das göttliche Sicherheitsnetz zu verfügen. Er war nur ein Mensch, der versuchte, mit einer Fähigkeit umzugehen, um die er nie gebeten hatte, die er im Grunde nicht einmal haben wollte.
Plötzlich war sie unglaublich traurig. Himmel, sie sollte aufhören, an ihn zu denken. Er beschäftigte sie viel zu sehr. Sie konnte sich nicht mit Mitgefühl für Silver belasten, wenn sie selbst so erschöpft war, dass sie kaum noch ihre Lebensgeister aktivieren konnte.
Ausruhen. Schlafen. Und um Gottes willen nicht von Silver träumen.
Spitze Zähne, die an ihr zerrten und sie zerrissen.
Schwindel erregende Finsternis.
Todesangst.
Silver. Sie musste Silver erreichen.
Kerry schlug die Decke zurück und stürzte auf den Flur.
Sie rannte zu Silvers Zimmer und riss seine Tür auf. Er saß vollständig angezogen auf der Bettkante und starrte auf das Telefon. »Silver, was
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