Die Spur Des Feuers
kannst die Hitze spüren.
Sie schaute zu den Flammen hinüber, die an der Brüstung züngelten.
Sie werden kommen.
Plötzlich fuhr ihr ein stechender Schmerz in den verbrannten Rücken.
Schmerz!
Es wird schlimmer, wenn du nicht springst.
Nein.
Sie schrie auf, als der Schmerz sie erneut durchzuckte.
Doch. Du brauchst Hilfe. Geh an den südlichen Rand des Daches.
Ich kann nicht … Sie schrie. Es tat so weh!
Dann kriech bis zur Brüstung. Sie werden sich um dich kümmern, sobald du unten auf der Straße bist.
Es tut zu weh.
Die Schmerzen werden aufhören, wenn du springst. Den Sprung werde ich nicht überleben. Du wirst sterben, wenn du auf dem Dach bleibst. Ich habe Angst. Ich hatte schon immer Höhenangst. Jetzt nicht mehr. Ich verspreche dir: Wenn du springst, wirst du keine Angst haben. Ich kann nicht … Dann wirst du sterben. Schmerz. Schmerz. Schmerz.
»In dem Gebäude ist niemand«, sagte Commander Jureski ungehalten. »Ich habe mit dem Eigentümer gesprochen. Das Lagerhaus steht leer.«
»In leeren Gebäuden verkriechen sich häufig Obdachlose oder Landstreicher«, sagte Kerry. »Das wissen Sie ebenso gut wie ich. Da drin ist eine Obdachlose. Ein junges Mädchen. Sie ist auf dem Dach.«
»Haben Sie sie gesehen?«
Mit einer Kopfbewegung zeigte sie auf Silver, der an den SUV
gelehnt stand. »Nein, aber mein Freund.«
Der Feuerwehrmann schaute zu Silver hinüber. »Der scheint ja wirklich sehr besorgt zu sein«, sagte er sarkastisch. »Er sieht aus, als versucht er gerade, eine komplizierte Rechenaufgabe zu lösen.«
»Er hat sie gesehen«, wiederholte Kerry. »Sie stand auf der Südseite an der Brüstung. Aber sie traut sich nicht, zu springen.
Sorgen Sie dafür, dass sie sicher da runterkommt.«
»Sie kommt da nicht sicher runter, egal was wir tun.«
Stirnrunzelnd betrachtete er das Dach. »Verdammt, sie muss durch diese Flammen, wenn sie springen will. So ein Feuer habe ich noch nie gesehen.«
»Es ist ihre einzige Chance«, sagte Kerry verzweifelt.
»Bereiten Sie das Sprungtuch vor. Bitte!«
Jureski zögerte. »Sind Sie ganz sicher, dass sie da oben ist?«
»Ja, ich bin ganz sicher.«
»Mist!« Er drehte sich um, nahm sein Handy heraus und ging auf den Feuerwehrwagen zu. »Wir bereiten das Sprungtuch vor und richten alle Wasserschläuche auf diesen Teil des Dachs. Ich hoffe bloß, dass Sie richtig liegen mit der Annahme, dass sie springen will. Das Dach bricht jeden Augenblick zusammen.«
»Sie wird springen.« Kerry betete, dass sie Recht hatte. Sie hatte getan, was sie konnte. Sie ging zum SUV zurück, aber sie würde nicht mit Silver sprechen. Er wirkte konzentriert, abwesend, und sie wollte ihn auf keinen Fall stören. Sie ging auf die andere Seite des Wagens und schaute zum Dach hinauf.
O Gott, Silver, hol sie da runter!
Geh näher an den Rand.
Es ist zu heiß. Schaudernd starrte Carmela auf die Flammen, die die Teerpappe zum Schmelzen brachten. Ich werde Feuer fangen. Ich sollte lieber warten, bis sie mich holen kommen.
Du kannst nicht warten. Du musst springen. Jetzt!
Plötzlich spritzte ein Wasserstrahl über den Dachrand.
Siehst du, die wissen, dass du da bist. Sie versuchen, dir das Springen leichter zu machen. Jetzt stell dich in den Wasserstrahl, bis du ganz nass bist. Dann fängst du nicht so leicht Feuer, wenn du springst.
Vorsichtig ging Carmela näher an den Rand, bis der Wasserstrahl sie voll erfasste. Als das Wasser ihren verbrannten Rücken traf, schrie sie auf und wich zurück. Schmerz.
£s wird noch viel mehr wehtun, wenn du nicht springst.
Vertrau mir. Und jetzt beweg dich. Hol tief Luft und spring über die Brüstung. Nicht nachdenken. Tu’s einfach.
Sie rührte sich nicht.
Los, spring!
Mit angehaltenem Atem starrte Kerry zum Dach hinauf.
Los, mach schon, Carmela!
Gott, was musste das Mädchen da oben für eine Angst haben!
Bei all dem Rauch konnte Carmela wahrscheinlich nicht einmal die Straße sehen. Sie würde durch Rauch und Feuer springen müssen, ohne zu wissen, was sie unten erwartete. Würde es Silver gelingen, sie zum Springen zu bewegen?
Mit einem dumpfen Dröhnen brach der nördliche Teil des Gebäudes zusammen.
O Gott, Carmela, spring!
Springt Sofort!
Nein.
Dir bleibt keine Zeit mehr. Du springst jetzt.
Den Teufel werd ich tun.
Du springst jetzt, verdammt!
Plötzlich lief Carmela auf die Brüstung zu. Gott, was machte sie da? Das war verrückt. Sie musste stehen bleiben. Aber sie konnte nicht stehen bleiben.
Spring
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