Die Spur des Spielers
Justus.
»Irene Hammontree, gebürtige Lansky.«
Die drei Detektive warfen einander irritierte Blicke zu. »Ha!«, rief Bradley triumphierend und schlug auf den Tisch, dass die Gläser klirrten. »Ich wusste, dass ihr davon keine Ahnung hattet! Sonst hättet ihr das Spiel nicht einfach so versteigert. Was für ein Glück, dass dieser Blake und ich überhaupt da waren! Sonst wäre es womöglich für zwanzig Dollar an irgendwen verkauft worden und nie wieder aufgetaucht. Ich war natürlich am Anfang stinkig, dass für mich bei siebentausend Dollar Schluss war. Ich bin sowieso schon höher gegangen, als ich eigentlich wollte. Aber dann dachte ich mir: Jetzt ist das Spiel wenigstens in guten Händen. Der alte Mann wusste sehr genau, wofür er da bietet.«
»Ah ...« Peter hob zaghaft den rechten Zeigefinger. »Bin ich der Einzige, der immer noch nicht begreift, worum es eigentlich geht?«
Bob und Justus schüttelten die Köpfe.
Bradley kniff die Augen zusammen und sah die drei Detektive nacheinander prüfend an. »Ihr habt wirklich keine Ahnung?«
»Eine Ahnung schon«, bekannte Justus. »Hat Irene Lansky zufällig etwas mit Gregor Lansky zu tun, dem ehemaligen Weltklasseschachspieler?«
»Bingo«, sagte Bradley. »Sie war seine Schwester.«
»Gregor Lansky war in den Siebzigern ein Star in der internationalen Schachszene«, sagte Justus. »Nach ihm wurde sogar ein Eröffnungszug benannt, mit dem er nahezu jede Partie begann: die Lansky-Eröffnung, Springer von bl nach c3, auch bekannt als Sleipner-Eröffnung. Ein ungewöhnlicher erster Zug und eine Art Markenzeichen von Lansky. Gregor Lansky wurde damals schon als zukünftiger Weltmeister gehandelt, bis er eines Tages spurlos verschwand. Und, ach ja, er hatte einen Knall.«
Bradley nickte. »Ihr wisst ja doch ein bisschen was!«
»Justus weiß was«, erklärte Peter großmütig. »Wir nicht.« »Lansky war ein Genie«, sagte Bradley. »Mit fünfzehn ist er schon Großmeister geworden. Aber er war ein bisschen gaga, wie viele berühmte Schachspieler. Zum Beispiel trug er ständig und überall ein Schachbrett mit sich herum. Damit übte er andauernd, spielte berühmte Partien nach und analysierte sie. Es war immer dasselbe Schachspiel und in Interviews meinte er immer, dass es ihm Glück brächte und dass er ohne dieses Spiel verloren wäre. Auf Pressefotos sieht man das Spiel ganz oft. Aber dann verschwand Lansky und mit ihm auch das Spiel.« »Was soll das heißen - er verschwand?«, hakte Bob nach.
»Er verschwand. War einfach weg. War ein großer Skandal damals und jahrelang gab’s die wildesten Gerüchte.«
Justus nickte. »Davon habe ich mal gelesen. Einige glaubten, Lansky habe sich freiwillig von allem zurückgezogen, weil er um seine geistige Gesundheit fürchtete. Viele Weltklasseschachspieler bekommen nämlich psychische Probleme, weil die intensive Beschäftigung mit dem Spiel so fordernd ist, dass ... nun ja ... ihnen einfach ein paar Sicherungen durchbrennen. Erst recht, wenn der Erfolg schon in so jungen Jahren kommt. Andere hatten wilde Verschwörungstheorien und glaubten, der russische Geheimdienst hätte Lansky verschwinden lassen, weil er den amtierenden russischen Weltmeister zu schlagen drohte.«
»Es gibt noch andere Geschichten, die mit dem Geheimdienst zu tun haben, aber ich glaube die alle nicht«, meinte Bradley. »So war das damals halt: Russen und Amerikaner lagen immer im Wettstreit, egal ob beim Sport, im Weltraum oder beim Schach - da waren Verschwörungstheorien nicht weit. Jedenfalls war Lansky verschwunden und das ist er bis heute. Alle paar Jahre behaupten irgendwelche Spinner, ihn gesehen zu haben, aber jedes Mal stimmt’s dann doch nicht. Wenn er noch leben sollte, wäre er heute ein alter Mann. Wie auch immer, von Lanskys Schwester Irene wissen natürlich nur Leute, die sich ein bisschen auskennen. Dass sie die letzten Jahre Irene Hammontree hieß, wissen noch weniger. Ich las also die Todesanzeige und fuhr sofort zu ihrem Haus, weil ich wissen wollte, was mit ihrem Nachlass passiert. Ich dachte, da könnten ein paar interessante
Dinge von ihrem Bruder dabei sein. Aber so eine komische Nachbarin erzählte mir, das Haus wäre schon leer und das ganze Zeug wäre bei einem Titus Jonas auf der Müllkippe gelandet. Da fuhr ich dann hin und kam gerade rechtzeitig zur Versteigerung.«
»Die gute Mrs Kretchmer ...«, murmelte Justus.
»Ich dachte, ich spinne, als da tatsächlich Lanskys berühmtes Schachspiel auf dem Tisch
Weitere Kostenlose Bücher