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Die Spur des Tieres

Die Spur des Tieres

Titel: Die Spur des Tieres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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morbid-verdorbene Ausstrahlung noch am ehesten. Vielleicht hätte es selbst einen Giganten der Vorzeit durch seine bloße Erscheinung das Fürchten gelehrt.
    Hier und jetzt schockte es zumindest jeden, der sein Antlitz schaute, bis ins Mark. Schleim überzog seine grüngraue Panzerhaut. Ein Überbleibsel des Gebärprozesses. Die Gliedmaßen wirkten übertrieben lang, dürr und sehnig, aber die Muskel- und Sehnenstränge betonten die darin schlummernde Gewaltbereitschaft, die sich jeden Moment in einer verheerenden Explosion entladen konnte.
    So zuckte und wand sich die Brut unter der rubinrot pulsierenden Klinge, die von oben - dort, wo eines Menschen Schlüsselbein zu finden war - in die mächtig gewölbte Brust gefahren war.
    Plötzlich schnellten zwei der Gliedmaßen mit ihren dornenspitzen Klauen empor und pickten wie die gebogenen Schnäbel von Raubvögeln nach Salvat.
    Beim ersten Versuch verfehlten sie noch. Aber ihre Länge im ausgestreckten Zustand war beängstigend.
    Das Rückgrat dieses abnormen Geschöpfes lief vom Hinterschädel bis zum Steiß nicht etwa innerhalb des Körpers, sondern fischgrätenartig, als wäre es aufgesetzt worden, außerhalb. Aus der Stirn des Scheusals sprossen zwei Hörner, mächtig wie die eines Ochsenbullen. Dazwischen glotzte zyklopenhaft ein Auge, das aussah, als wäre es in unzählige, wabenartige Segmente aufgespalten, aber doch völlig anders als das Facettenauge eines Insekts. Die einzelnen Segmente spiegelten in einem Moment das Geschehen in der Kirche wider -um im nächsten Spiegelungen zu zeigen, die nicht von dieser Welt stammen konnten.
    Die Schreie der Kreatur hallten erst Sekunden nach Salvats Schwerthieb durch die Kirche.
    Urschreie.
    Lilith richtete ihre erschrockenen Blicke hinauf zur kunstvoll bemalten Decke. Vielleicht täuschte sie sich, aber ihr war, als würden sich die eindimensionalen Darstellungen biblischer Themen von Gips und Stein wegbiegen und aufbäumen - wie Abziehbilder, die der Fläche, auf die sie gebannt worden waren, zu entkommen versuchten.
    Dumpfes Heulen und Brausen erfüllte das Kirchenschiff. Nicht mehr jenem Sog ähnlich, der Lilith kurzzeitig am Boden gehalten hatte, sondern ein Wind, der Schwefeldämpfe mit sich zu führen schien. Ein Sturm, der Salvat entgegenblies und die Umgebung nur streifte .
    Lilith rang nach Luft. Neben ihr keuchte Tobias: »Wir müssen verschwinden! Wir müssen hier raus - sofort!«
    Diesen Gedanken fand Lilith beinahe lächerlich in seiner Unbedarftheit. Niemand würde von hier entkommen können, solange das in Gang gesetzte Spektakel (das Ritual?) nicht ein blutiges Ende gefunden hatte. Aber wer es zu seinem Vorteil beschließen, wer den Sieg erringen und davontragen würde, war ungewisser denn je!
    Als hätten Lenas Füße Wurzeln ausgetrieben, die sich nun wie stählerne Anker in den Boden der Kirche bohrten, stand sie da - un-fähig, auch nur einen Schritt auf die Altarempore zuzutun, wo sich die Brut in diesem Augenblick dem Schwert noch entgegenstemmte und - ungeachtet der Klinge, die totes Gewebe hinterließ - Salvat ansprang!
    »Wir . müssen .«
    Tobias' Stimme verlor sich im Gekreische des Ungetüms, dem es in diesem Moment gelang, über die Schneide des Schwertes hinweg eines von Salvats Beinen habhaft zu werden und die Nägel einer der Klauen hineinzubohren. Klauen, die aussahen, als würde schon der Dreck unter ihren Nägeln genügen, um Salvats Blut auf ewig zu vergiften - ihn elend dahinsiechen und zugrunde gehen zu lassen!
    Lilith war hin und her gerissen zwischen dem Bedürfnis, einzuschreiten, und der Überzeugung, nichts tun zu können.
    Oder waren dies Zweifel, die ES in ihr säte? Zweifel, mit denen der Gestank des Ungetüms sie lähmte und am Eingreifen hinderte?
    So wie auch die anderen Angehörigen der Bruderschaft .
    Alle standen sie da, stierten zu ihrem Anführer und schienen nicht fassen zu können, mit welch zäher Vehemenz und mit welchem Erfolg sich ihm das Ungeheuer aus dem Kokon widersetzte.
    Hatten sie sich den Sieg über das, was sie bis nach Heidelberg verfolgt hatten, leichter vorgestellt? Hatten sie überhaupt gewußt, was für ein Gegner ihnen hier erwachsen würde?
    Lilith bezweifelte es.
    Nur Salvat hatte es vermutlich gewußt, und wäre er früher eingetroffen, wäre er erschienen, als diese höllische Brut noch drei gewesen war, womöglich hätte er mit der zahlenmäßigen Übermacht weniger Mühe gehabt als mit diesem Einen!
    Salvats Züge verzerrten sich. Sie zeigten

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