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Die Spur des Tieres

Die Spur des Tieres

Titel: Die Spur des Tieres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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stumm die Qual, die die Klauen ihm zufügten. Seine beiden Fäuste hielten den Schaft des Schwertes umklammert. Und jetzt drehten sie die Klinge im Leib des Leibhaftigen .
    Glühender Schmerz vernebelte Liliths Sicht der Dinge. Ihr schos-sen heiße Tränen in die Augen, und sie glaubte eine Stimme in sich zu hören, ähnlich eisig, ähnlich haarsträubend wie der Wind, der durch die Kirche pfiff. Eine Stimme, die raunte: HILF MIR!
    Salvat?
    Lilith war unschlüssig. Aber plötzlich konnte sie sich wieder bewegen. Die Tränenschleier wichen. Kristallklar nahm sie ihre Umgebung wahr.
    Die Kirche war zu einem Hort des Grauens verkommen.
    Salvat und sein Gegenspieler bildeten den Mittelpunkt. Ihr Kampf war alles, was zählte. Alle anderen Gefechte waren längst entschieden. Von zwei Bruderschaften, zwei Logen, existierte nur noch eine. Salvats Illuminati, mit der Lilith gen Heidelberg gezogen war, hatte ein Geplänkel für sich entschieden, einen Nebenkriegsschauplatz.
    Aber der Ausgang der Schlacht hing von anderen ab.
    Von Engel und Teufel, dachte Lilith abstrakt und immer noch den tieferen Blick auf das schlangenhafte Gewimmel der Flügel meidend, die aus Salvats Schultern sprossen.
    HILF MIR! tönte es noch einmal wie der Schlag einer erzenen Glocke durch ihr Denken.
    Lilith sah sich selbst dabei zu, wie sie Fuß vor Fuß setzte.
    Sie war nicht die einzige.
    Und ein jeder, der dem Ruf folgte, war überzeugt, ganz persönlich angesprochen zu sein .
    *
    Der Auer war tot, seiner gespenstischen Hand beraubt, die nun vom Arm einer Fremden zu Tobias herüberdrohte - eines liederlichen Mädchens, wie Tobias noch keins erblickt hatte.
    Er leckte sich über die Lippen. Außer Salz schmeckte er auch Blut. Ungeachtet dessen und des Höllenpfuhls, der sich inmitten des Gotteshauses aufgetan hatte, war Tobias entschlossen, nicht zuzulassen, daß das fremde Weibsbild schnurstracks in sein Verderben rannte.
    Und wenn's das letzte ist, was ich in diesem verfluchten Leben tu'! wiederholte er seinen Schwur, den er schon hervorgestoßen hatte, bevor er von der Balustrade gesprungen war.
    Das Mädchen erinnerte ihn in keiner Weise an Kristine. Kristine war behütet und in gutbürgerlichem Wohlstand aufgewachsen -dieses Luder mit den Hexenaugen bestimmt nicht!
    Bestimmt nicht... warum kümmert sie dich dann? Sie hat Auers Hand - die Hand, die ihn umgebracht ... die Hand, die dir weh getan hat ... Hast du das schon vergessen?
    Nein, wie könnte er!
    Trotzdem ließ ihn etwas inständig hoffen, daß ausgerechnet dieses Mädchen, das Anmut und Verruchtheit in sich vereinte, auf seiner Seite stehen könnte.
    Und so eilte er ihr hinterdrein.
    Rechts, links, vor und hinter ihm erhoben sich andere, die denselben Weg einschlugen.
    *
    Ich schaffe es, dachte Salvat. Ich muß es schaffen, sonst...
    Sonst würde diese Welt nie mehr ihre Not, ihre Krankheit und blinde Zerstörungssucht abschütteln.
    Die Menschen würden sich weiter gegenseitig hinmetzeln, und diejenigen, die noch Kraft und Zuversicht aus ihrem Glauben - dem mächtigsten Bollwerk überhaupt - schöpften, würden mit jedem Tag, jedem Monat, jedem Jahr weniger werden. Und dann ...
    Der Gedanke, zu spät gekommen zu sein, nagte tief in Salvat.
    Hilf mir! wandte er sich an den, der ihn entsandt hatte - nicht nur, um die Illuminaten unter den Menschen aufzuspüren und um sich zu scharen; nicht nur, um mit deren Hilfe das Siegel im Fels zu bewachen - das untilgbare Schrecknis, das an den Tag und die Stunde gemahnte, als die Welt schon einmal nah am Abgrund gestanden hatte .
    So etwas durfte sich nicht wiederholen - nie wieder!
    Aber damals waren wir viele, dachte Salvat. Einer allein hätte die klaffende Wunde in der Schöpfung nicht zu schließen vermocht, jenes ruchhafte Stigma, das Kainsmal ... WARUM HILFT MIR JETZT NIEMAND? ALLMÄCHTIGER VATER, STEH MIR BEI, ICH BITTE DICH! ENTSENDE DEINE HEERSCHAREN WIE EINST! ICH ... BRAUCHE ... HILFE ...! ES IST... SO STARK ...!
    Er bäumte sich auf. Noch nie hatte er Schmerzen wie diese verspürt. Und das Monstrum, das sie ihm zufügte, weidete sich an seiner Qual. Es starrte ihn aus seinen boshaft triefenden Augen an, und selbst Salvat, der wußte, wessen Zerrbild diese Monstrosität war, fühlte sich außerstande, IHN darin wiederzuerkennen. IHN, der sich selbst in die Gebärmutter eines Tieres gepflanzt hatte, damit es ihn zur Welt bringen konnte . Es war immer ein Tier gewesen, auch bei allen Versuchen davor, denn kein Mensch hätte eine Frucht

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