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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Männer, die ganz gewiß zum Geheimdienst gehörten, hingen wie Klammeraffen an den Wagenseiten oder liefen mit ihren an der linken Brustseite verdächtig ausgebeulten Jacketts nebenher.“
    „Das war genau der Augenblick, auf den ihr gewartet hattet“, stellte der Gefängnisdirektor fest. Er konnte sich diese Unterbrechung nicht verkneifen. „Nur wegen der jetzt folgenden Sekunden ist euer Plan überhaupt möglich gewesen.“
    „Ja, genau auf diesen Augenblick war das Ganze ausgeknobelt“, stimmte Manfred Zasche zu. Schweigend ging er ein paar Schritte hin und her, als überlegte er sich seine Antwort noch einmal. „Ja, so war es, durch diese Idee kam der ganze Plan überhaupt erst auf die Beine.“ Er blieb stehen. „Die schwere Eisentür zum Kassenraum mußte aufgesprengt werden, anders war sie einfach nicht zu knacken. Aber der Krach der Detonation hätte das halbe Stadtviertel alarmiert. Nur ein gleichzeitiger ähnlich gewaltiger Lärm von außen konnte unter günstigen Umständen den Bums unserer Explosion zudecken — sozusagen. Nun ja, einen solchen Radau erhofften wir uns vom Eintreffen der Queen direkt vor dem Warenhaus. Und es hat ja dann auch geklappt.“
    „Ohne den zufälligen Besuch der englischen Königin zu dieser Zeit wäre das Warenhaus also ungeschoren geblieben?“ unterbrach der Mann mit seiner goldgeränderten Brille noch einmal.
    „Der Papst oder amerikanische Präsident wären uns genauso hilfreich gewesen“, meinte der strohblonde Häftling. „Aber irgendwas in dieser Größenordnung brauchten wir schon.“ Er lächelte und hatte jetzt die Daumen im Gürtel seiner Hose.
    „Obgleich ich eure Geschichte inzwischen in- und auswendig kenne, ist sie für mich immer noch so spannend, als hörte ich sie zum erstenmal“, sagte der Gefängnisdirektor. „Fahren Sie fort, Herr Zasche.“
    Und der Häftling tat es.
    „Vor unserem Kaufhaus kam der Wagen der Queen nur im Schrittempo voran, beinahe sah es so aus, als würde er ganz zum Stehen kommen. Die Menge drängte immer neugieriger über die Gehsteige zur Straße. Und als der hohe Gast jetzt auch noch von dem dicken Lederpolster aufstand und nach allen Seiten lächelnd grüßte, gab es kein Halten mehr. Der allgemeine Jubel überschlug sich, Feuerwerkskörper wurden in den Himmel geschossen, wie das ja inzwischen auch auf den Fußballplätzen Mode geworden ist, und die Musikkapelle drüben neben dem Zeitungskiosk spielte, so laut es eben ging: ,Das ist die Berliner Luft1. Ich hatte mein Taschentuch mit dem ausgestreckten rechten Arm schon eine ganze Weile senkrecht in die Luft gehalten. Jetzt riß ich es wie eine weiße Fahne nach unten. Das war für Ekke Krumpeter das Zeichen. So ziemlich im selben Augenblick sprangen wir beide in Deckung, und dann zündete er die Explosion. Es gab hintereinander einige Stichflammen und dann einen so fürchterlichen Krach, daß wir befürchteten, jetzt käme das ganze Warenhaus mit allen seinen sieben Etagen auf uns herunter. Aber das schien sich nur im Inneren des Gebäudes so angehört zu haben. Als ich mich wieder aus meiner Deckung wagte und durch das Fenster blickte, war das Bild auf der Straße völlig unverändert. Kein einziger Zuschauer hatte sich auch nur umgedreht. Nach wie vor schwenkte man begeistert die mitgebrachten Fähnchen, brüllte sich jubelnd die Stimmen aus dem Hals, bollerte vergnügt Feuerwerkskörper in die Luft, und Englands gekröntes Haupt lächelte dazu immer noch artig nach rechts und links und wieder nach rechts und wieder nach links.“
    „Eure Rechnung war also voll und ganz aufgegangen“, stellte der Gefängnisdirektor fest. „Kaum zu fassen, daß die Explosion von niemandem gehört worden ist.“
    „Ja, es war wie ein Wunder, an das wir zuerst selber nicht glauben wollten“, gab der Häftling Zasche zu. „Eine ganze Weile standen wir nur da. Der aufgewirbelte Staub legte sich wieder. Wir hielten den Atem an und warteten darauf, daß jetzt irgend etwas passieren würde. Denn es mußte doch was passieren. Aber nichts rührte sich. Da flüsterte Ekke Krumpeter beinahe andächtig: ,Wir müssen heute ein besonders gutes Horoskop haben.’ Die schwere Eisentür lag mit herausgerissenem Schloß ziemlich zerbeult auf dem Fußboden, und man mußte nur über sie hinwegklettern, um in den Kassenraum zu kommen, der noch verqualmt und nicht richtig zu erkennen war. ,Los , jetzt geht’s vielleicht um Sekunden’, zischte Ekke, und damit hatte er selbstverständlich recht,

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