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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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gerade eine Musikkapelle auf!’
    Ekke schien jetzt gar nicht mehr zuzuhören. Er biß sich immer wieder auf die Unterlippe, war mit seinen Gedanken nur noch bei dem Kabelsalat und dem Schaltplan. ,Ich muß den richtigen Stromkreis unterbrechen, dann ist der Impulsgeber ausgeschaltet’, murmelte er vor sich hin. ,Erwisch’ ich den falschen, sitzen wir in der Falle. Aber ich verlasse mich auf unser Goldstück Paule.
    Er hat ja lang genug hier herumgeschnüffelt, und von Elektronik versteht er was, da kann man sagen, was man will.’
    Mir schlotterten allmählich ganz schön die Hosen, muß ich zugeben. Meine Blicke wanderten ständig hin und her. Einerseits zu Ekke und dann zu meinem schlecht geputzten Fenster. Draußen fing es allmählich an, von Menschen nur so zu wimmeln. Und dann sagte mein Kumpel Krumpeter wie aus heiterem Himmel und so seelenruhig wie eine Großmutter auf der Parkbank:
    „Dusel gehabt, es hat geklappt.“ Er schob seine ausgebreitete rechte Hand ganz langsam vor die Strahler der Alarmanlage. Sie war tatsächlich lahmgelegt und rührte sich nicht. Aber Ekke wollte ganz sichergehen. Er schob sich Zentimeter um Zentimeter zu der schweren Eisentür am Kassenraum.
    Mein Magen zog sich zusammen, aber nichts tat sich. Als Ekke schließlich dicht vor der Tür stand und ihre Klinke berührte, ohne daß irgendeine Sirene auch nur ganz müde piep gesagt hätte, wirbelte er herum, stampfte ein paarmal ganz schnell wie ein spanischer Flamencotänzer mit seinen Schuhabsätzen auf den Betonboden und knallte dabei die Hände zusammen.
    ‚Wir haben die erste Hälfte geschafft, alter Junge! Die Piepen sind fast schon in unseren Koffern’, frohlockte er mit leuchtenden Augen. Aber gleich danach fragte er: ,Was ist inzwischen draußen los? Wieviel Zeit haben wir noch?’
    Ich versuchte, jetzt auch meinerseits witzig zu sein, und grinste: ,Alles klar an Deck der Andrea Doria.’ Mein Magen hatte sich wieder mehr oder weniger erholt, und ich war natürlich heilfroh, daß Ekke die Alarmanlage so glatt um gelegt hatte. Ich blickte auf meine Armbanduhr. ,Wenn es nach den Zeitungen geht, müßte die Dame in einer Viertelstunde aufkreuzen. Und genauso sieht es auch aus. Die Gehsteige sind schon schwarz von Menschen.’
    Ekke Krumpeter war einstweilen bereits dabei, irgendeine lehmartige Masse sorgfältig über die Fläche der schweren Eisentür zu verteilen. Er tat es mit so sanften Bewegungen, als würden seine Hände einen Kanarienvogel streicheln. Die dicksten Batzen bekamen das Schloß und die Scharniere ab. Das Zeug sah so harmlos aus wie Knetmasse, mit der Kinder irgendwelche Männchen modellieren. Ekke, der jetzt in dem schummrigen Licht wieder so aussah wie mein Zwillingsbruder, hatte einstweilen einen Schaltkasten aus seiner Werkzeugtasche gezaubert, stellte ihn hinter einer Ecke in sichere Deckung und holte jetzt eine Menge ganz dünner Drähte heraus, die er mit den verschiedenen Klumpen der Sprengmasse an der Eisentür vorsichtig in Verbindung brachte.
    ‚Es kann nicht mehr lange dauern’, mahnte ich.
    ‚Bin gleich soweit’, beruhigte mich Ekke Krumpeter. Und dann fuhr der Häftling fort und wanderte mit schnellen, unregelmäßigen Schritten hin und her.
    Der Gefängnisdirektor rückte sich ein wenig anders in seinem Sessel zurecht. Möglicherweise, um besser hören zu können. Jedenfalls sagte er kein Wort.
    „Und dann“, wiederholte Manfred Zasche, „kam die Wagenkolonne mit der englischen Königin auf unser Warenhaus zu. Selbst durch das ziemlich dicke Fenster waren zuerst entfernte, dann allmählich näher kommende Jubelrufe zu hören. Es dauerte nicht lange, und zwei Jeeps mit englischen Soldaten brausten in ziemlichem Tempo über die abgesperrte Straße. Gleich darauf folgten ihnen noch vier andere. Und dann tauchten auch schon die üblichen ,weißen Mäuse’ auf ihren Motorrädern auf. Sie knatterten jeweils fünf nebeneinander und gestaffelt wie eine Pfeilspitze. In einigem Abstand folgte dann ein breiter Laster mit den Pressefotografen und den Kameraleuten vom Fernsehen. Sie saßen dicht nebeneinander, übereinander und mit dem Rücken zur Fahrtrichtung wie Hühner auf Bänken, die man treppenartig quer über die Ladefläche gebaut hatte. Dadurch konnten sich die Herrschaften nicht gegenseitig die Sicht auf den offenen Rolls-Royce nehmen, der jetzt mit der englischen Königin kaum fünfzehn Meter vor und zugleich hinter ihnen sehr majestätisch über die Mitte der Straße gerollt kam.

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