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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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haben sollen.“
    Jetzt räkelte sich der Mann mit der Goldrandbrille aus seinem Sessel und machte ein paar Schritte. „Was mit Ihnen passiert ist, wollen Sie wohl lieber nicht erzählen?“
    „Es ist ja kein Geheimnis geblieben, daß ich mich wie ein Anfänger benommen habe“, meinte der Häftling.
    „Sagen wir lieber, wie ein normaler Mensch“, korrigierte der Direktor und fügte hinzu: „Allerdings erleichtert alles Normale der Polizei ihre Arbeit ganz ungemein.“ Er war stehengeblieben und setzte jetzt die Wanderung durch sein Büro weiter fort. „Sie hatten eine Braut —“
    „Yvonne war eigentlich nur eine Freundin, wie man so sagt. Aber ich hing an ihr. Ich mußte sie unbedingt noch einmal treffen, bevor ich mich aus dem Staub machen würde, und vielleicht wollte ich sogar, daß sie mitkommt.“
    „Die Kripo hat am Tatort tatsächlich keine Spuren entdeckt und guckte vorerst mal ziemlich dumm aus der Wäsche. Die Zeitungen machten sich bereits lustig über die Herren. Aber dann machte man, was die Polizei in solchen Fällen immer macht. Sie ging die Listen ihrer prominenten Kunden durch und grübelte bei jedem Namen darüber nach, ob er wohl für einen so frechen und gleichermaßen raffinierten Einbruch in Frage käme. Es mußten Routiniers gewesen sein. Das ist wie bei einer Lotterie. Leider haben Sie dabei das große Los gezogen, Herr Zasche. Man stellte Ihre Wohnung überfallartig auf den Kopf. Aber der Vogel war ausgeflogen. Die Mitbewohner im Haus wußten nichts oder wollten nichts wissen. Bis auf Ihre freundliche Zimmervermieterin, eine Frau Lehmann. Bei der hatte inzwischen die ausgesetzte Belohnung in den Ohren geklingelt. Sie rückte nach einigem Zögern, mit dem sie sich angeblich aus Gewissensnot zierte, damit heraus, daß Sie in Lichtenrade ein Verhältnis namens Yvonne hätten, eine Französin, die in einem Nightclub als Tänzerin auftrat. Ganz zufällig kannte die liebe Frau auch die genaue Adresse samt Telefonnummer. “
    „Nie und nimmer hätte ich damit gerechnet, daß mich diese Person verpfeifen würde“, murmelte der Häftling.
    „Dabei habe ich ihr jeden Samstag einen ganzen Berg Kuchen ins Haus geschleppt. Sie war wie wild auf Süßes und konnte so treuherzig aus der Wäsche gucken wie ein verschüchtertes Eichhörnchen.“
    „Von Ihrer Freundin erfuhr die Polizei am Montag nachmittag nach der Tat. Aber Sie mußten Ihre Beute bereits am Vormittag in Sicherheit gebracht haben, als man noch nicht hinter Ihnen her war.“
    „Das ist eine Vermutung“, bemerkte Zasche.
    „Wie auch immer“, fuhr der Gefängnisdirektor fort, „man hat dann Sie und diese Yvonne ein paar Tage lang beschattet. Denn man wollte Sie ja nicht nur festnehmen, man wollte vor allem das geraubte Geld wiederhaben. Aber allmählich wurde den Kripoleuten die Sache zu mulmig. Sie hätten bei aller Aufmerksamkeit der Beamten irgendwo auf einer S-Bahn oder unter den Menschen auf dem Ku’damm verschwinden können. Das wollte man nicht riskieren und hat zugegriffen.“
    „Ja, an diesem dämlichen Freitag —“
    „Bedauerlicherweise hat man in der Wohnung Ihrer Freundin kein Geld gefunden, aber immerhin einen nagelneuen ledernen Handkoffer, der allerdings leer war. Er verhalf lediglich dazu, Sie später zu überführen, denn die Lederabteilung im KaDeWe hat das gestohlene Prachtstück auf den ersten Blick wiedererkannt, und Sie saßen in der Klemme.“
    Der Direktor setzte sich hinter seinen großen Schreibtisch mit der imposanten Telefonanlage. „Später kamen dann nach und nach immer mehr Beweise hinzu. Ihr Freund Paule Schulz wurde aufgetrieben, und in der Wohnung Ihrer Freundin Yvonne, wo Sie sich nach der Tat aufgehalten hatten, fanden sich hauchdünne Lederhandschuhe. Auch wurden Spuren Ihrer Schuhsohlen im Kassenraum bei dem gesprengten Tresor sichergestellt.“
    „Und so weiter und so weiter“, murrte der Häftling aus dem Block D. „Haben wir damit unser Gespräch im Sinne der Gefängnisordnung hinter uns gebracht?“
    Eine halbe Minute lang war es jetzt totenstill in dem kleinen Büro. Wenn eine Uhr getickt hätte, hätte man sie gehört, aber es tickte keine. Nur das kratzende Geräusch der Feder war zu hören, mit der der Gefängnisdirektor die Entlassungspapiere für den Häftling Manfred Zasche unterschrieb. Als er das erledigt hatte, lehnte er sich mit beiden Ellenbogen schwer auf seinen Schreibtisch und starrte dem Mann mit den strohblonden Haaren ins Gesicht, die könnten sich viel

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