Die Spur fuehrt nach Tahiti
das wußten wir beide ganz genau. Oft genug hatten wir diese undichte Stelle in unserem Plan besprochen und abgeklopft. Jetzt kam es nämlich darauf an, wann die Männer vom Sicherheitsdienst ihren nächsten Kontrollgang durch das Warenhaus machen würden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt mußten wir aus dem Gebäude verschwunden sein. Da sie bisher noch nicht aufgetaucht waren, konnten wir annehmen, daß sie wohl genauso neugierig waren wie die übrige Bevölkerung und daß sie sich das Schauspiel der königlichen Stadtrundfahrt sicher nicht entgehen ließen. Und da glücklicherweise alle Zeitungen angekündigt hatten, dem Wagen der Queen sollte in einigem Abstand die komplette königliche Garde folgen, die samt Pferden und Bärenfellmützen eigens per Flugzeug nach Berlin verfrachtet worden war, wiederum gefolgt von einem schottischen, Dudelsack spielenden Musikkorps der Berliner Garnison, würden die Herren vom Wach- und Schließdienst nicht sofort nach der Besichtigung der Hauptperson des Programms auf den Absätzen kehrtmachen.
Nun, jedenfalls war Ekke Krumpeter mit seinen Werkzeugen längst in den Kassenraum gespurtet, während ich mir den Schneidbrenner zur Brust genommen hatte und über den abgesplitterten Mörtel und die herausgesprengte Tür hinter ihm herkletterte.
‚Laß das Ding vorläufig noch in Ruhe’, erklärte Ekke. ,Vielleicht brauchen wir’s gar nicht.’ Er streichelte mit seinen Handschuhen über die großen Metallflächen des Tresors, der mitten im Raum an der Wand stand, tastete sein Schloß ab und daneben das Rad aus Stahl und Messing, das den Durchmesser einer mittleren Bratpfanne hatte.
‚Du bist doch der Typ K 712 aus der 78er Serie, wie schön, dich mal wiederzusehen’, murmelte mein Freund Krumpeter.
Er ging in die Hocke und beäugte die Schlösser. ,So gut, wie wir uns schon kennen, müßte das mit uns beiden doch eigentlich ein Kinderspiel sein!’ Und das war es dann auch. Schon knappe fünf Minuten später machte es ein paarmal ganz leise ,klick “, kurz darauf wieder.
‚Hol schon die Koffer’, flüsterte Ekke. Er hatte sein rechtes Ohr an dem Metall und schien sich seiner Sache vollkommen sicher zu sein. Als ich kurz danach mit den beiden piekfeinen und nagelneuen Prachtstücken der Lederabteilung wieder zurückkam, blieb ich wie angewurzelt stehen. Krumpeter war nämlich gerade dabei, ganz behutsam die schwere Geldschranktür aufzuziehen. Dabei gab sie ein kaum hörbares, saugendes Geräusch von sich. Und dann lag das Geld vor uns. Zuerst noch so im Halbdunkel, aber je weiter sich die Tresortür öffnete, um so weiter wanderte die Helligkeit über die sehr ordentlich nebeneinander gestapelten Notenbündel. Man konnte feuchte Augen kriegen. Sie waren, von Tausendmarkscheinen angefangen, sauber nach ihrem Wert sortiert und so hübsch verpackt wie Weihnachtsgeschenke. Nur daß sie anstelle von Goldkordeln und farbigen Schleifen mit nüchternen Papierbanderolen verschnürt waren. Wir genossen den Anblick eine Weile. Aber dann war von der Straße her Dudelsackmusik zu hören.
Da nahm sich Ekke zusammen und zischte: ,Wir dürfen keine Sekunde mehr verlieren’, und griff nach den ersten Geldbündeln. Es war zwischen uns ausgemacht, daß die Beute gleich an Ort und Stelle geteilt werden sollte und daß wir uns sofort trennen würden, sobald wir das Warenhaus verlassen hätten. Die Gefahr, geschnappt zu werden, war geringer, wenn wir nicht als Paar zusammenblieben. Der einzelne kann leichter untertauchen. Zudem hatten wir beide völlig verschiedene Vorstellungen davon, wie wir verschwinden und was jeder mit seinem Geld anfangen wollte. Jedenfalls war es kein Problem, unsere Koffer gleichmäßig zu füllen. Von denselben Notenstapeln landete ganz einfach jeweils dieselbe Anzahl von Bündeln zuerst bei Ekke und dann bei mir. Wir arbeiteten stumm und wie ausgefuchste Bankkassierer. Nur einmal sagte Krumpeter so zwischendurch: ,Eine Million pro Mann, schätze ich über den Daumen, das wär’ nicht gerade schlecht, Herr Specht.’ Als der Tresor dann schließlich so leer war wie eine umgekippte Mülltonne, waren unsere piekfeinen Handkoffer so voll, daß sie sich kaum noch zumachen ließen. Wir mußten uns gegenseitig helfen.“
„Fabelhaft, würde ich sagen“, meinte der Gefängnisdirektor, schränkte aber im gleichen Atemzug ein; „Wenn es um eine bessere Sache gegangen wär’ —“
„Ja, alles lief mehr als geschmiert“, erwiderte der Häftling aus dem Block D. „Ich
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