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Die Staatsanwältin - Thriller

Die Staatsanwältin - Thriller

Titel: Die Staatsanwältin - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hänssler-Verlag
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kombinierten. Manipulierte Erinnerungen, teilweise auf Grundlage unrichtiger Vorschläge von anderen gebildet, seien für eine Person dann genauso zutreffend und real wie echte Erinnerungen.
    Rutherford erklärte außerdem, wie wir unsere Erinnerungen vervollständigten, indem wir uns an gewisse Details richtig erinnerten und die Leerstellen dann mit Einzelheiten auffüllten, die wir von anderen erhalten haben. Sobald diese neuen Einzelheiten Teil des Ereignisses geworden sind, brennen sie sich genauso natürlich in unser Gedächtnis ein wie die Details, an die wir uns selbst erinnern.
    Rein theoretisch musste ich zugeben, dass ihre Aussage Sinn ergab. Ich dachte an den Fall der Heckenschützenangriffe in der Gegend um Washington, als die Medien behauptet hatten, dass die Verdächtigen möglicherweise einen weißen Van fuhren. Sofort berichteten mehrere Zeugen an den Schauplätzen mehrerer verschiedener Schießereien, direkt nach der Tat einen weißen Van flüchten gesehen zu haben. Als die Verdächtigen schließlich gefasst wurden, stellte sich heraus, dass sie eine blaue Limousine fuhren.
    Dr. Rutherfords Beispiel war sogar noch einprägsamer. Leuten, die Disney World besucht hatten, wurde ein gefälschtes Bild mit einem Text gezeigt, der beschrieb, wie sie Bugs Bunny die Hand schüttelten. Als sie später gefragt wurden, was ihnen von dieser Begegnung in Erinnerung geblieben sei, erinnerten sich die meisten daran, Bugs Bunny umarmt zu haben und ein paar erinnerten sich, seine Ohren oder den Schwanz berührt zu haben. Andere wussten noch genau, dass Bugs Bunny in diesem Moment eine Karotte in der Hand gehalten hatte.
    Dr. Rutherford lächelte und gab sich größte Mühe, die skeptische Richterin Snowden zu überzeugen. »Bugs Bunny ist eine Trickfilmfigur von Warner Brothers«, sagte sie. »Man hätte ihm niemals erlaubt, auch nur einen Fuß in Disney World zu setzen.«
    Wieder auf den vorliegenden Fall zurückkommend, sagte Rutherford aus, sie habe die ursprüngliche Aufstellung, die man meinem Vater gezeigt hatte, und die Fragen, die ihm während der vorausgehenden Befragung durch die Polizei gestellt worden waren, gründlich überprüft. Ihrer Meinung nach, die sich auf sechsundzwanzig Jahre Forschung zur Manipulation von Erinnerungen stützte, habe die Polizei genau das mit meinem Vater getan. Die Wahrscheinlichkeit, dass Antoine Marshall dieses Verbrechen begangen habe, läge nicht höher als bei jeder anderen Person, die in dieser Nacht in erreichbarer Nähe gewesen war.
    Richterin Snowden hörte aufmerksam zu und wiederholte dann ihre frühere Entscheidung, dass diese Aussage unzulässig sei. »Mir scheint, dass Sie Dr. Rutherford nur als Tatsacheninstanz benutzen wollen, um den Geschworenen zu sagen, warum sie Mr Brocks Augenzeugenbericht Gewicht beimessen sollten oder nicht«, sagte sie. »Das ist ein cleverer Versuch, Mr Tate, aber das Gericht wird das nicht zulassen. Es unterscheidet sich nicht von Ihrem Gutachten über die Identifizierung von Menschen anderer Hautfarbe.«
    Die Geschworenen hatten Dr. Rutherford nie gehört, und damals war ich froh gewesen. Doch jetzt, mit der neuen Information über den Erfolg, den mein Vater in Richterin Snowdens Gerichtssaal gehabt hatte, beunruhigte mich Rutherfords Aussage. Konnte sie recht haben? War mein Vater unwissentlich von den Cops hereingelegt worden? Und falls ja, konnte das bedeuten, dass der Mörder meiner Mutter immer noch frei herumlief?
    Die vergangenen zwölf Jahre meines Lebens waren von der absoluten Sicherheit bestimmt gewesen, dass Antoine Marshall meine Mutter ermordet hatte und den Tod dafür verdiente. So viel Energie und Zeit hatte ich auf den Versuch verwendet, ihn dafür bezahlen zu lassen, was er getan hatte. Ich durfte jetzt nicht anfangen, daran zu zweifeln.
    Mein Vater musste recht haben. Auch wenn er in Richterin Snowdens Verhandlungen unheimlich erfolgreich gewesen war. Sogar falls er sie, Gott bewahre, irgendwie erpresst hatte, gab es keinen Beweggrund für ihn zu versuchen, einen unschuldigen Mann zum Tode verurteilen zu lassen. Mein Vater konnte sich nicht geirrt haben.
    Oder doch?

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    Ich hatte nie verstanden, wie mein Vater nach dem Tod meiner Mutter weiterhin als Strafverteidiger arbeiten konnte. Am Freitagmorgen im Berufsverkehr auf dem Weg zur Arbeit erschien mir diese

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