Die Staatsanwältin - Thriller
Mörder Ihrer Mutter nicht noch einen Aufschub oder sogar einen neuen Prozess bekommt.«
»Ich weiß das zu schätzen, aber deshalb habe ich es Ihnen nicht …«
»Ich weiß«, unterbrach mich Masterson. »Aber Sie sind nicht die Erste, die solche Anschuldigungen gegen Richterin Snowden vorbringt.« Er ließ mich diese Aussage erfassen, bevor er fortfuhr. »Ich habe inoffiziell schon Ermittlungen gegen sie eingeleitet. Ich füge das zu der Akte hinzu.«
Der Akte hinzufügen?
Diese Reaktion hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Staatsanwälte hatten die Pflicht, entlastende Informationen an Strafverteidiger weiterzugeben.
»Müssen wir es nicht Mace James sagen?«
Masterson schüttelte den Kopf. »Nicht, solange wir die Verbindung zwischen diesen Anwälten und Snowden nur durch bloße Statistiken und Mutmaßungen belegen können. Urteile sind öffentlich zugänglich. James hätte das auch selbst herausfinden können. Vielleicht hat er das auch schon. Abgesehen davon kann ich nicht zulassen, dass unsere Ermittlungen gegen Snowden ausgerechnet jetzt an die Presse geraten. Und machen Sie sich keine Sorgen; die Fälle Ihres Vaters sind in diesen Ermittlungen bisher nicht aufgetaucht.«
Seine Haltung behagte mir nicht recht, aber ich erinnerte mich daran, dass ich genau aus diesem Grund zu Masterson gekommen war – weil er das Gesamtbild sah.
»Snowden wird es sowieso in ein paar Wochen erfahren«, erinnerte ich ihn. »Wenn wir Rafael Rivera in den Zeugenstand holen, wird Tate diese Statistik im Kreuzverhör benutzen.«
Bill Masterson holte tief Luft und sah mich offen an. »Bei allem, was Sie mir gerade erzählt haben, können wir Tate nicht anklagen. Er würde uns fertigmachen. Nicht nur sein Kreuzverhör von Rivera wäre verheerend, er könnte auch die Tatsache als Beweis aufnehmen lassen, dass er Sie schon zwei Monate vor der Hinrichtung von Antoine Marshall über diese Sache informiert hat und dass Sie einfach bis nach seinem Tod darauf sitzen geblieben sind.«
»Es ist noch nicht zu spät«, sagte ich. »Wir könnten immer noch Mace James alles übergeben und dieses Argument entkräften.«
»Es tut mir leid, Jamie, aber nicht, nachdem Sie es so lange zurückgehalten haben. Wir würden vor Gericht in der Luft zerrissen werden. Außerdem würde es meine Ermittlungen gegen Snowden gefährden.« Er schüttelte den Kopf. »Caleb Tate ist ein dicker Fisch, aber es gib noch dickere Fische da draußen. Ich weiß, diesen Teil unserer Arbeit mögen Sie nicht, aber wir müssen immer Entscheidungen treffen. Und dieses Mal ist es ziemlich eindeutig. Wir halten unsere Ermittlungen gegen Snowden aufrecht, schützen den Ruf Ihres Vaters und sorgen dafür, dass Antoine Marshall bekommt, was er verdient hat.«
»Aber was ist mit Caleb Tate? Seinetwegen schließt kein Angeklagter in Milton County mehr Deals. Ganz zu schweigen von den Morden an denjenigen, die es doch getan haben.«
Masterson antwortete nicht sofort. Als er es schließlich tat, war sein Ton leise und beruhigend. Er wollte nicht diskutieren. Und er war nicht derjenige, der die Information zwei Monate zurückgehalten hatte.
»Das wissen wir nicht sicher. Aber falls er wirklich hinter diesen Morden steckt, kriegen wir ihn irgendwann trotzdem dran. Irgendwer wird reden; irgendwer wird einen Fehler machen. Das tun sie immer.«
»Und wenn nicht?«
Masterson schaute auf seine Angelschnur. »Jamie, gehen Sie manchmal angeln?«
»Nein. Ich hole Fischen nicht gern den Haken aus dem Maul.«
»Also, dann will ich Ihnen die erste Regel des Angelns nennen: Selbst die besten Angler erwischen nicht alle.«
Ich verstand genau, was er meinte. Aber er überließ in seiner typischen Art nichts dem Zufall.
»Und genauso ist es bei uns auch«, sagte er.
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60
Dank des Verkehrs in Atlanta hatte ich auf der Heimfahrt vier Stunden Zeit, über das nachzudenken, was Bill Masterson gesagt hatte. Bevor ich ging, hatte er sich noch bereit erklärt, die allgemeine Ermittlung über Caleb Tate noch nicht abzuschließen, wollte aber das schwebende Verfahren einstellen, denn es waren nur noch drei Wochen bis zum Prozess. Falls wir neue Beweise aufdeckten, die Tate mit den Drogen in Verbindung brachten, konnten wir erneut Anklage erheben.
Ich rief L. A. an, als ich mich Alpharetta näherte, und er war einverstanden, sich mit mir dort in einem Starbucks zu treffen. Ich fand, ich schuldete ihm ein Treffen von Angesicht zu Angesicht.
Er nippte an einem
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