Die Staatsanwältin - Thriller
hat?«
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Caleb Tate halb aufstand, sich aber achselzuckend wieder setzte.
»Ich erzählte ihr von dem Morphin. Anscheinend konnte das noch keiner wissen. Die Ergebnisse von den Fingernägeln und so waren noch nicht raus, und da wusste sie, dass ich nicht lüge.«
»Was haben Sie im Gegenzug für Ihre Aussage heute bekommen?«
»Ich werde nicht für die Drogensache angeklagt. Außerdem« – Rafael warf Caleb Tate ein durchtriebenes Grinsen zu – »konnte ich meinen Anwalt feuern.«
»Haben Sie irgendwelche Textnachrichten oder Telefonanrufe, die diese Drogenkäufe beweisen könnten?«
Das brachte Rafael zum Kichern. »Sorry, Mr Masterson. Wir führen nicht besonders gut Buch über unsere Drogendeals.«
Masterson sah den Richter an, Verachtung im Blick. »Ich habe keine weiteren Fragen an diesen Mann«, sagte er. Er kam zu unserem Platz, setzte sich und lümmelte sich auf seinen Stuhl. Ich ertappte mich dabei, wie ich mit den Zähnen knirschte.
Diesen Augenblick hatte ich seit dem Tag gefürchtet, als ich nach der Verhandlung im Berufungsgericht mit Caleb Tate gesprochen hatte. Ich wusste, Tate würde über Rafael Rivera herfallen und versuchen, meinen Vater und Richterin Snowden dabei bloßzustellen. Masterson hatte gesagt, er sei bereit. Er würde beim ersten Anzeichen, dass Tate meinen Vater mit hineinziehen wollte, Einspruch erheben und um ein Gespräch unter vier Augen mit dem Richter bitten. Er war überzeugt, dass er die Arbeit meines Vaters unter Richterin Snowdens Vorsitz aus dem Fall heraushalten konnte.
Ich war mir da nicht so sicher. Meine Hände hinterließen Schweißspuren auf der Glasoberfläche unseres Tisches. Mein Herz fühlte sich an, als wolle es mir aus der Brust springen. Und in diesem Moment hätte ich, wenn ich noch einmal von vorne hätte beginnen können, Mastersons Rat angenommen und den Fall gegen Caleb Tate schon vor Wochen fallen lassen, als wir noch die Chance dazu hatten.
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78
Tate trat in die Mitte des Saales, strich sich übers Kinn und betrachtete den Zeugen. Rafael rutschte auf seinem Stuhl herum und schlug die Beine andersherum übereinander.
»Guten Morgen, Mr Rivera«, sagte Tate. Sarkasmus troff aus seinen Worten.
»Was geht?«, schoss Rivera zurück.
»Sie verstehen doch, dass die Schweigepflicht für unsere früheren Unterhaltungen nicht mehr gilt, weil Sie heute gegen mich aussagen, nicht wahr?«
Rivera zuckte die Achseln. »Ist okay für mich.«
»Und dass ich Ihnen Fragen über Dinge stellen kann, die ich für Sie tun sollte, während ich Sie vertreten habe?«
»Wenn Sie das sagen.«
»Das sage nicht ich; das sind die Regeln der Ethik.«
»Von mir aus.«
»Stimmt es nicht, Mr Rivera, dass Sie mich gebeten haben, Richterin Cynthia Snowden zu bestechen, damit sie die Anklage wegen Drogenbesitzes gegen Sie fallen lässt?«
Ich warf einen Blick auf Masterson, der für meinen Geschmack zu entspannt wirkte. Ich beschloss, dass ich, auch wenn es die Regeln der Gerichtssaal-Etikette verletzte, darauf vorbereitet sein musste, selbst Einspruch zu erheben, falls Tate meinen Vater erwähnte.
Rivera seinerseits schnaubte höhnisch, als wäre das das Lächerlichste, was er je gehört hatte. »Vielleicht in Ihren Träumen. In Wirklichkeit ist nie so etwas passiert.«
»Streiten Sie ab, mir gesagt zu haben, dass einige Ihrer Gangmitglieder Richterin Snowden in der Vergangenheit bestochen hatten?«
»Moment!«, unterbrach ihn Richter Brown. Er sah Tate finster an und schoss dann einen ebenso beunruhigten Blick auf Masterson ab. »Treten Sie vor!«
Ich gesellte mich vor Richter Browns Bank zu Tate und Masterson.
»Wohin soll das führen?«, zischte der Richter. »Ein dreimal verurteilter Straftäter beschmutzt den Ruf eines respektierten Mitglieds der Richterschaft?« Bevor Tate antworten konnte, wandte er sich an Masterson. »Und warum erheben Sie keinen Einspruch?«
Caleb Tate erklärte rasch seine Gründe für die Frage. Ich sah, dass sie Richter Brown nicht gefielen, aber er konnte Tate nicht vom Fragen abhalten. Die Frage zielte direkt auf Riveras Befangenheit in diesem Fall ab. Nachdem Brown das verstanden hatte, musste Masterson nicht mehr erklären, warum er keinen Einspruch erhob.
»Sie befinden sich hier an einer sehr kurzen Leine, Mr Tate«, sagte Brown. »Ich mag derartige unbegründete Anschuldigungen gegen Mitarbeiter der Justiz gar nicht.«
»Ich verstehe«, sagte Tate. »Aber ich bin
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