Die Staatsanwältin - Thriller
Meine Tanten und Onkel kamen alle, zusammen mit meinen engsten Freunden von der Uni und von der Arbeit. Justice machte die Runde, arbeitete sich durch die Menge, um Essenshappen abzustauben und alle Reste von den Tellern zu verschlingen, die auf Couchtischen stehen geblieben waren.
Als sich die Besuchermenge ausdünnte, fingen Chris und ich an, Geschichten über unseren Dad zu erzählen, und wir lachten alle ein paar Mal herzlich.
Meine Freunde und Verwandten machten sauber, bevor sie gingen, und um acht Uhr an diesem Abend umarmte ich endlich Chris und seine Familie, versicherte ihnen, ich würde schon allein zurechtkommen, und winkte ihnen von der vorderen Veranda aus nach, als sie wegfuhren. Als ich wieder hineinging, war das Haus totenstill. Ich spürte, wie sich die Einsamkeit auf mich legte, und wusste, ich brauchte Ablenkung. Wir hatten unsere Aufgabe gut gemacht und unseren Dad bei der Beerdigung geehrt, und diese Zeremonie hinter mich gebracht zu haben, nahm mir irgendwie einen Teil des Drucks, der auf meiner Brust gelegen hatte. Ich glaubte keine Minute daran, dass mein Dad wollte, dass ich herumsaß und in Selbstmitleid versank. Seine Lösung für so ziemlich alles war gewesen, ein bisschen härter zu arbeiten. Und obwohl Masterson mir gesagt hatte, ich solle mir mindestens eine Woche freinehmen, wollte ich möglichst schnell wieder ins Büro und die Bösen fertigmachen.
Ich verbrachte den Abend mit dem Ordnen der Unterlagen über Rikki Tate. Ich entfernte das weinrote Tischtuch und die silbernen Kerzenhalter von unserem Esszimmertisch, breitete die Akte darauf aus und machte das Esszimmer so zu meiner Rikki-Tate-Kommandozentrale. Wie ich gehofft hatte, lenkte mich die Aufgabe eine Weile ab. Ich musste zurückin eine Routine kommen, und ich war entschlossener als je zuvor, dafür zu sorgen, dass Caleb Tate bekam, was er verdiente.
Justice reagierte auf meinen Stimmungsanstieg, und wir spielten ein bisschen Tauziehen, bevor wir zu Bett gingen. In dieser Nacht schob ich Justice zum ersten Mal seit dem Tod meines Vaters aus dem Bett und ließ ihn auf seinem üblichen Platz auf einer Decke auf dem Boden schlafen.
Jamie Brock war wieder da. Und es war Zeit, wieder ein bisschen Disziplin einkehren zu lassen.
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14
Unser Haus stand auf einem kleinen Hügel am Ende einer Sackgasse. Wenn ich aus den Panoramafenstern im Arbeitszimmer meines Vaters schaute, konnte ich einen guten Teil der Nachbarschaft sehen, und ich fühlte mich wie eine Königin in ihrem mittelalterlichen Schloss.
Nach seinem ersten Schlaganfall hatte mein Vater mehrere Stunden am Tag hier drin verbracht und Geschäftigkeit vorgetäuscht, obwohl er nicht mehr als Anwalt praktizieren konnte. Wenn ich auf dem Weg nach draußen an dem Zimmer vorbeikam, saß er nur an seinem Schreibtisch, starrte aus dem Fenster, tief in Gedanken versunken. Neben seinem Computer stand eine halb volle Tasse Kaffee und wurde kalt. Wenn ich dann abends nach Hause kam, goss ich den Kaffee in den Ausguss und stellte die Tasse in den Geschirrspüler. Manchmal standen zwei oder drei halb volle Tassen im Arbeitszimmer herum, alle offenbar vergessen und stehen gelassen.
Am Morgen nach der Beerdigung übernahm ich seinen Platz, trank an seinem Schreibtisch Kaffee und schaute aus den Fenstern. Kinder aus der Nachbarschaft warteten an der Einfahrt in die Sackgasse auf den Schulbus, ihre Eltern standen mit ihnen dort, plauderten und genossen den schönen Frühlingsmorgen. Ich sehnte mich nach so einem normalen Leben. Und ich wünschte, mein Vater säße noch auf diesem Stuhl, selbst mit dem geschwächten Geist und der veränderten Persönlichkeit, die seinem ersten Schlaganfall gefolgt waren. Ich mühte mich ab, die Endgültigkeit des Ganzen zu erfassen – die Tatsache, dass ich ihn in diesem Haus nie wiedersehen würde, nie wieder Zuversicht und Kraft allein aus dem Wissen würde schöpfen können, dass er da war.
Als ich meinen Kaffee ausgetrunken hatte, schüttelte ich die Melancholie ab und ging in die Rikki-Tate-Kommandozentrale. Ich nahm die Bilder von den Wänden und stellte eine Staffelei in die Ecke. An den Wänden entlang standen ein paar dekorative Tische, und die machte ich ebenfalls frei.
Ich klebte ein paar Bilder von Rikki an eine Seitenwand und setzte mich an meinen Computer, um ihre Biografie zusammenzufassen. Das war meine besondere Perspektive, die ich in Fälle wie diesen einbrachte. Ich schaute mir alles aus der Sicht des
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