Die Staatsanwältin - Thriller
Knauf, dann drehte er sich noch einmal nach mir um. »Jamie, ich mochte dieses Mädchen ehrlich. Natürlich hatte sie Probleme, aber wir haben alle Probleme. Die Akten können dir genauso schaden wie helfen. Sie wird ein leichtes Ziel sein.«
Er zögerte, vielleicht machte er sich Sorgen, zu viel gesagt zu haben. »Aber sie hat sich nicht umgebracht. Und sie hatte es nicht verdient zu sterben.«
Jetzt sprach der Mann meine Sprache. Auf seine Art war Gillespie genauso ein Fürsprecher der Opfer wie ich.
»Und dich, Jamie, habe ich auch sehr gern. Um ganz offen zu sein – ich weiß nicht, was Masterson sich gedacht hat, als er dir diese Untersuchung übertragen hat. Das könnte alte Wunden wieder aufreißen. Du musst den Tod deiner Mutter von dem von Rikki Tate trennen. Hast du das verstanden?«
Ich antwortete nicht, aber das schreckte Gillespie nicht ab. »Dieser Fall ist nicht Teil der Rache für deine Mutter. Deine Mutter wurde gerächt, als Antoine Marshall zum Tode verurteilt wurde.«
Ich hätte dem guten Doktor am liebsten gesagt, ich sei nicht zu einer Therapiestunde hergekommen. Aber ich biss mir auf die Zunge. Der Mann wollte nur mein Bestes. »Kapiert«, sagte ich.
»Ich sollte vielleicht mal wieder regelmäßig trainieren«, sagte Gillespie, als er die Tür öffnete. »Kennst du einen guten Trainer?«
Ich lächelte. »Ich rufe dich an, wenn ich jemanden zum Reden brauche«, sagte ich. »Aber du hast recht; du solltest wirklich wieder regelmäßig trainieren.«
Er zog den Bauch ein und streckte die Brust heraus. »Freut mich zu hören, dass du deine spitze Zunge nicht verloren hast.« Er trat zu mir, umarmte mich und schickte mich meiner Wege.
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16
Ich verbrachte den Donnerstagnachmittag in einem überfüllten Gerichtssaal im dritten Stock des Kammergerichts von Milton County mit Kautionsverhandlungen. Ich hatte das Glück, Richterin Simmons gezogen zu haben, eine mollige Blonde, die aussah wie eine Kindergärtnerin, aber knallhart war. Sie hatte eine piepsige Stimme, die kein Fünkchen Respekt hervorrief, aber Anwälte, die versuchten, sich mit ihr anzulegen, bekamen es schnell mit ihrem Temperament zu tun.
Gegen zwei der drei ersten Anträge auf Kautionsänderung legte ich Widerspruch ein. Nachdem Simmons im dritten Fall zu meinen Gunsten geurteilt hatte, fluchte der Verteidiger unterdrückt auf dem Weg aus dem Gerichtssaal. Simmons hörte es, und der Anwalt endete beinahe bei seinem Mandanten im Gefängnis.
Daraufhin herrschte Anspannung im Gerichtssaal, als der Gerichtsdiener den Fall von Rafael Rivera aufrief, eines bekannten Gangmitglieds, das auf Grundlage der Zeugenaussage eines verdeckten Drogenermittlers vor einer Gefängnisstrafe wegen Drogenhandels stand. Zusätzlich zu seinen Drogendelikten hatte Rivera zweimal wegen Mordes vor Gericht gestanden, aber Zeugen waren auf mysteriöse Weise verschwunden oder hatten auf wundersame Weise ihre Aussagen widerrufen. Das machte diese Anklage wegen Drogenhandels so wichtig. Wir bekamen ihn vielleicht nicht für Mord dran, aber er würde nach dem »Three Strikes Law« mindestens fünfzehn Jahre absitzen.
Ironischerweise wurde Rivera von einer Anwältin aus Caleb Tates Kanzlei vertreten, einer tatkräftigen jungen Frau, die ein Jahr vor mir ihren Abschluss an der Southeastern Law School gemacht hatte. Doch als Riveras Fall aufgerufen wurde, war die junge Anwältin nirgends zu finden.
»Sie hat angerufen und sich entschuldigt, sie steckt in einer Anhörung in Fulton fest«, teilte der Gerichtsdiener Richterin Simmons mit. »Sie schickt jemanden als Vertretung.«
Simmons sah verärgert aus. »Hat sie auch gesagt, wann diese Vertretung uns mit ihrer Anwesenheit beehren wird?«
»Ungefähr um drei.«
Simmons gefiel das nicht, aber ihr war klar, dass Verteidiger nicht an zwei Orten gleichzeitig sein konnten. Kautionsanhörungen hatten keine hohe Priorität.
Simmons schlug ihren Hammer auf den Tisch. »Die Verhandlung ist bis 15.10 Uhr unterbrochen«, sagte sie.
Um drei betrat ich Simmons' Gerichtssaal wieder und war entsetzt zu sehen, dass der Chef – Caleb Tate – höchstpersönlich am Tisch der Verteidigung saß. »Mischen Sie sich heute unters gemeine Volk?«, fragte ich ihn.
Er stand auf und streckte die Hand aus. »Schön, Sie zu sehen, Frau Anwältin.«
Ich dachte kurz daran, ihm zum Tod seiner Frau zu kondolieren, aber ich brachte diese Scheinheiligkeit nicht fertig. »Sind Sie wegen der Kautionsanhörung
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