Die Staatsanwältin - Thriller
deutlich die Gesichter – Was für ein menschlicher Abschaum ist dieser Kerl eigentlich?
Ich hielt den Atem an und rief Rafael Rivera in den Zeugenstand. Die Beamten hatten ihn nett angezogen und vom County-Gefängnis herübergebracht. Er hob die Hand, schwor, die Wahrheit zu sagen, und warf mirein herablassendes Lächeln zu. Er bezeugte, Caleb Tate im letzten halben Jahr mit Oxycodon und Codein versorgt zu haben. Ich fragte ihn nicht nach dem Morphin. Obwohl Tate und seine Verteidiger nicht im Jurysaal zugelassen waren, würden sie irgendwann ein Verfahrensprotokoll bekommen. Ich wollte unseren Trumpf mit dem Morphin nicht früher als nötig ausspielen.
Trotz seines abstoßenden Verhaltens hielt sich Rivera ans Drehbuch, und ich war nach einer Viertelstunde mit ihm fertig. Zum ersten Mal in zwei Tagen entspannte ich mich. Die Jury würde die Anklage zulassen. Es war auch eigentlich ziemlich schwer, einen Fall zu verlieren, wenn die Gegenseite nicht anwesend sein durfte.
Nachdem ich mit Rivera fertig war, rief ich L. A. zurück in den Zeugenstand, damit er über Caleb Tates Vermögenslage aussagte. Tates Anwaltskanzlei hatte trotz ihres scheinbaren großen Erfolges in Wirklichkeit Probleme mit steigenden Schulden. Sein persönliches Leben finanzierte er mit einer ganzen Reihe von Krediten, und die verschiedenen Banken, die ihm während seiner Glanzzeit Geld geliehen hatten, drehten langsam die Daumenschrauben an. L. A. sagte außerdem über die Millionen-Dollar-Lebensversicherung aus, die Caleb Tate auf seine Frau abgeschlossen hatte – kurz nachdem er vor zwei Jahren von ihrer Affäre erfahren hatte.
»Zwei Jahre erscheinen mir eine lange Wartezeit für jemanden wie Tate«, sagte ich.
»Giftmord ist kein Verbrechen aus Leidenschaft«, dozierte L. A. »Es ist ein hinterlistiges Verbrechen. Es erfordert sorgfältige und geduldige Planung. Ich habe ein paar Schaubilder von Mr Tates Geldfluss und Verbindlichkeiten erstellt. Er wusste wahrscheinlich, dass er es sich leisten konnte, zwei Jahre zu warten, aber nicht viel länger.«
Ich schloss meine Argumentation mit einem kurzen und schnörkellosen Schlussplädoyer ab. Ich konnte erkennen, dass die einzige Frage der Geschworenen war, wie schnell sie die Anklageschrift unterschreiben konnten.
Nachdem sie den Klageantrag einstimmig beschlossen hatten, erinnerte ich sie an die absolute Vertraulichkeit der Verhandlung. Ich dankte ihnen für ihren Einsatz, stopfte ein paar Papiere in die Aktentasche meines Vaters und rief Bill Masterson an, sobald ich im Flur war.
»Holen Sie sich Ihren Haftbefehl und nehmen Sie sich den restlichen Tag frei«, sagte er. Es war kurz nach drei.
»Vielleicht mache ich das tatsächlich.«
Weil die Anklage durch die Grand Jury zugelassen worden war, bekam ich von einem erstinstanzlichen Richter meinen Haftbefehl und traf mich mit L. A. im Flur. »Viel Spaß«, sagte ich, als ich ihm den Haftbefehl reichte. Ich verließ das Gerichtsgebäude allein und ging die breite Betontreppe hinab. Die Sonne schien, und ich roch den frisch gemähten Rasen vor dem Gebäude. Zum ersten Mal seit Monaten hatte ich das Gefühl, voll durchatmen zu können, als sei eine Last von meiner Brust genommen worden. Ich wusste, mein Vater wäre stolz auf mich gewesen.
Ich hätte Bill Mastersons Rat folgen und mir den restlichen Tag freinehmen sollen. Stattdessen stieg ich in mein Auto und fuhr zurück ins Büro.
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33
Mace James hatte eine Schwäche für Underdogs. Das hatte ihn ins Gefängnis gebracht und auch wieder heraus. Das war, was er in der kostenlosen Rechtsberatung auslebte, seit er Anwalt geworden war. Die meisten seiner Mandanten waren schuldig, aber irgendwer musste die Gnade verteidigen. Und wenn die Möglichkeit bestand, dass sie unschuldig waren, stand noch mehr auf dem Spiel.
Caleb Tate hatte einen Lügendetektortest bestanden. Das musste doch etwas zählen. Nachdem, was Mace über die Faktenlage wusste, konnte er nicht ausschließen, dass Caleb nur ein unschuldiges Opfer eines übereilten Urteils der Staatsanwaltschaft war. Er rief Tate am Montag um fünf Uhr nachmittags an. »Ich bin dabei«, sagte er.
Den Dienstagmorgen verbrachte er damit, diese drei Worte zu bereuen, aber er brachte es nicht über sich, den Hörer in die Hand zu nehmen und Caleb noch einmal anzurufen, um wieder abzusagen. Der Kerl brauchte Hilfe. Er war nicht der sympathischste Mandant, aber das hieß nicht, dass er ein Mörder war. Und Mace war
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