Die Staatsanwältin - Thriller
ihn einfach allein in den umzäunten Garten. Das morgendliche Training ließ ich ausfallen. Ich blieb wach bis nachts um zwei oder drei, trank Kaffee und bereitete meinen Fall vor.
In den unpassendsten Momenten brach ich zusammen und weinte, wenn mein Verlust mir das Herz zerriss. Ich konnte diese Momente nicht planen; sie schlichen sich immer an – unerwartet, ausgelöst von irgendeiner Kleinigkeit, die mich an meinen Dad erinnerte.
Am Freitagabend zog ein Gewitter auf. Der Wind heulte und bog die großen Kiefern im Garten hin und her. Als kleines Mädchen hatte ich immer Angst gehabt, die Bäume könnten abbrechen und auf unser Haus fallen, aber mein Vater hatte eine Lehrstunde daraus gemacht: »Diese Bäume wissen, wie sie sich mit dem Wind biegen müssen, Jamie. Du musst dir keine Sorgen um sie machen. Eichen wissen nicht, wie man sich biegt – ihretwegen solltest du dir Sorgen machen.«
Jetzt tanzten die Kiefern im Sturm und warfen lange Schatten durch die Panoramafenster ins Wohnzimmer. Ich konnte im Heulen des Windes beinahe die Stimme meines Vaters hören.
Am Tag der Anhörung fuhr ich mit dem Chrysler meines Vaters zum Gericht. Niemand hatte den Wagen gefahren, seit mein Dad gestorben war, aber ich fand, es war eine gute Art, ihn zu ehren. Ich hatte auch seine abgenutzte braune Aktentasche dabei. Er hatte das Ding in den letzten fünfzehn Jahren herumgetragen, und das Leder an den Griffen war von schwitzenden Händen dunkelbraun verfärbt. Auf dem Boden der Tasche lag noch Zeug herum – eingerollte gelbe Klebezettel, ein paar leere Batterien, ein alter Textmarker, Tabletten, die aus einer Packung gefallen waren. Wer weiß, wie lange dieses Gerümpel dort schon lag?
Ich nahm die Aktentasche mit in den Jurysaal und gelobte mir feierlich, sie auf jedem Schritt in Caleb Tates Prozess bei mir zu haben.
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31
An der Southeastern Law School ging Professor Mace James vorne im Hörsaal auf und ab und dozierte eloquent über das Argument der Unverhältnismäßigkeit in der Debatte um die Todesstrafe. Einer der anderen Juraprofessoren der Universität bot James dieses Forum ein paar Mal pro Sommersemester in einer Verfassungsrecht-Vorlesung im zweiten Studienjahr. Mace leitete normalerweise nur Arbeitsgruppen und bekam nicht oft die Möglichkeit, seine Ansichten vor so einer großen Gruppe von Studenten auszusprechen, deshalb ergriff er die Gelegenheit immer sehr gerne. Sein Freund an der Fakultät hatte dafür gern ab und zu den Vormittag frei.
Mace gab sich provokant, erzählte Geschichten von unschuldigen Todeskandidaten, die durch DNA-Tests entlastet worden waren, und argumentierte, dass die Todesstrafe überproportional oft männliche Schwarze mit geringem Einkommen traf.
»Bei einer Hinrichtung wird die gleiche Tötungsmethode verwendet wie beim Einschläfern eines Familienhunds, wenn Bello alt wird oder zu viele Nachbarn beißt«, sagte er. »Wie viele von Ihnen haben tatsächlich einmal einer Hinrichtung beigewohnt?«
Keiner hob die Hand.
»Dann lassen Sie es mich Ihnen beschreiben.«
Während er das tat, ging die hintere Tür des Hörsaals auf, und Caleb Tate glitt auf einen der Sitze. Mace warf ihm einen überraschten Blick zu, sprach aber weiter.
Als er fertig war, debattierte Mace noch eine Weile mit ein paar von den konservativen Studenten, bevor er Schluss machte. Eine Reihe von Studenten kam für eine kleine Nachdiskussion nach vorn, doch Mace wies sie ab und entschuldigte sich.
Er stieg die Stufen des Auditoriums hinauf und begrüßte Caleb. Die beiden Männer hätten nicht unterschiedlicher sein können. Tate trug einen seiner feinen anthrazitfarbenen Anzüge und ein weißes Hemd mit Monogramm. Er war makellos frisiert.
Mace trug seine Lieblingsjeans mit einem Loch am Knie, das jedes Mal größer wurde, wenn er sie wusch. Da es April war, hatte er die Flip-Flops an, die er den ganzen Sommer tragen würde. Er sagte den Leuten immer, er habe sich im Gefängnis an sie gewöhnt und könne diese Angewohnheit nicht aufgeben. Eine umgedrehte Baseballmütze bedeckte seinen kahlen Schädel.
Tate sah sich im Hörsaal um; wahrscheinlich schaute er sich die Studentinnen an. »Wie komme ich auch an so einen Job?«
»Lassen Sie sich für ein Kapitalverbrechen verurteilen und werden Sie ein Musterbeispiel für erfolgreiche Rehabilitation. Dann werden die Liberalen Sie lieben.«
Sobald die Worte heraus waren, dachte Mace an Rikki Tates Tod. Caleb schätzte Witzelei dieser
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