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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Stunden. Die ersten Stunden nach einem Mord waren entscheidend: die richtigen Weichen stellen, bloß nichts übersehen und vor allem ein Gespür entwickeln.
    „Sie sind wie ich, Sie haben eine hoch entwickelte Intuition“, hatte ihr früherer Chef sie auf seiner Abschiedsfeier gelobt. In letzter Zeit zweifelte sie manchmal, ob es mit ihrer Intuition wirklich so weit her war. So viel stand jedenfalls fest: Was das männliche Geschlecht betraf, war das Gegenteil der Fall.

3
H ANNOVER
    Der Parkplatz des LKA war wieder einmal brechend voll. Verena parkte ein anderes Auto zu und legte die Parkkarte mit ihrer Telefonnummer gut sichtbar auf die Ablage. An der Fahrstuhltür das obligate „Außer Betrieb“-Schild. Stolli verzog sich grummelnd in Richtung Kantine. Vier Treppen mit achtzig Stufen lagen vor ihr, gut für ihre Figur und für ihre in letzter Zeit bedenklich nachlassende Kondition. Oben angekommen schnappte sie nach Luft. Mehr Sport war dringend angesagt. Kaum hatte sie, noch immer außer Atem, ihr Büro betreten, stürmte Petra Schramm herein. Die Kriminalinspektorin zur Anstellung war vor drei Wochen in Verenas Dezernat für Sonderermittlungen versetzt worden. Der erste Mordfall sorgte für Aufregung.
    Seitdem die junge Kollegin zu Verenas Team gehörte, tummelten sich auffällig viele männliche Kollegen in den Büroräumen ihres Dezernats. Ihrer neuen Assistentin, die großen Wert auf ihr Äußeres legte, gefiel das. Ein Grund mochte sein, dass ihre Verehrer ausnahmslos im Dienstrang höher gestellt waren. Verena fand das ständige Kommen und Gehen weniger lustig. Man musste ihrer neuen Mitarbeiterin zugutehalten, dass sie wissbegierig und eifrig war. Sie bot Verena gleich am ersten Tag an, sie zu duzen. Die beiden Frauen trennten fast zwanzig Jahre.
    Jetzt sprudelte es aus ihrer Assistentin heraus.
    „Das Vorzimmer des Direktors hat schon zweimal nach Ihnen gefragt, Chefin. Herr Ritter will Sie umgehend sprechen. Nach Stollmann hat er auch fragen lassen. Irgendeine Sache mit Europol.“
    „Herr Stollmann ist in der Kantine. Lauf runter und sag ihm Bescheid. Sein Handy wird ausgeschaltet sein, er wollte frühstücken.“
    „Und ich soll das tun?“ Der hübsche Schmollmund beeindruckte Verena nicht.
    „Siehst du noch jemanden im Raum?“
    Statt einer Antwort drehte Frau Schramm sich auf dem Absatz um und stürzte davon. Allein gelassen griff Verena nach ihrer Handtasche. Der neue Direktor war ein gut aussehender Mann. Nicht besonders groß, aber stattlich, volles Haar und stahlblaue Augen. Mit seinem zurückhaltenden, bestimmten Auftreten strahlte er Autorität aus, ohne überheblich zu wirken. Sie hatte sich auf Anhieb zu ihm hingezogen gefühlt.
    Der Blick in den Taschenspiegel bereitete ihr alles andere als Vergnügen: Die Falten um den Mund herum hatten seit gestern Abend an Schärfe gewonnen, ihre grünen Augen, ihr größtes optisches Plus, wirkten heute mausgrau. Der rote Lippenstift sorgt für Farbe. Vermutlich war ohnehin alles für die Katz. Ein attraktiver Mann wie Jürgen Ritter konnte ganz andere Frauen haben. Jüngere und hübschere. Frauen, die nicht in die Kategorie „entsorgte Lebenspartnerin“ gehörten.
    Das Lächeln, mit dem der Direktor sie begrüßte, sorgte für vorübergehendes Herzrasen bei Verena. Es kursierten viele Gerüchte über ihn. Eines lautete, dass er beim Hamburger Innensenator in Ungnade gefallen und gezwungen worden sei, die Hansestadt mit Weltstadtflair gegen die von den Hanseaten als miefige Provinzhauptstadt belächelte Landeshauptstadt einzutauschen. Ein anderes besagte, dass er aus privaten Gründen in die Provinz geflüchtet sei. Seine Frau war kürzlich verstorben.
    Sie glaubte seine Augen bei ihrem Anblick kurz aufblitzen zu sehen. Vielleicht war es nur Einbildung, vielleicht auch mehr. Sollte ihr Interesse auf Gegenseitigkeit beruhen? Nichts wünschte sie sich mehr.
    Er bot ihr mit einer einladenden Geste Platz an. Dann wollte er ihre ersten Eindrücke vom Tatort hören. Viel hatte sie nicht zu berichten. Dass es eine Soko geben und sie die Leiterin sein würde, war bereits entschieden.
    Er reichte ihr eine Liste mit zwanzig Namen. „Neben Ihnen und Stollmann soll Kriminaldirektor Hirschmann als Führungskraft der Soko Heise angehören. Der Innenminister höchstpersönlich hat darauf bestanden. Er schließt nicht aus, dass der Mord auf das Konto politischer Terroristen geht. Die Regierung wurde in letzter Zeit von radikalen Tierschützern bedroht. Auch

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