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Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Titel: Die Stachelbeerstraeucher von Saigon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Zimmerschied
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afanga!
    Wer klatscht, braucht Fett.
    Und wir bedienen durch, der soi lauter redn, der Kaschperl.
    Der Oberlandler braucht sei Bier zur Kultur,
    damit er wenigstens zum Soacha geh kann,
    wenn er nix kapiert.
    Der Allerwichtigste kommt allerdings meistens etwas zu spät.
    Erstens war das in seinem Leben immer so, aber zweitens: Er hat einen Mythos daraus gemacht. Er setzt sich meistens in die erste Reihe. Erstens, weil das in seinem Leben nie so war, und so sollen zweitens alle, die hinter ihm sitzen, spüren, dass sein Hinterkopf das Letzte ist, was sie sehen, das Letzte vor der großen Welt.
    Oft sucht er sich auch einen Platz am Rand.
    Erstens, weil er sich in seinem wirklichen Leben dort nie hingetraut hat, und zweitens: Dort sind die Notausgänge.
    Dann holt er Papier aus seiner Tasche und beginnt, weithin sichtbar zu schreiben.
    Erstens, weil es sonst nicht auffallen würde, und zweitens, weil er muss.
    Denn er ist Kritiker.
    Und Feuilleton, das ist ein Nebenzweig der Psychotherapie.
    Er geht im Applaus.
    Denn zweitens war das nie so in seinem Leben, und erstens:
    Er ist unbestechlich.

Ihobs tut sich leid und säuft mit Gott
    Einmal ist es Ihobs passiert, dass er nach dem Veranstaltungsende in seiner Garderobe nicht schnell genug war mit dem kurzen Durchatmen, dem Duschen und dem Abtrocknen.
    Als er aus dem Wohnwagenverhau, der als Garderobe diente, sich in den Veranstaltungsraum zurückpresste, war dieser verlassen und dunkel.
    Das Fluchtverhalten der Angestellten war seinem offenbar überlegen gewesen.
    Sie hatten den Kleinkünstler einfach vergessen.
    Nicht so die Ausgänge.
    Die waren abgesperrt.
    Telefonisch war niemand zu erreichen.
    So richtete er sich ein.
    Auf eine Nacht in der Garderobe.
    Immer wieder trieb es ihn zum Fenster, welches groß genug war, um ihm zu zeigen, dass draußen durchaus noch eine Welt war, aber zu klein, um sich dorthin durchzuzwängen.
    Es war die Zeit, als Ihobs nie ohne eigenen Weinvorrat reiste, weil das Angebot in den Kleinkunstbühnen selbst dem der Bahnhofskioske unterlegen war.
    Er lauschte grimmig dem wieder stärker einsetzenden Regen, zog die Hose aus und reckte sein Hinterteil in Richtung Fenster.
    Eigentlich reckte er es weit darüber hinaus, bis hinter das Firmament, wo er den Urheber seines Leidens vermutete.
    Woaßt, wos du mi kannst mit deim lächerlichen Wetter!?
    Do, verkost amoi!
    Schmeckt nach Sakristei.
    Er stopfte seine Hose in die Schwitzwäscheplastiktüte und machte sich daraus ein Kissen.
    Sitzt bequem auf deim Woiknkanapee,
    an Pichlerriesling im Hirn,
    und schaust mir zua?
    Guad, saufma.
    Do san mir Fachleid.
    Wie ein Zauberer holte er eine Flasche Wein, zwei Akkus, ein edles Glas und einen Designkorkenzieher aus seiner Reisetasche.
    Langzeitkühler!
    Riedelglas!
    Screwpullkorkenzieher und einen 90er Singerriedel vom Hirtzberger!
    Kennst ned.
    Des deng i mir.
    Du saufst wahrscheinlich eh de Doppler ausm Senfglasl.
    So windig, wias in deina Welt ausschaugt.
    Bist eh meistens bsuffa!?
    Glühst vor di hi mit deim roten Schädel.
    Desweng die ganzn Klimakatastrophen.
    Deswegen schmelzn bei uns die Eisberg, weil du dir do obn den Edelzwicker eineschüttst.
    Oiso, Allmächtiger.
    Schwoamas owe!
    Aufn Rausch und dass se nix ändert.
    Von der Wut zur Glut.
    Alte Kabarettistenweisheit.
    Dann begann Ihobs, sich in seine blumigen Weinbeschreibungen einzuwiegen wie in ein Schlaflied.
    Achselschweißtöne wie von der Jungfrau Maria stellte er fest, stoffige, noch etwas verschlossene Aromen, wie er sie von Baumwollhöschen siebzehnjähriger Klosterschülerinnen kenne.
    Ja, so rief er Gott zu, natürlich wisse er, dass Maria nur Seide trage, aber woher er das wisse, frage er sich.
    Er dürfe ja nicht einmal hinschauen bei seinen himmlischen Statutenverlesungen.
    Do host da an Scheiß eibrockt mit deine Zehn Gebote, du oida Zipfebremser du!
    Dann allerdings verfiel Ihobs wieder der für ihn typischen leicht weinerlichen Verbrüderungsidee. Eigentlich wären sie ja Leidensgenossen, es ginge ihm genauso wie dem Allmächtigen. Wenn er so auf der Bühne stehe und gegen den Sozialabbau zu Felde ziehe, gegen Rüstungswahnsinn und Managerboni, dann rede und rede er und höre sich schon gar nicht mehr zu.
    Denn seine Augen gingen spazieren in den Gesichtern, passten nicht auf,
    fielen in Dekolletés, verlören sich auf fleischigen Lippen und lachenden Mündern.
    Und auch er predigte weiter, denn sie seien ja die Heilskünder, die Unberührbaren.
    Aber sie hätten ja ihren

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